18. Kapitel- Zeichen der Hölle

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Noch immer prasselte der Regen auf die Stadt als würde es kein Morgen geben. Mittlerweile versteckten sich tatsächlich die meisten Menschen in ihren Häusern oder stellten sich bei Geschäften unter. Auch ich hatte überlegt, mich einfach wieder irgendwo zu verkriechen, bis das Unwetter vorbeigezogen war, doch musste ich langsam wirklich nach Hause, wenn ich nicht zu spät zu Jans und meiner Verabredung kommen wollte. So blieb mir keine andere Wahl, als mit diesem Fremden neben mir, wir beide unter seinem Schirm versteckend, die Wegen entlang zu streifen. Ben hieß dieser, mir nicht ganz geheuer Typ. Irgendwas war doch echt komisch an dem! Allein, wie der einen schon ansah, auf diese eindringliche, über fürsorgliche und dennoch furchtbar höfliche Art. Sehr unbehaglich, wenn ihr mich fragt! „Und, wie kommt es, dass du dich verlaufen hast? Zu sehr in Gedanken oder wie?", er kicherte gelassen auf und wirkte tatsächlich ziemlich entspannt, doch wie sagte man so schön? Der Schein konnte trügen. Ich vertraute ihm nicht, wozu auch? Das einzige was ich wollte war, so schnell wie irgend möglich nach Hause zu kommen. „Bin neu in der Stadt.", entgegnete ich also und versuchte dabei möglichst gelangweilt zu klingen. Der sollte gleich erstmal merken, dass er mir sowas von egal war, in der Hoffnung, das Gespräch wäre damit beendet. „Oh, neu?! Das ist ja ein Ding! Dann natürlich erstmal Herzlich Willkommen in unserem wundervollen Städtchen!", grinste Ben staunend und ich rollte mir den Augen. Boar, hörte der immer noch nicht damit auf?! Er sollte mich einfach in Ruhe lassen! Genervt wandte ich meinen Blick von ihm ab und hörte, wie der Typ einfach so, dreist weiter erzählte: „Woher kommst du denn eigentlich, wenn ich fragen darf?" Ich stutze, hielt erschreckt Inne und meine Augen weiteten sich. Woher ich ursprünglich stammte? Schwer schluckte ich, als die Erinnerungen an mein altes Leben erneut in mir aufstiegen. Ach verdammt, wieso hatte Benedikt gerade das fragen müssen?! Gekränkt verzog ich das Gesicht, versuchte an etwas anderes zu denken, mich abzulenken, doch es war echt alles andere als leicht diesen Lebensabschnitt, der meine letzten achtzehn Jahre umfasste, hinter mir zu lassen. Es war so schwer, quasi sogar unmöglich. Immer wieder wurde ich an die Grausamkeiten von damals erinnert und sie hatten auf mich abgefärbt, ohne Frage. Immer tiefer versank ich neben dem fremden Mann in Selbstzweifel und Frust, als er plötzlich stehen blieb. Er hielt an und betrachtete mich aufmerksam. „Ist schon okay, du musst es mir nicht sagen. Tut mir leid, ich hätte nicht fragen dürfen.", meinte er reumütig und biss sich dabei leicht auf die Unterlippen, fast so, als wolle er nicht, dass noch weitere unbedachte Worte seinen Mund verlassen. Ich hingegen zögerte, denn seine Entschuldigung wirkte ziemlich echt. Dennoch schien mir die Vermutung, er sei einfach ein unglaublich guter Lügner, nicht besonders weit hergeholt. Was, wenn er mich wirklich belog und sich somit mein Vertrauen erschleichen wollte? War doch gut möglich, allein wenn man bedachte, wo mich der Gute aufgegabelt hatte. „Du, wie heißt du eigentlich?", wollte er da plötzlich wissen und blickte mich unschuldig an. Ich jedoch wusste nicht recht. Sollte ich ihm wirklich meinen Namen verraten? Doch eigentlich war doch nichts dabei, oder? Es gab sicher recht viele, die genauso hießen wie ich, vor allem in einer Großstadt. Daher entschied ich, ihm ein einfaches „Ethan" zu antworten. „Schöner Name.", schleimte er sofort wieder herum und mir kam bald die Kotze hoch! Was wollte der von mir?! Ich hatte weder Geld noch sonst etwas von materiellem Wert! Es gab nichts, was ich ihm hätte geben können, gar nichts! Also sollte er mich doch bitte endlich in Frieden lassen und mich einfach nur zu meiner Straße führen! Mit diesem Gedanken vor Augen lief ich weiter und er folgte mir, was auch sonst? Der war ja anhänglicher als eine Klette! „Hey, ich weiß ich nerve dich sicher, tut mir leid, weißt du, damals, als ich neu in der Stadt war, da hat mir niemand geholfen und das war ziemlich scheiße. Aber dann hab ich diesen Club entdeckt, den 'Blauen Kolibri', kennst du den? Der ist echt mega cool! Die Leute da sind super nett und man kann mit denen echt über alles reden.", sprach Ben weiter und ich lauschte ihm. Mh, vielleicht war er doch nicht so ein schlechter Mensch, wie ich angenommen hatte. Klar, er war nervig und extrem seltsam, aber seine Worte klangen derart ehrlich und rein. Ja, vielleicht log er mich tatsächlich an, doch obwohl ich das wusste, konnte ich nicht anders, als ihm Glauben zu schenken, weil er eben sehr überzeugend war. „Ne, kenn ich nicht.", meinte ich also, als wir gerade in meine Straße abbogen. Geschafft! Da vorn war schon mein Haus! Glücklich lächelte ich auf und war meinem Begleiter in diesem Moment echt dankbar, hier angekommen zu sein. Und das auch noch vor dem Sonnenuntergang, man mag es ja kaum glauben! Grinsend schüttelte ich den Kopf und wollte mich gerade von Benedikt verabschieden, da drückte er mir auf einmal einen Zettel in die Hand. „Hier, falls du doch einmal über deine Herkunft reden möchtest oder über ein anderes Problem. Im Club ist echt alles anonym und die sind da für alles offen. Auch ich hab dort über meine schwere Vergangenheit geredet und es hat mir wirklich sehr geholfen. Kannst ja 'mal drüber nachdenken, die Treffzeiten stehen dort auf dem Flyer. Ich werde auch dort sein, also vielleicht sehen wir uns ja, Ethan." Mit diesem letzten Satz drehte er sich um, lächelte mir noch einmal sanft zu und verschwand dann. Er bog um die Ecke und war weg, fast so, als wäre er niemals hier gewesen. Kurz noch sah ich ihm nach, während mir ein kalter Schauer über den Rücken lief. Irgendwas war seltsam an diesem Typen, irgendetwas. Ich sah zu dem Flyer hinab, den er mir gegeben hatte. Dreimal die Woche traf sich die Gruppe zum Plaudern, ganz schön oft für einen Club, oder? Der große Schock überkam mich jedoch erst, als ich das Zettelchen umdrehte, denn auf der Rückseite war er abgebildet, dieser große blaue Vogel, der sowohl das Auto meiner Entführer am Tag meines Geburtstags, als auch das Buch meines letzten Opfers verziert hatte. Dieser Vogel, der mich anscheinend überall hin verfolgte. Immer bleicher wurde mein Gesicht, als eine Gänsehaut mich überzog. Was hatte es nur mit diesem Zeichen auf sich?

Höllenkrieger- Legt die Waffen nieder!  || Boyslove! Yaoi!♡~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt