52. Kapitel- Arbeitsalltag

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Der Mond schien hell zwischen den dunklen Wolken hervor, welche einmal mehr nächtlichen Regen versprachen, während ich mit gesenkten Kopf und zitternden Händen meinem unabänderlichen Schicksal entgegen trottete. Sanft ließ eine eisige Briese die raschelnden Blätter der Laubbäume, in dieser kleinen Nebenstraße, hin und her schwingen, wobei ich nicht einmal den Blick erhob um mich an ihrem Tanz zu erfreuen. Ich wollte das nicht, nichts davon. Vermutlich hätte ich mich einfach beeilen müssen. Augen zu und durch, oder? Doch wozu das, wenn sich selbst Jan von mir abwenden würde? Ich erinnerte mich an jenen Abend, an welchem wir gestritten hatten, weil ich von unserem Chef gefeuert wurden war. Wenn es schon wegen einer Kündigung zu so einem handfesten Streit kam, wollte ich gar nicht wissen, wie die Situation nun wohl eskalieren würde. Immerhin hatte ich ihn einfach stehen gelassen, im Dunkel, alleine, an einem See, nach unserem ersten Kuss und ohne ein Wort der Erklärung. Und letzteres würde ich ihm auch jetzt nicht geben können. Oder was sollte ich sagen? „Tut mir leid, meine tote Schwester hat mir kurzfristig noch einen Mord aufgetragen, weshalb ich schnell los musste.“ So oder wie?! Wohl kaum. Schwer seufzte ich, als ich scheinbar endlich die richtige Straße erreicht hatte. Ich sah mich um und entdeckte es, das Haus meines Opfers. Es war ganz am Ende der Straße, stand ein Stück entfernt von den anderen Gebäuden, getrennt durch zwei große, alte Bäume. Langsam nährte ich mich meinem Ziel, als ich feststellte, dass die meisten Wohnhäuser dieser Straße entweder furchtbar ungepfelgt oder gar nicht erst bewohnt waren. Die Straße glich einer Geisterstadt und still war es hier, fast so still wie am See. Nur hier war die Ruhe durch eine gespenstische Atmosphäre ganz verdorben.

Es dauerte bloß ein paar Schritte und ich stand vor dem angegeben Gebäude, musterte es kurz. Also im Ernst, da wohnte unmöglich jemand. Die Fassade war völlig verrottet, der Vorgarten glich mehr einem Dschungel, als einer anständigen Grünfläche und sogar die Fenster waren von Innen mit Holzplatten zugenagelt. Stirnrunzelnd schüttelte ich den Kopf. Was zur Hölle war das für ein Wohnhaus? Naja, nichtsdestotrotz hatte ich hier einen Job zu erledigen, also grübelte ich nicht länger und machte mich daran einen Weg hinein in das Haus zu suchen. Ein Glück war das Gestripp im Vorgarten so hoch, dass ich mich zwischen ihm abducken konnte und somit wenigstens minimal unauffälliger schien. Das alte Gemäuer hatte einen Aufstieg um zur Eingangstür zu gelangen, eine Art Treppe, doch hohl von unten. So etwas hatte ich echt noch nie gesehen und ob diese vergammelten Stufen einen Menschen überhaupt tragen konnten, bezweifelte ich auch sehr stark. Plötzlich, während ich noch immer zwischen Treppe und Dschungel umher wuselte, erklang das Klacken der Türklinke und mein Herz blieb vor Schreck beinah stehen. Blitzartig rettete ich mich unter den Hohlraum des Aufstiegs und machte mich dort ganz klein, um ja nicht entdeckt zu werden. Ich hörte, wie sich die Eingangstür quietschend auftat und schluckte schwer. Oh Gott, da war mein Anschleichen wohl sehr dezent gewesen, nicht. Vorsichtig griff ich nach einem großen, dicken Azt der von einem der alten Bäume hinab ins Gras gefallen war und nun dort neben der Treppe lag. Ich schnappte mir den Knüppel, um mich zumindest ansatzweise besser verteidigen zu können, sollte mich nun doch schnon jemand entdeckt haben. Doch dieses Szenario blieb aus, denn niemand trat hinaus auf die Treppe, doch genauso wenig schloss jemand die Tür wieder. Sie blieb anscheinend einfach offen stehen, scheinbar ohne sinnvollen Grund. Es war fast, als hätte mir jemand kurz auf gemacht, fast so als wäre ich ein alter Freund. Als hätte man mich eingeladen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, doch ich hatte keine Wahl, ich musste das hier durchziehen. Weglaufen galt nicht. Und so kroch ich langsam aus meinem Versteck hervor, als ich sicher war, niemand wäre mehr anwesend. Und ich behielt glücklicherweise sogar Recht. Als ich meinen Baumstumpf auf die Eingangsforte richtete war dort niemand zu sehen. Die Tür jedoch stand wie angenommen weit offen, sodass ich in den stockdusteren Flur blicken konnte. Nur von Außen fiel noch das kalte Licht des Mondes hinein, tauchte jedoch nur das erste Stückchen des langen Koridors in ein mattes Grau. Der Rest verblieb dunkel, wirkte wie ein schwarzes Loch, welches nicht genauerer zu definieren war, fast wie das Nichts. Auf keinen Fall wäre ich dort freiwillig hinein gegangen, doch was sollte ich machen? Ich musste. Und so nahm ich meinen Mut zusammen und betrat die unsichere unterste Stufe der Treppe. Oh Gott, ich würde das hier wohl so bereuen. Fest klammerte ich mich an meine hölzerne Waffe, als ich das innere des Hauses erreichte. Ich sag euch, so ein mulmiges Gefühl wie in diesem Moment hatte ich nie zuvor in meinem Leben. Mir war mit einem mal so übel, ich hätte in den Dschungel kotzen können. Mehrfach. Unter mir quitschte das alte Parkett und ich biss nervös die Zähne aufeinander. Verdammter Dreck, wieso tat ich diesen Mist nur immer wieder? War die Schuld bei meiner Schwester nicht irgendwann einmal beglichen? Wie oft noch? Ich schlich weiter gerade aus, an dunklen Räumen vorbei und bis beinah fast zum Ende des Ganges. Kein Möbelstück, kein Bild war hier vertreten. Es wirkte wirklich gänzlich wie ein unbewohntes Haus. Oh Mann, ich hörte schon meine Zähne schlottern und wäre am liebsten einfach zurück nach draußen gesprintet, da hörte ich ihn. „Da bist du ja endlich.“ Ruckartig zuckte ich dermaßen stark zusammen, das es schon weh tat und machte einen gewaltigen Satz zurück. Sofort war mir klar, woher die Stimme kommen musste. Neben mir stand die Tür zu einem Zimmer offen. Und eben aus diesem Drang der düstere Klang. Ein Mann sprach mit mir, während ich ängstlich meinen Ast in seine Richtung hielt und langsam in seinen Raum eintrat. Ich versuchte zu erkennen wer dort spricht, wo derjenige steht oder sitzt und ob auch er eine Waffe hat, doch es war schlichtweg zu dunkel in diesem Haus, sodass ich rein gar nichts erkannte. Wieso hatte ich mich nur auf den Müll hier eingelassen?! Ich hätte einfach bei Jan bleiben sollen! „Auf diesen Tag habe ich schon mein ganzes Leben lang gewartet!“, lachte der Fremde fast schon wahnsinnig und schnaubte daraufhin wie ein wilder Stier. Ich derweil tastete mit einer Hand nach dem Lichtschalter an der Wand. Ich wusste, die Wahrscheinlichkeit, dass er gerade hier an dieser Wand angebracht war und nicht etwa im Flur oder ähnliches, war gering, doch das war mir im Moment so krass egal. Die Möglichkeit war da und genau jetzt war sie meine einzige Chance hier noch halbwegs glinflig heraus zu kommen. Mit der anderen Hand hielt ich weiterhin meinen Stumpf fest und hoffte, der Fremde würde mir nicht zu nahe kommen. Jedoch bemerkte ich recht schnell, dass dieses Opfer nicht wie die anderen war. Er hatte nicht die geringste Angst vor mir, wirklich absolut null. Im Gegenteil, er schien sehr froh darüber, dass ich nun hier war. Allgemein wusste ich ziemlich früh, dass dieser Mann wohl völlig gestört war. Allein wie er sprach, als wäre er in einem Wahn, allein seine wohnliche Situation, wie er hier in völliger Dunkelheit auf mich zu warten schien. Apropos warten, woher zum Henker hätte der denn wissen können, dass ich kam? Das war doch nur eine Sache zwischen meiner Schwester und mir! Sowieso gab dieser Verrückte unsinnig viel dummes Zeug von sich. Lebtags soll er diesen Tag schon ersehnen? Bitte was?! Ich kannte den doch gar nicht! Gerade als ich in Panik verfallen wollte, da das dröhnende Gelächter des Fremden immer näher kam, spürte ich ihn plötzlich, den Lichtschalter. Tausend Steine fielen mir vom Herzen und ich dankte dem Schicksal für diesen Fund. Sofort betätigte ich den Staubigen Schalter und Licht durchströmte den Raum.

Geblendet taumelte ich einige Schritte rückwärtigs und blinzelte gegen die grelle Beleuchtung an, als das erste was ich nun erblickte mich vollkommen erschütterte. Blut überströmt lag sie dort in der Mitte des Zimmers, eine junge Frau, ganz nackt, ihr Körper komplett verstümmelt, ihr Gesicht geschändet. Sofort kam mir die Galle hoch und ich musste mich schwer zusammen reißen nicht zu erbrechen. Die Kleine schien verblutet zu sein, was für ein qualvoller Tod. Vermutlich hatte man sie zuvor gefoltert. Oh Gott, wo war ich hier bloß hinein geraten. Verstört hob ich meinen Kopf und entdeckte etwas noch viel furchterregenderes, denn es war ihr Blut, welches die Wand zierte. Ihr Blut, mit welchem er das Zeichen des Kolibries wie bei einer Hexenbeschwörung an die alte Mauer des Zimmers gezeichnet hatte. Sofort gefohr mir das Blut in den Adern, als ich es entdeckte. Dieses Zeichen, schon wieder. Es verfolgte mich wirklich. Doch wieso? Und was zur Hölle was das bitte für ein kranker Typ? „Und? Wie findest du's?“ Ich zuckte zusammen und drehte mich blitzschnell zu meinem Opfer. Ein Mann, etwa mein Alter stand dort und sah mich mit großen, weit aufgerissenen Augen an. Seine Pupillen waren groß, trotz Licht, einige seiner kleinen Adern geplatzt und tiefe, dunkle Augenringe zierten zusätzlich sein Gesicht. Seine dunklen, langen Haare waren ganz wirr und seine Kleidung war zerrissen. Vermutlich hatte die Frau sich gewehrt. Denn auch auf seinen Armen zeichneten sich einige Kratze ab. „Wow, endlich! Endlich bist du da! Ich liebe dich! Ich brauche dich! Ich habe die Tage bis zu deinem Besuch gezählt! Das hier, das alles ist für dich! Liebst du mich jetzt auch?! Machst du mich zu deinem Sklaven?!“ Immer schneller, immer lauter begann dieser Wahnsinnige auf mich einzureden und kam langsam auf mich zu. Ich jedoch richtete sofort meinen Knüppel auf den, mir völlig unbekannten, Mann. Der würde mir auf keinen Fall zu nah kommen! Das, was er von sich gab, machte für mich absolut keinen Sinn. Doch, ich stempelte es einfach als hintergrundloses Gerede eines Verrückten ein, welches weder Sinn noch Verstand hatte. Dementsprechend hielt ich es auch nicht für nötig überhaupt darauf zu reagieren, sondern führte mir noch einmal die Tatsache vor Augen. Fakt war, dieser Kerl war ein Mörder und hatte es vollkommen verdient zu sterben, so gesehen sollte es mir doch leicht fallen ihn zu töten. Oder? Ich bewahrte die Menschheit vor ihm. Außerdem war er krank und gab nur Dünschiss von sich, dem man am besten keine Beachtung schenken sollte. „Schon als Kind wollte ich immer so sein wie du! Du bist ein Gott! So viel Macht, so viel wie du hat sonst niemand! Richtest über das niedere Volk! Ich wusste, du würdest zu mir finden!“ Einige Schritte vor mir blieb er stehen, berührte den Stock sanft, woraufhin ich kurzer Hand ausholte und ihm mit dem Ast kräftig eine verpasste. Keuchend taumelte er zurück und lachte daraufhin schmerzerfüllt auf. „Oh ja, komm, lass uns spielen!“ Fest klammerte ich mich an meine Waffe und fixierte diesen Kranken. Okay, lass uns spielen, Freak.

Höllenkrieger- Legt die Waffen nieder!  || Boyslove! Yaoi!♡~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt