65. Kapitel-Die Waffen einer Frau

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Kläglich jammerten die alten Holzstufen unter unseren Füßen, als wir das Treppenhaus des ärmlichen Hauses hinauf liefen. Kalt zeichnete sich das Licht des Mondes, welches von draußen durch ein Fenster hinein fiel, auf ihr ab. Es erhellte sie, die betrunken kichernd nach meiner Hand griff. Ihre dünnen Finger legte sie auf ihre Lippen, bat mich durch diese Geste zu möglichst lautlosem Verhalten. Sie sorgte sich wohl um ihre höchst wahrscheinlich bereits schlafenden Nachbarn. Ich allerdings hatte nicht einmal den Drang zum Raunen oder Lachen, im Gegenteil. Denn ich sah das Ende bereits vor meinem inneren Auge. Ich kannte es.
„Da sind wir!", hickste die naive Fremde, währenddessen sie in ihrer Hosentasche nach dem Wohnungsschlüssel kramte. Ich hingegen dachte nur daran, dass sie wohl lieber keinen unbekannten Mann mit in ihr Zuhause hätte nehmen sollte. Das war ein Fehler, ein großer und den würde sie für immer bereuen. Dennoch, zu spät, die Eingangstür stand inzwischen offen und ich trat über die Türschwelle. Der Tod hatte nun Einzug in ihr lieblich eingerichtetes Heim gehalten. Und noch ehe die Tür hinter uns wieder vollkommen ins Schloss gefallen war, hatte die kleine Verkäuferin sich schon gegen mich gelehnt, unsere Lippen durch einen Kuss versiegelt. Dabei schloss sie ihre Augen und begann damit, den Gürtel ihrer Hose zu öffnen. Ich war nicht dumm, wusste von Beginn an, worauf sie mit ihrer Einladung abgezielt hatte. Doch ich war so durch mit allem, mir, meinem Leben, einfach allem. Es schien mir, als wäre mir alles vollkommen gleichgültig. So nahm ich die Kleine hoch, ihre Beine verschloss sie hinter meinem Rücken, die Arme schlang sie mir um die Schultern, während wir den Kuss noch immer nicht beendet hatten. Ich trug sie in das erstbeste Zimmer, welche in jenem Moment wohl ihr Schlafzimmer zu sein schien. Dummer, doch scheinbar guter Zufall. Ich legte sie auf dem Bett nieder, schaute mich beiläufig nach möglichen Mordwaffen um, aber nichts. Nichts. Dieser Raum war kaum eingerichtet. Außer ein Bett, einen kleinen Nachtisch und einem Kleiderschrank gab es hier nicht viel. „Schaust du das Bild da an? Das ist mein Ex-Mann. Es sollte eigentlich nicht mehr hier stehen. Vergiss es einfach.", raunte der süße Rotschopf, der sich inzwischen auch bereits seiner Jacke entledigt hatte. Ich derweil hatte überhaupt nichts von irgendeinem Bild wahrgenommen, doch jetzt, da fiel es mir natürlich auch auf. Es war ein kleines, eingerahmtes Foto eines Mannes in einem bläulichen Gewand. Ich stockte. Warte! In einem Gewand?! Ich schnappte mir das Bild, sah es mir genauer an, doch ich hatte mich wohl nicht verguckt. „Ist das ein Kolibri?!", rutschte es mir ungewollt heraus, doch ich war einfach erschrocken. Da war es schon wieder! Dieses Symbol. Es verfolgte mich noch immer! „Ja, er ist Mitglied einer Sekte, wollte unsere ganze Familie da mitreinziehen. Ich hab die Beziehung zu ihm beendet und mich von diesem Lebensstil getrennt. Es ist besser so für meine Familie, ich will sie beschützen.", entgegnete mein Opfer mit traurigem Blick und ich schluckte schwer. So war das also. Ihr Mann war ein Mitglied und sie wohl früher auch, wie es schien. „Lassen wir die Vergangenheit ruhen. Ich hab hier ein viel interessanteres Bild für dich, Süßer!", leckte der Rotschopf sich heiß über die Lippen, nachdem sie nun auch ihr Oberteil ausgezogen, sowie sich von ihrer Hose entledigt hatte. So rekelte sie sich nur in Unterwäsche vor mir und ich sah sie mir an. Ganz genau, ihre Rundungen, ihre nackte Haut. Noch nie hatte ich eine nackte Frau gesehen, doch es schien mir auch nicht so, als hätte ich da großartig etwas verpasst. Wenn ich an die Träume dachte, die ich einst von meinem Fuchs gehabt hatte, dann fühlte ich mich anders als jetzt. Gerade in diesem Moment war ich wie taub, ich spürte nichts. Jan verstand die Kunst, mich völlig verrückt machen zu können. Hätte er nun auf jenem Bett gelegen, halbnackt, ich hätte nicht gewusst was mir für unanständige Gedanken gekommen wäre, doch bei ihr? Bei diesem Mädchen, da empfand ich nichts. Nichts. Es war beinah schon unheimlich.
„Komm schon!", grinste mich die Verkäuferin gierig an und ihre Haare lagen dabei ganz wild. Ich jedoch rührte mich nicht. Stumm saß ich da, blickte sie ausdruckslos an, als wäre ich ganz nicht mehr Teil dieser Welt. Ja, fast so als wäre ich nicht mehr anwesend, als wartete ich bereits im Totenreich auf sie. Seltsam befremdlich und doch wusste ich, dass ich diese Art von Gefühl bereits einmal erlebt hatte.
Damals, als mein Vater sich an mir vergangen hatte, da war es irgendwann auch aufgetreten. Es war, als er wieder einmal seine „Liebe" zu mir bestätigen wollte, wie er es nannte, da hörte ich mit einem Mal auf Schmerz zu empfinden. Eigentlich spürte ich damals überhaupt keine Emotionen mehr.
Und in diesem Moment, genau jetzt, da kehrte diese Taubheit in einem größeren Ausmaß wieder. „Dann muss ich dich wohl erst heiß machen?!", lachte die Kleine und setzte sich breitbeinig vor mich. Feuchtfröhlich zog sie ihren Slip hinab, leckte vorfreudig über ihre Finger, lutschte schon fast daran, bevor sie damit begann sich an ihrem Schrittbereich herumzuspielen. Sie streichelte sich erst zart, kurz darauf jedoch drang sie mit ihren eigenen Fingerspitzen in sich ein. Dabei keuchte sie laut auf, begann zu zittern, während sie wohl darauf wartete, dass ich in ihr Spielchen einstieg.
Was ich dann tat, hatte sie allerdings nicht annähernd erwartet. Denn als ich mich nun über sie beugte, sie schließlich unter mir lag, und ich damit begann, ihre Arme über ihrem Kopf auf das Bett zu drücken, dachte sie wohl, es wäre Teil eines perversen kleinen Rollenspieles. Die Wahrheit war jedoch viel grausamer, denn als sie sich nun völlig wehrlos unter mir befand, griff ich schweigend nach ihrem Kissen. Keine Miene verzog ich dabei. Und als sie gerade drauf und dran war ihren Kopf heben zu wollen, um mich erneut zu küssen, drücke ich das Kissen auf ihr Gesicht. Natürlich wusste sie nicht, wie ihr geschah, es ging alles sehr schnell. Selbstverständlich begann sie, sich zu wehren, als ihr die Luft zum Atmen geraubt wurde, doch ich hielt sie fest. So fest, dass ihre Arme sich an den Stellen meines Griffes blau färben, während ich sie tiefer und tiefer auf die Matratze hinab sinken ließ. Sie hatte keine Chance sich zu wehren, keine. Und ich ließ nicht von ihr ab, fixierte das Kissen auf ihrem Gesicht, so wie ich sie selbst auf dem Bett fixiert hatte. Gott, ich empfand nicht einmal Angst dabei. Mein Vater hatte seinen Job wohl mehr als ‚gut' erledigt: Ich war ein Monster geworden. Genau wie er es gewollt hatte. Genauso wie er selbst gewesen war. Noch eine Weile versuchte sie qualvoll panisch nach Luft zu schnappen, vergebens, bis sie schlussendlich aufhörte, sich zu wehren und ruhig auf die Matratze hinab sank. Tot. „Fuck.", hauchte ich leise und begann zu schluchzen. Tränen liefen an meinen kreidebleichen Wangen hinab und ich fragte mich, wieso das alles. Wie sollte es weiter gehen? „Nein! Schwester, ich will so nicht mehr leben! Nein, ich kann das nicht! Hörst du?!", begann ich zu schreien, ließ von der Leiche ab und hielt mir die Hände vors Gesicht. „Scheiße, es geht nicht mehr!", fügte ich mit brüchiger Stimme weinend hinzu. Da tat sich etwas, ein Geräusch, welches aus dem Flur zu stammen schien.
Ich zuckte schlagartig zusammen, lauschte kurz und erkannte, dass es sich wohl um das Geräusch eines Schlüssels handeln musste, den jemand von außen an in das Türschloss gesteckt hatte, um sich Zutritt zur Wohnung zu verschaffen. Sofort reagierte ich, sprang auf und huschte in eine, am Schlafzimmer, angrenzende, winzige Abstellkammer, um mich dort zu verstecken. Mein Herz schlug wie wild und meine Augen schmerzten vom Weinen, dennoch versuchte ich mich zu beruhigen, hielt sogar den Atem an. Denn ich vernahm, wie die Wohnungstür sich auftat, beugte mich daraufhin leise zu dem Schlüsselloch der Abstellkammertür hinab, wodurch ich genaue Sicht auf das Bett meines Opfers hatte. Jetzt hatte ich Angst, zum Glück, dachte ich nur. Klar, die Situation war beschissen, doch immerhin fühlte ich endlich, wie das Adrenalin durch meinen Körper schoss. Zumindest das.
Was ich dann jedoch vernahm, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren und beinah das Herz brechen. Ich spürte, wie eine Gänsehaut des Schockes meinen Körper überfuhr. Bei seinen Worten, seinen noch so unbekümmerten Worten: „Bin wieder Zuhause, Mama!"
Verdammte Scheiße.

Höllenkrieger- Legt die Waffen nieder!  || Boyslove! Yaoi!♡~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt