Wieso wusste sie es? Warum tat ich es nicht? War ich denn nicht wichtig genug? Hatte ich nicht das Recht, zu erfahren wo mein Freund sich befand? Dies fragte ich mich, als ich neben der fremden Frau Platz nahm, während sie noch eine schwarze Reisetasche, welche sie zuvor wohl mit aus Jans Wohnung genommen hatte, in den Kofferraum ihres kleinen Autos schmiss. Wut brodelte in mir und noch immer hatte sich der Dolch in meinem Bauch nicht gelöst und dennoch, nun mischte sich auch noch ein anderes Gefühl unter dieses Chaos. Sorge. Alles in mir fragte sich, was geschehen war. Wieso lag Jan im Krankenhaus? Wie konnte das denn passieren? Bei unserer letzten Begegnung schien er doch ganz gesund. Oder war er etwa schwer krank und ich hatte ich es einfach nicht bemerkt? Das hätte mich wohl zum schlechtesten Freund überhaupt gemacht. Zu denken, dass es ihm stets gut ginge und er den Tag genieße, wobei er insgeheim an Qualen litt. Oh Gott, ich betete dafür, dass dem nicht so sei! Ich hielt den Gedanken, dass es meinem Füchslein schlecht ging, einfach nicht aus. Es konnte doch nicht wahr sein! Stumm lehnte ich meine Stirn gegen die Fensterscheibe des Autos. Diese Frau, vielleicht belog sie mich ja nur? Was, wenn Jan gar nicht in der Klinik, sondern daheim war und diese Person neben mir nur ihre Spielchen mit mir führte? Woher wollte sie Jan überhaupt kennen?! „Sagen Sie mal, wie ist denn überhaupt Ihr Name? Und kennen Sie Jan auch von der Uni?“, ergriff diese Frau da plötzlich das Wort, fast so als hätte sie meine Gedanken quasi aus meinem Kopf heraus schreien hören, welche bei dieser angespannten Stimmung wohl auch nicht so schwer zu erraten waren. Am liebsten wäre ich gar nicht erst in dieses Fahrzeug gestiegen! Doch was sollte ich tun? Ich musste doch zu Jan! Und nur diese Person konnte ich schnellstens zu ihm führen, allerdings nur, falls man ihrer Worten Glauben schenken durfte. Doch, weshalb hätte sie lügen sollen? Was gab es für einen Grund? Und so musterte ich sie streng, wobei mir auffiel, dass sie, anders als Alex, nicht wie ein hinterlistiger Mensch wirkte. Im Gegenteil, sie schien recht vertrauenswürdig und allgemein machte sie auf mich einen sehr direkten, offenen Eindruck. Nicht die geringste Spur von Gerissenheit, nichts. Hätte ich sie unter anderen Umständen kennen gelernt, würde ich sie sicherlich sogar mögen, doch gerade in diesem Augenblick dachte ich gar nicht erst daran, sie auch nur als neutral anzusehen. Ich war ihr gegenüber schlichtweg aggressiv gestimmt und so entgegnete ich recht trocken: „Ethan. Und nein, er ist mein Vermieter.“ Die Fahrerin entgegen war ja ganz aus dem Häuschen! „Ach, er hat wohl endlich einen gefunden?! Das freut mich aber!“, pfiff sie fröhlich und ich wandte mich grimmig ab. Ne, er hat keinen gefunden, weißt du?! Ich denk mir das aus, klar! Grummelig senkte ich den Kopf. Wieso machte mich diese Frau nur so wütend? Sie schien an sich doch wirklich lieb zu sein, doch etwas tief in mir verabscheute sie derart heftig, dass ich mich einfach nicht dagegen wehren konnte. Vielleicht war es, weil sie mir so unglaublich liebenswert und höflich entgegen trat, womit sie wohl eine bessere Bezugsperson für Jan war, als ich. Dies würde auch erklären, weshalb er sich nur ihr anvertraut hatte und ich von all dem nichts erfuhr. „Ich bin übrigens Peggy! Bin auf derselben Uni wie Jan, nur in einem anderen Fachbereich!“, erklärte die Kleine neben mir fröhlich, während ich noch immer völlig deprimiert auf meinem Platz kauerte. „Was mag nur passiert sein?“, dachte ich in diesem Moment laut, ohne überhaupt auch nur minimal darauf zu achten. Doch auch das war doch völlig irrelevant. Sicherlich hatte Jan schon seine Gründe, weshalb ich davon nicht hatte wissen sollen. Vielleicht wollte er mich tatsächlich einfach nicht mehr sehen. „Es heißt, er wurde angegriffen und auf brutalste Art zusammen geschlagen.“ Ich meinte, natürlich war es klar, bei dem was ich mir geleistet hatte.. Moment, was?! Augenblicklich ließ ich mir die soeben genannten Worte noch einmal durch den Kopf gehen und meine Augen weiteten sich. Geschockt hob ich den Kopf, drehte mich zu meiner Fahrerin. Es war fast, als hätte ich soeben vom Untergang der Welt erfahren, doch dem war ja quasi auch so. Fassungslos blickte ich das zierliche Geschöpf von Mädchen an, die leise seufzte. Das konnte doch nicht ihr ernst sein?! Das konnte unmöglich stimmen!! „Noch hat er sich nicht zu geäußert. Er gibt allgemein keinen Ton von sich, doch die Ärzte sagen, seine Verletzungen sprechen für sich. Dabei kann er von Glück reden! Die Schläge und wohl auch Tritte, die er hat einstecken müssen scheinen keine inneren Organe getroffen zu haben, weshalb er auch nicht Notoperiert werden musste. Das ist ein kleines Wunder, denn normalerweise ist die Wahrscheinlichkeit, dass man nur mit einfachen Prellungen und Knochenbrüche davon kommt, derart gering. Er musste nicht einmal ins künstliche Koma oder ähnliches gelegt werden. Trotzdem sieht er echt heftig zugerichtet aus. Wirklich schlimm.“, laberte Peggy da plötzlich los und hörte schon beinah gar nicht mehr auf, beinah so, wie ein immer weiter fließender Wasserfall. Und dennoch, das, was sie da von sich gab, war so grausam, dass es mir eiskalt den Rücken hinab lief. Gestern Abend sollte das also passiert sein? Doch da hatten wir ja den Streit, nachdem er weinend davon lief. Ich traute es mich beinah nicht zu denken, doch es war wohl Tatsache, dass der Angriff auf seinem gestrigen Weg von meiner zu seiner Wohnung stattgefunden haben musste. Schwer schluckte ich. Wieso hatte ich ihn allein gehen lassen? Warum war ich ihm nicht einfach hinterher gerannt? Es war meine Schuld. Stumm sah ich hinaus auf die dunkle Straße. Er hatte also 'Glück' gehabt? Nein, so konnte man das Weißgott nicht nennen! Nicht so! Aber wer, wer tat einem unschuldigen, wehrlosen Jungen wie Jan so etwas grausamen an? Was hatte er denn getan?! Womit verdiente er diesen Hass, diese Qual?! Wie rechtfertigte der Täter, wer auch immer dieses Schwein war, seine unmenschliche Tat?! Wie kam er darauf, meinen kleinen Fuchs zu schlagen, zu treten, zu verletzten?! Scharf biss ich mir auf die Unterlippe.
Ich würde diesen Abschaum finden und wenn ich ihn erst einmal hatte, so viel schwor ich mir in diesem Augenblick, würde dieser Unmensch sich wünschen, nie geboren wurden zu sein! Vor Angst würde er sich krümmen und bereuen, Jan auch nur falsch angesehen zu haben! Und niemals, niemals wieder würde er meinem Freund auch nur ein einziges Haar krümmen, dafür würde ich sorgen!
Ich spürte das warme Licht der Straßenlaternen über meine Wangen gleiten, als ganz still und heimlich eine glänzende Träne nach der nächsten aus meinen Augen trat und sich den Gang der Lichter, hinab an meiner Haut, zu teilen begann. Wie konnte man ihm das nur antun? Ich konnte es kaum fassen, Jan. Ich musste zu Jan.. Ich musste ihn doch umsorgen. Nicht schon wieder durfte ich jemanden verlieren, doch war ich anscheinend unfähig auch nur auf einen einzigen Menschen Acht zu geben. Schon damals, in meinem Elternhaus, hatte ich meine geliebte Schwester nicht beschützen können. Sie war einfach gestorben, vor meinen Augen und ich? Ich war nicht im Stande dazu, es zu verhindern. Dabei war ich doch ihr Bruder, ihr Beschützer. Und auch jetzt, ich hatte Jan nicht vor dieser grausamen Tat schützen können, hatte nichts tun können. Wieso? Warum war ich einfach nicht in der Lage dazu, diejenigen zu retten, die ich liebte? Weshalb nur konnte ich sie nicht vor dem Unheil bewahren? Wie konnte man nur so unfähig sein wie ich?!
Starke Vorwürfe schwappten immer weiter in mir hoch, sodass die sachten Tränen, die meine Augen bereits jetzt röteten, gar nicht mehr aufzuhören schienen. Immer fortlaufend rannten sie meine Wange hinab, in der Hoffnung nicht entdeckt zu werden, bis sie an meinem Kinn ankamen und von dort leise auf meine Handrücken hinab tropften.
Dabei musste ich mich schleunigst beruhigen. Es nützte doch auch nichts mehr, jetzt zu weinen. Das machte den Vorfall nicht ungeschehen. Im Gegenteil, es verschlimmerte die Situation nur noch weiter. Ich musste jetzt stark sein, musste wenigstens versuchen meinem Freund Halt zu geben, wenn ich ihn bald zu Gesicht bekam, selbst wenn er mich vielleicht nicht sehen wollte. Mehr konnte ich nicht für ihn tun. Ich konnte nur da sein, seine Hand halten, für alles andere schien ich einfach nicht mächtig genug. So sehr ich mich dafür hasste, es änderte nichts. Ich war nicht dort gewesen, an diesem Abend, hatte ihn nicht gerettet. Dabei war er es doch, der mich bereits so oft gerettet hatte, so viele Male. Und dennoch konnte ich es ihm nicht gleichtun. Wie erbärmlich war das denn bitte? Furchtbar.
Trotzdem, weinen verbesserte diese Tatsache nicht, also versuchte ich meine Gefühle so gut es eben ging, wieder in den Zaun zu bekommen und mich zu beruhigen, bevor am Ende noch meine Sitznachbarin etwas von meinen Psychosen mitbekam und mich unnötigerweise ausfragen würde. Das konnte ich nämlich momentan so gar nicht gebrauchen. Und so schaffte ich es tatsächlich mit aller Kraft, meine Tränen zu unterbinden, als wir bereits langsam auf den Parkplatz des Krankenhauses auffuhren. In diesem Gebäude lag er also, Jan. Allmählich stieg Nervosität in mir auf und vervollständigte somit das Gefühlschaos, was sich schon längst in mir ausgebreitet hatte. Auch mein Puls schnellte in die Höhe, während mein Herz zu rasen begann. Was Jan wohl sagen würde, wenn ich plötzlich vor ihm stand? Ob er mich einfach wieder wegschickten mochte? Nun, er würde sich wohl gleich zeigen, denn bereits in diesem Augenblick stiegen wir aus Peggys Auto und sie schnappte sich die Tasche aus dem Kofferraum. Schweren Herzens sah ich hinauf zu dem gigantischen Bauwerk des Klinikums. Ich fürchtete mich sehr, doch die Sehnsucht und auch Sorge über meinen Freund überwog, auch wenn ich mir wohl niemals verzeihen würde, ihn nicht hatte beschützen zu können. Dennoch, ich wollte ihn einfach sehen. Ich brauchte ihn doch und selbst wenn ich ihn wohl furchtbar enttäuscht hatte und auch wenn ich ein Nichtsnutz war, ich wollte, dass er mir verzieh, wollte ihn einfach im Arm halten. Er war doch mein Sonnenschein und ohne ihn konnte ich einfach nicht mehr sein.
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Höllenkrieger- Legt die Waffen nieder! || Boyslove! Yaoi!♡~
Science FictionSeit Jahrzehnten regiert die höhst grausame Sekte "Blauer Kolibri" die Ländereien des Nordens. Die Mitglieder leben in Angst vor der zunehmenden Gewalt innerhalb der Organisation und vor allem die sogenannten "Höllenkinder" oder auch "Höllenkrieger"...