69. Kapitel- Mama Peggy greift durch

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Es war dunkel um mich, als hätte ein schwarzes Nichts die Welt um mich eingenommen. Die Trostlosigkeit umhüllte mich, erdrückte mich beinah. Das alles war grausam, doch ich litt nicht mehr. Es quälte mir nicht mehr. Ich hatte es akzeptiert. Diese Kälte, die sich bis tief in mein Herz gefressen hatte, ich nahm sie hin und hatte schon lang aufgehört, gegen sie anzukämpfen. Aufgegeben, das hatte ich. Schlichtweg aufgegeben.
Da erklang ein leises Geräusch, es erinnerte mich an das Freizeichen eines Telefonats, wenn man darauf hoffte, dass die Person am anderen Ende abnahm. Ich schlug die Augen auf, blickte gegen die sanfte Rückenlehne des Sofas. Ich war immer noch hier. Scheiße. „Hallo? Hier ist Ben. Ich habe Ihre Nummer aus dem Telefonbuch. Kennen Sie einen Ethan?!" Ich lauschte den Worten meines Gastgebers und brauchte einen Augenblick um zu Verstehen. Was redete er da schon wieder für einen Unsinn? Dann jedoch schreckte ich zusammen, denn mir wurde bewusst, was der Sektenanhänger da gerade tat und bei wem er scheinbar anrief. Ich drehte mich liegend zu ihm, visierte ihn und für den Bruchteil einer Sekunde stieg Wut in mir hoch. Hatte ich ihm nicht gesagt, er sollte Jan aus dem Spiel lassen?! „Oh hey. Klar kenn ich den.", meldete sich allerdings eine unerwartete Stimme. Denn am Ende der Leitung war nicht Jan, sondern eine helle, mir nur zu gut bekannte Stimme. Eine weibliche. Die von Peggy.
Ben atmete erleichtert auf und fuhr sich durch sein dunkles Haar, während er weiter in das, auf Mehrsprechanlage geschaltetes, Mobiltelefon sprach. „Er muss abgeholt werden. Es geht ihm sehr schlecht und er braucht einen Schlafplatz. Kann ich ihn vorbeibringen?", erklärte er, ich jedoch schüttelte sofort den Kopf. „Ich sagte doch, dass das nicht geht!", knurrte ich ihm böse zu, er aber zuckte nur mit den Schultern. „Wenigstens regst du dich jetzt mal.", meinte er, woraufhin ich ihm einen vernichtenden Blick zuwarf. Dieser Arsch.
„Das würde ich gern, nur hab ich hier gerade alle Hände voll zu tun. Wissen Sie, ich bin gerade nur zu Besuch, weil der Besitzer der Wohnung etwas verhindert ist." In diesem Moment hörte man leises Würgen aus dem Hintergrund der Geräuschkulisse an Peggys Ende und ich fuhr zusammen. „Übergibt er sich etwa?", entglitt es mir leise, brüchig. Ich wollte nicht fragen, wirklich nicht, es ging mich ja auch nichts an. Doch es ließ mich nicht los. Ich musste es einfach wissen. „Eth? Ja er bricht schon seit Tagen. Er war ewig nicht in der Uni, also kam ich her und fand die Wohnung in einem grauenvollen Zustand wieder. Hier stehen überall leere Flaschen und ich wette mit dir auf alles, dass sich in jeder einzelnen irgendein Alkohol befand. Ich wusste ja, dass er gern mal trinkt, aber in diesem Ausmaß? Was ist los bei euch?! Habt ihr euch verkracht oder wieso ist Jan so von der Rolle?", berichtete unsere gemeinsame Freundin und mir gefror das Blut in den Adern. Mein armer Jan. Dabei war mein Auszug schon einige Tage her. Ich wusste zwar, dass seine Trauer um mich sich sicherlich nicht vermeiden ließ, doch dass sie solche Dimensionen annahm? Das hatte ich nicht gewusst. Scheinbar nahm ihn die ganze Sache mehr mit, als zunächst vermutet. „Wegen eines dummen Streites versteckst du dich seit Tagen bei mir?! Nur deshalb? Gott Ethan, geh nach Hause und klär das einfach!", schaltete sich nun auch Benedikt wieder ein und Peggy stimmte ihm via Telefon zu. Ich jedoch winkte ab. „Es war kein Streit." Meine Stimme senkte sich wieder und als hätte man meine Seile gekappt, fiel ich wieder in mir zusammen, verstummte, als ich an unseren Abschied dachte. „Jetzt schweigt er wieder. Hören Sie, er kann unmöglich noch länger hier bleiben. Aber ich will ihn natürlich auch nicht einfach auf die Straße setzten, von der ich ihn aufgelesen habe.", seufzte mein Gegenüber und rieb sich die, in Sorgenfalten gelegte, Stirn. Wieso tat er so nett? War er nicht dieser grausame, hinterlistige Sektentyp, für den ich ihn gehalten hatte? „Alles klar. Ich hole ihn heute Abend ab. Dann kann er erstmal in meiner Wohnung bleiben, bis sich die Sache etwas beruhigt hat.", lenkte Peg letzten Endes ein und Ben dankte ihr. Dann verabschiedeten sich die beiden voneinander, Ben legte auf, schüttelte abschätzig den Kopf über mich oder vielmehr mein Verhalten, erhob sich und ging. Ich hingegen fühlte mich wie ein streunender Hund, der nun von einem zum Nächsten weiter gereicht wurde. Aber letzten Endes war mir auch das egal. Ich atmete schwer aus, drehte mich auf den Rücken und während ich die leere Zimmerdecke ansah, schlief ich schließlich erneut ein. So viel wie in diesen Tagen hatte ich wohl noch nie gepennt. Vielleicht hatte ich mehr mit einem Stein gemeinsam, als mit einem Hund: Ein Stein lag auch nur herum, tat eigentlich nichts. So verhielt ich mich derzeit auch.

Höllenkrieger- Legt die Waffen nieder!  || Boyslove! Yaoi!♡~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt