11. Kapitel- Mordlust

133 23 3
                                    

Quietschend öffnete sich die hölzerne Forte des alten Häuschens, während mein Herz beinah zu explodieren drohte. Noch ein letztes Mal dachte ich darüber nach, ob es nicht besser wäre einfach weg zu rennen, dann jedoch tauchten sie auf. Diese unglaublich dunklen Augen, diese Fenster zur Seele, voll Wut, voll Ärger und ein kalter Schauer lief an meinem Rücken hinab. Diese Augen! Die kannte ich nur zu gut! Sie erinnerten mich nämlich an eine Person, jemanden, dessen Augen ich nie wieder hatte sehen wollen. Und nun starrten sie mich an, direkt vor mir und mein Puls stoppte für einen Moment. „Was wollen Sie?", die raue Stimme des Mannes, der bereits in einem hellen Schlafanzug vor mir im Türrahmen stand, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Dieses tiefe, strenge Tonfall, auch der war mir geläufig. Auch den hatte ich schon zu oft in meinem Leben zu hören bekommen. Bleich, als wäre komplett jede Farbe aus meinem Gesicht geflohen, betrachtete ich diesen reifen, ernsten Mann, der aufrecht stand und genervt, sowie ungeduldig auf eine Erklärung meinerseits wartete. Ich jedoch konnte nichts erwidern, war einfach nur geschockt über sein Antlitz. Dieser Mann, dieser Fremde, der mir doch so bekannt erschien. Er machte mir Angst, furchtbare Angst und ich spürte, wie sich jedes einzelne Haar meines Körpers aufstellte. Er runzelte die Stirn, kam einen Schritt auf mich zu und ich machte einen gewaltigen Satz nach hinten. Wie eine scheue Katze fauchte ich ihn leise an, voll Furcht, voll Panik er könnte sich mir weiter nähren. Mein Körper begann zu zittern und auch mein Kopf war plötzlich so leer, so gedankenlos. „Vater?", war das einzige, was ich mich leise zu flüstern traute. Dabei stieß ich jedoch nur auf Unverständnis, denn was ich ihn diesem Moment vor mir sah, war nicht mein verhasster Erzeuger, sondern ein mir völlig Unbekannter. Dies jedoch hatte ich damals vollkommen vergessen. Hass und Verzweiflung blendeten mich, sodass ich nicht verstand, als der Mann verwirrt entgegnete: „Entschuldigen Sie, doch wir kennen uns nicht. Ich bin nicht ihr Vater. Was wollen sie denn?" Ich schluckte schwer, hielt Inne. Nicht mein Vater? Ich schüttelte den Kopf, versuchte einen klaren Kopf zu erlangen, mich zu ordnen, doch es gelang mir nicht. In diesem Augenblick war dieser Fremde vor mir ganz klar mein Vater für mich. Ich sah ihn so klar vor mir, als wäre er nie gestorben. Ganz eindeutig! Das vor mir war der Mensch, der meine Schwester umgebracht und mich jahrelang misshandelt hatte! Tränen bildeten sich in meinen Augen. Wieso? Wieso musste ich ihn wieder sehen? Hatte er mir nicht schon genug angetan?! Womit hatte ich das verdient, doch nun verstand ich natürlich die Entscheidung meiner Schwester, diese Person tot sehen zu wollen. Dies dachte ich damals zumindest. „Gehen Sie bitte!", warf der Mann da plötzlich ein und ich zuckte zusammen. Gehen?! Nein, das ging nicht! Ich musste bleiben, hatte doch einen Auftrag zu erfüllen! Wütend fälschte ich die Zähne. Nein, dieser Mann würde heute seine gerechte Strafe bekommen! Für mich, für meine Schwester! Wutentbrannt riss ich den Kopf in die Höhe und rannte wie ein wild gewordenes Tier auf die Tür vor mir zu um mir gewaltsam Zutritt ins Haus zu verschaffen. Noch einmal würde er nicht so leicht mit dem Tod davon kommen! Dieses Mal würde ich ihn leiden lassen! Für alles, was er mir angetan hatte. Mir und meiner Familie. „Ey, was soll das denn?!", brüllte er mich an, als ich bereits in seinem Flur stand und die Tür hinter mir ins Schloss geschmissen hatte. Wie praktisch, dass der Schlüssel hing, so konnte ich seine Fluchtmöglichkeit Nummer eins nämlich gleich beseitigen! Ich drehte an dem kleinen Metall, schloss zu und brach das Ende des Schlüssels ab. Wie ich das Haus nun verlassen sollte? Darüber machte ich mir in meiner Wut wenig Gedanken, doch hatte bekanntlich jedes Haus Fenster also würde es schon machbar sein. „Hat es Spaß gemacht, sie zu töten?!", schrie ich meinen Gegenüber aus vollster Kehler an, diese jedoch schien deutlich geschockt. „Was wollen Sie hier?! Sie sind ja verrückt! Ich ruf die Polizei!", erwiderte er beinah panisch und wich zurück. Ängstlich ging sein Blick zur Kommode herüber, die witziger Weise genau neben mir ihren Platz fand und auf der das Festnetz Telefon, sowie ein kleiner metallischer Kerzenleuchter stand. Ein Grinsen machte sich auf meinen Lippen breit. So ein dummer Zufall aber auch! Als hätte selbst der Himmel gewollt, dass es diese Nacht ein Ende nimmt. Sein Leben, seine grausamen Taten, einfach alles. Nach heute würde er nie wieder jemanden verletzten!
Immer näher kam ich ihn, schlich langsam auf ihn zu. Dabei fixierte ich ihn mit meinem beinah wahnsinnigen Blick. Mein Herz raste in meiner Brust und ich spürte den Nervenkitzel und das Adrenalin, welches sich bis in den letzten Zentimeter meines Körpers zog. „Warum? Warum gerade ich? Weil ich 'leckerer' bin?!", murmelte ich leise und in meinem Tonfall lag Nachdruck. Wie oft hatte er mich angefasst, mich gezwungen zu dieser Nähe, die ich nie gewollt hatte. Zu diesen grausamen Dingen die kein Kind je erleben sollte. „Was?", begann der Typ langsam zu wimmern und schluckte schwer. Was war denn los mit ihm?! Bekam er jetzt Angst, vor mir?! Ein Gefühl von Genugtuung machte sich in mir breit. Ja, ja, er sollte mich fürchten! Er sollte wimmern und im Gnade flehen, so wie ich es jahrelang getan hatte! Er sollte leiden, ich wollte sein vor Qual verzogenes Gesicht sehen, während ich ihm dieselben Schmerzen zufügte, die ich hatte erleiden müssen! „Ich war noch so jung, verdammt!", brüllte ich da, sprang einen Satz auf ihn zu und wurde augenblicklich von diesem Wurm überrascht. Denn zu meinem Verdutzen holte mein Gegenüber aus und schlug mir kräftig mit der Faust ins Gesicht. Kurz taumelte ich einige Schritte rückwärts, fing mich aber relativ schnell wieder und knurrte leise auf. Der Schlag hatte nicht allzu sehr geschmerzt. Wohl auch, weil ich schlimmeres von diesem Mann gewohnt war, aber allein der Fakt, dass er sich erlaubt hatte, wieder Hand an mich zu legen, entfachte eine unglaubliche Wut in mir. Meine dunklen Haare fielen mir ins Gesicht, vor meine Augen und ich biss die Zähne aufeinander. „Das...", begann ich leise und ließ die Knochen meiner Fingerknöchel knacken. „...hättest du nicht tun dürfen." Ich erhob meinen Kopf, spürte wie eine Art Trance mich packte und ich mich von einem Menschen in ein Monster verwandelte. Ich fühlte förmlich, wie die Rachlust in mir hoch stieg und der einzige Gedanken, der sich nun noch in meinem Kopf abspielte war: Töte ihn.
Ich hasste diesen Mann mehr als jeden anderen auf der gesamten Welt und genau das würde er in dieser Nacht zu spüren bekommen. Er würde meinen Schmerz kennen lernen. Erneut überzog eine Gänsehaut meinen Körper. „Wir werden viel Spaß zusammen haben.", flüsterte ich und war wie ausgetauscht. Die Hände zu Fäusten geballt hatte ich den Auftrag meiner Schwester bereits völlig aus meinem Gedächtnis gestrichen. Das einzige was ich wollte war es, diesen Mann zu foltern. Ihn zu Foltern bis er sich den Tod wünschte, bis er den Tag seiner Geburt bereute. Der würde nie wieder jemanden berühren!

Höllenkrieger- Legt die Waffen nieder!  || Boyslove! Yaoi!♡~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt