42. Kapitel- Die nächtliche Rettung

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Ich wusste nicht mehr, wie lang ich nun schon durch die Nacht gerannt war. Wo ich mich momentan befand, konnte ich auch nicht genau sagen, nichts in meiner Umgebung kam mir auch nur ansatzweise bekannt vor. Doch es war mir egal, alles war mir egal. Ich fühlte mich furchtbar leer und als meine Beine mich einfach nicht mehr tragen konnten, brach ich vor Erschöpfung in mir zusammen. Ich stütze meinen Rücken gegen die bröckelnde Fassade eines alten, bereits halb verrotteten Hauses. Der Mond schien hell auf mich hinab, doch ich vernahm sein sachtes Licht kaum. Um mich herum herrschte nur pure Dunkelheit, reine Schwärze, die nicht vorhatte, auch nur einen einzigen Lichtstrahl zu mir durchdringen zu lassen. Ganz allein in dieser verlassenen Straße, zu jener nächtlichen Stunde, kauerte ich mich dort, auf dem Fußweg einer Hauptstraße, welche ebenso wenig belebt war, wie ich in jenem Moment. Mein Körper zitterte wie Espenlaub, doch es war nicht die Kälte, die das veranlasste. Zwar lag eine eisige Note in der Luft, doch bekam ich diese kaum noch mit, zu sehr verhüllten mich Hass und Verzweiflung in einem Laken voll Elend und Leid. Was nun? Wie sollte ich nur auf diese Art weiter leben? Ich wusste es nicht. Ich kannte einfach keine Antwort auf diese Fragen! Verdammter Dreck. Ob ich wieder zu einem Treffen der Gruppe mit dem blauen Vogel gehen sollte? Konnte Ben mir helfen? Doch, mich ließ das Gefühl nicht los, dann alles einfach nur noch schlimmer zu machen. „Was hab ich getan, dass du mich so leiden lässt? Ist das hier deine Rache für mein Versagen dich zu Schützen?“, wisperte ich gegen den kühlen Wind, wandte mich mit meinen Worten an meine, einst geliebte, Schwester. Still liefen mir erneut Tränen hinab, sie traten aus meinen, ohnehin schon tiefrot geschwollenen, Augen, welche von deutlich sichtbaren Augenringen umrandet waren. Wieso konnte diese schreckliche Nacht nicht endlich zu Ende sein?! Ich wollte doch einfach nur in ein Bett und alles vergessen, einfach schlafen und so tun, als wäre die heutige Nacht nie geschehen.
Da bog plötzlich ein Auto in die sonst so menschenleere Straße ein und ich sah auf. Ganz langsam fuhr es, fast so, als würde es auf Patrouille gehen. Erst dachte ich mich nichts dabei, was ging es mich bitte an wer hier herum fuhr?! Dann jedoch hielt der Wagen nur wenige Meter vor mir und ich hielt Inne. Was sollte das? Och man, hatte ich für heute denn nicht schon genug Scheiße erleben müssen?! Zu meinem Überraschen war es allerdings kein gemeiner Gangster, der aus dem Wagen trat, nein! „Peggy?“, flüsterte ich leise, als das zierliche Mädchen auf mich zugelaufen kam. Sie schwieg, doch die Ränder unter ihren Augen sprachen ganze Bände. Sie hatte mich gesucht? Doch, wieso? Ich verstand nicht. Was tat sie denn hier, sie konnte doch unmöglich die ganze Zeit nach mir Ausschau gehalten haben, oder?! Stumm blieb sie direkt vor mir stehen, hielt mir ihre Hand hin, um mir aufzuhelfen und ich? Ich ergriff sie, richtete mich auf und stand nun, wenn auch etwas taumelnd, vor ihr. „Was..?“, wollte ich zur Frage ansetzen, doch meine Stimme war kratzig und brach zu sehr, als das ich hätte sprechen können. Seit Stunden hatte ich keine Flüssigkeit mehr zu mir genommen. „Jan würde mir nie verzeihen, wenn dir etwas Schlimmes geschieht. Und jetzt steig ins Auto.“ Ihr Tonfall war viel dunkler als sonst und wirklich unglaublich ernst und bestimmend, kein Wunder, sie musste sicherlich furchtbar müde und erschöpft sein. Also zögerte ich nicht lang und folgte ihrer Anweisung. Sie hatte also wirklich nach mir gesucht. Ich konnte es kaum fassen. Noch nie hatte jemand nach mir gesucht, wieso auch? Wer würde mich schon vermissen, mein Fehlen überhaupt bemerken oder sich auch nur dafür interessieren? Nun, jetzt kannte ich die Antwort. „Danke.“, hauchte ich gegen die noch geöffnete Beifahrertür des Automobils, bevor ich diese schloss und Peggy daraufhin schweigend zu mir stieg. Sie startete den Motor und blickte mich abschätzend an. Erst erwartete ich Fragen über Fragen, was ich hier tat, wieso ich weggerannt war oder weshalb ich so verheult und völlig durchgefroren an einem Straßenrand gehockt hatte. Doch zu meinem Überraschen kam nichts von alledem. Im Gegenteil, ihre Worte gingen in eine völlig andere Richtung als erwartet. Denn mit ihrem leisen „Schlaf bei mir“ hätte ich im Leben nicht gerechnet. Erschreckt blinzelte ich sie an. Was hatte sie da gerade von sich gegeben? Ich sollte bei ihr übernachten?! „Ich richte dir mein Sofa her und fahr dich morgen früh zur Arbeit. Aber so kann ich dich auf keinen Fall alleine lassen. Also komm mit zu mir. Bitte.“ Besorgt sah sie zu mir herüber und ich sah Peggy deutlich an, wie ernst es ihr war. Erst zögerte ich. Wollte ich wirklich woanders nächtigen? Ob das so eine gute Idee war, wagte ich ja echt zu bezweifeln. Jedoch war die Nacht lang genug gewesen und ich hatte keine Lust auf lange Diskussionen. Hinzu kam, dass ich Peggy nach ihrer Suchaktion auf alle Fälle etwas schuldig war. Und zwar eine ganze Menge, denn möglicherweise wäre ich ohne ihr Auftauchen sogar erfroren, wer konnte das schon wissen. Dementsprechend nickte ich nur stumm. Letzten Endes war es mir ja auch egal, wo ich schlafen konnte, Hauptsache ich konnte diesen Tag endlich abschließen!
Und so legte Peggy den Gang ein und wir tuckerten los, in Richtung ihrer Wohnung. Und ich war ihr sehr dankbar, dass sie während des ganzen Weges nichts fragte oder sagte, denn es gab nichts, auf dass ich ihr eine Antwort hätte geben können.

Höllenkrieger- Legt die Waffen nieder!  || Boyslove! Yaoi!♡~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt