9. Kapitel- Das neue Leben

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Leise fiel die Tür hinter mir ins Schloss, während ich bereits den schmalen Flur entlang schritt, in Gedanken das Rezept durchgehend, welches ich gleich vorhatte anzuwenden. In meiner kräftigen, rauen Hand hielt ich den dunklen Beutel, dessen Inhalt ich gleich für die Zubereitung meines Abendessens verwenden würde. Konzentriert auf die Reihenfolge der Anweisungen, taumelte ich etwas schwermütig durch meine Wohnung, an den beiden Fenstern des Wohnbereiches vorbei, bis hin in die Küche. Nur aus dem Augenwinkel sah ich, wie das Abendrot sich langsam verdunkelte und die Sonne allmählich unter den Hausdächern der Stadt verschwand. Bald schon würde sich die Dämmerung durch die Straßen und Gassen ziehen, wie ein Schleier würde sie sich über alles legen, was unser Auge bis eben noch im warmen Schein der Sonne erblickt hatte. Dann dauerte es auch nicht mehr lang, bis letztlich die finstere Nacht Einzug hielt.
Stumm stellte ich den Beutel auf einen kleinen Esstisch, in der Ecke der Küche, ab. Dieser war rund, sowie hölzern und drei zierliche Stühlchen umstellten ihn. Ob Jan hier oft Freunde oder Familie empfangen hatte? Vielleicht die Personen, die ihn aufgezogen hatten? Oder Menschen, die ihm einfach wichtig waren? Weshalb hatten wir nicht an diesem Tisch gefrühstückt, wo er doch schon hier stand? Achselzuckend wandte ich mich ab, betätigte den Lichtschalter des Zimmers, welcher daraufhin von dem schwachen, doch warmen Schein einer alten Glühbirne erhellt war. Selbst wenn, was war so tragisch daran, nicht an diesem Platz gespeist zu haben? Wichtig war doch nur, überhaupt zu speisen und wenn es dann noch mit ihm war, wenn es mit Jan war, dann konnte ich mir nichts Schöneres mehr wünschen. Dies war bereits alles, was ich brauchte und mehr, als ich mir je zu träumen gewagt hatte. Dass es jemanden geben konnte, der mir gutes wollte, hatte ich damals in meinem Kellerzimmer nie für möglich gehalten. Es war wie ein Traum, dass es nun Realität geworden war. Dafür musste ich ihm etwas zurück geben, ich musste Jan zeigen, wie dankbar ich war. Er war mein Held, in jeglicher Hinsicht und das, obwohl wir kaum etwas voneinander wussten, doch, vielleicht war es gerade das, was ich an ihm so wertschätzte. Er hinterfragte nicht, bedrängte nicht, war einfach da und versuchte eine schöne Zeit zu haben, ohne auch nur eine Forderung zu stellen oder einen Hintergedanken zu verfolgen.
Ich kramte in den Schränken nach einem passenden Topf. „Nudeln zu kochen ist einfach. Die Soße ist nur etwas knifflig, aber die zeige ich dir auch irgendwann einmal. Jetzt verwenden wir erst einmal nur Ketchup, das schmeckt auch gut.", wiederholte ich die Worte meines Vermieters, die ich mir immer wieder vor Augen führte, um sie ja nicht zu vergessen. Die Nudeln mussten in einen Topf voll Wasser gelegt werden, in den auch Salz kam. Schließlich stellte man den gefüllten Topf auf eine angeschaltete Herdplatte, wo man das Ganze dann für einige Minuten verharren ließ. So die Erklärung meines kleinen Fuchses.
Als ich dann endlich einen passenden Topf im Wirrwarr der Schränke und Regale gefunden hatte, begann ich auch sofort, diesem Plan nachzugehen. Ich füllte das Wasser ein, versenkte die Spagetti darin, schüttete etwas Salz dazu und stellte das ganze auf den Herd. Soweit so gut. Etwas außer Puste wischte ich mir über die Stirn, stützte mich mit den Händen neben der Platte ab und sah zu meinem Töpfchen hinab. Nun musste ich die Nudeln nur noch zum Kochen bringen, doch hatte ich noch nie mit einem Ofen oder Herd gearbeitet, weshalb es mir dementsprechend schwer fiel zu begreifen, wie genau ich jetzt weiter vorgehen sollte. Da waren so viele Knöpfe, welche sich drehen ließen. Einige waren von Zahlen umrandet, andere von winzigen Symbolen, die ich nicht einmal kannte. Es verwirrte mich und kurz dachte ich darüber nach, das ganze nicht einfach bleiben zu lassen. Mein Magen war ohnehin daran gewöhnt, nicht allzu viel Nahrung zu bekommen. Außerdem hatte ich an diesem Tag ja bereits die Ehre gehabt, Frühstück essen zu dürfen. Daher war dies hier nicht zwingend nötig, doch ich zögerte, hielt Inne. Konnte ich Jan wirklich derart enttäuschen? Wollte ich ihm nicht zeigen, wie ernst mir das hier war, dieses neue Leben? Nein, ich konnte jetzt nicht einfach aufgeben! Ich war doch schon so weit gekommen, ja, hatte sogar das Salz in dieser völlig chaotischen Küche gefunden! Da würde ich die Einstellung des Herdes doch wohl auch noch gebacken bekommen! Grübelnd betrachtete ich abwechselnd die Knöpfe und die Herdplatten vor mir. Es dauerte eine Weile, bis ich den Zusammenhang dazwischen durchschaute, doch als es dann soweit war, grinste ich breit auf. Ich betätigte den, so wie ich hoffte, richtigen Knopf und wartete kurz ab, bis die Platte rot aufleuchtete. Den Topf an der Seite abgestellt, beobachtete ich das Geschehen vor mir. Woher wusste ich denn, wann die Zeit des Kochens gekommen war? Oder stellte bereits das rötliche Licht dieses Zeichen dar? Seufzend strich ich mir eine verrutschte Haarsträhne aus dem Gesicht. Irgendwie hatte das in der Erklärung von Jan viel leichter geklungen. Unsicher blickte ich mich um, fand jedoch nichts, was mir hätte nützlich sein können. Das konnte doch nicht wahr sein! Nur wegen so ein paar Knöpfen. Grummelig zog ich die Ärmel meines weißen Hemdes zurück, krempelte sie hoch. So konnte das doch nicht weiter gehen! Wenn ich zu ungebildet war, einen Herd gescheit zu bedienen, dann musste ich eben anders an mein Ziel kommen! Ich hielt die flache Hand einige Zentimeter über die Platte, wollte testen, ob sie schon heiß war. Als ich die Hitze auf meiner Haut spürte, lächelte ich zufrieden auf. Bereit zum Kochen! Siegessicher wollte ich mein raues Händchen also wieder aus der Gefahrenzone entfernen, da ertönte auf einmal diese Stimme. „Ethan!", schrie sie derart laut und aus dem Nichts, dass ich mich fürchterlich erschreckte, zusammen zuckte und wie aus Reflex auf die heiße Platte schlug. Der Schmerz durchfuhr meinen Körper und ich kreischte auf, sprang sofort einen Satz zurück. „Scheiße!", brüllte ich und stürmte zum Wasserhahn. Ich riss den silbernen Hahn in die Höhe und das eiskalte Wasser spritze blitzschnell über meine verbrannte Haut. Keuchend blickte ich sie an und musste zu meinem Glück erkennen, dass die Innenseite meiner Hand nicht sonderlich schwer beschädigt war. Die Platte war noch nicht allzu heiß gewesen und hatte bei der kürze der Zeit, in welcher ich den Herd berührte, keine schwerwiegenden Verletzungen hinterlassen. Wenigstens etwas. Der Schreck saß mir hingegen noch schwer in den Knochen. Ich rang nach Luft, senkte meinen Kopf und trank einen kräftigen Schluck kaltes Wassers aus der Leitung. Langsam kühlten sich meine Sinne ab und mir war wieder klar vor Augen. „Ethan!", ertönte die Stimme da erneut, doch dieses Mal etwas leiser, sanfter und ich schluckte schwer. „Du hast mich fast zu Tode erschreckt!", grummelte ich etwas genervt, versuchte jedoch nicht allzu unfreundlich zu klingen. Immerhin war es meine geliebte Schwester, die in diesem Moment zu mir sprach. Sie hatte einen guten, höflichen Umgangston verdient! Ich hätte einfach mehr Acht geben sollen, meine Hand nicht so unbedarft über die Hitze halten sollen. Es war allein meine Schuld, sie hatte damit nichts zu tun! Ich stellte den Wasserhahn ab, blickte mich um. Sie war wieder bei mir, meine Schwester! Was könnte es schöneres geben, doch dann sprach sie diese Worte. Diese völlig unbedacht aneinander gereihten Worte, die mir einen eisigen Schauer über den Rücken jagten und die mir vor Angst den Atem raubten...
„Ich habe einen Auftrag für dich. Du sollst jemanden für mich töten."

Höllenkrieger- Legt die Waffen nieder!  || Boyslove! Yaoi!♡~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt