20. Kapitel- Wahre Schönheit

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„Und, bereit für heute Abend?! Hier, dein Party-Outfit!", fiepte Jan glücklich und warf mir eine Tüte gegen den Kopf, während er aus seinen Schuhen schlüpfte und sich prompt auf meine Matratze schmiss. Er schien wohl beste Laune zu haben, was auch mich sehr freute. Kurz rieb ich mir den Kopf, feixte nur über Jans Verhalten. Der hatte aber auch Probleme, Idiot. Grinsend nahm ich neben ihm Platz und warf einen Blick in die kleine Tüte. „Was soll das sein?", runzelte ich dann jedoch die Stirn, als ich das Stoffstückchen aus dem Beutel zog. Irritiert betrachtete ich es und rätselte darüber, was genau das darstellen sollte. „Das ist ein Tanktop! Echt, woher kommst du? Vom Mars?! Los, zieh mal an. Sieht sicher gut aus!", nickte Jan glücklich und lehnte sich zurück. Ich hingegen starrte dieses Ding vor mir fassungslos an. Das sollte ein Kleidungsstück sein?! Sicher?! Hilfesuchend wandte ich mich an Jan, der jedoch nur wie bekloppt zu Lachen anfing. „Man, Spaß! Ich weiß doch, dass du kurze Klamotten nicht magst! Das ist natürlich mein Outfit! Deins liegt drunter.", feierte er über meine Reaktion und ich konnte es ja gar nicht glauben! Dieser Scheißer hatte mich eiskalt verarscht! Empört schubste ich den Kleinen von meinem Bett und er rollte auf den Boden, wo er sich nur weiter über mich lustig machte. Sogar Tränen standen ihm schon in den Augen vor lauter Lachen. „Na warte!", rief ich da, legte den Beutel und seinen Inhalt beiseite und machte mich daran, Jan erst einmal gehörig auszukitzeln. Dieser wehrte sich sogar heftig, er versuchte es zumindest, doch ich hielt seine Handgelenke fest und drückte ihn zu Boden. „Du hättest Mal deinen Blick sehen sollen!", kicherte er fröhlich, während ich mich über ihn beugte, seine Hände über den Kopf fest auf das Parkett drückte und mit einer Hand seinen Bauch kitzelte, sodass ihn das Lachen gar nicht mehr los ließ. „Hör auf!", bat er und wandte sich unter mir, während er mich mit seinen strahlenden Augen freundlich an funkelte. Jan... Ich zog meine Attacke zurück, hielt ihn jedoch weiter fest. Ohne darüber nachzudenken, legte ich meinen Kopf auf seine Brust, verharrte so für einige Sekunden. Jan jedoch schien etwas erschreckt über diese Aktion, er fragte, was das solle und was ich da tat, doch ich hörte ganz genau, wie schnell sein Herz zu rasen begann. Seltsam, war das normal? War das, weil er sich über mich aufregte? Ich hob mein Kinn an, musterte ihn für einen Moment und erkannte, wie rot sein Gesicht schon wieder war. Komisch, das kam in letzter Zeit ja ganz schön oft vor bei ihm. Langsam stützte ich mich vom Boden ab, erhob mich vorsichtig und hielt ihm anschließend meine Hand hin. Ich wollte ihn ja nicht bedrängen oder ihm Angst einjagen, Aufregen oder Erzürnen erst recht nicht. Einen frechen Kommentar jedoch erlaubte ich mir. „Ich hab gewonnen!", teilte ich ihm nämlich siegessicher mit, er jedoch grinste nur auf, ergriff meinen Arm und stand ebenfalls hoch. „Dieses Mal vielleicht.", schubste er mich ein Stückchen zurück und lief mit erhobener Nase an mir vorbei. Spinner! Rasch drehte ich mich, sah zu, wie Jan sich zu der Einkaufstüte hinab beugte und einen dünnen, gestreiften Pulli aus ihr heraus hob. „Hier, das ist dein Oberteil für nachher. Probier es doch bitte an. Eine Hose müsstest du ja von unserem Kauf deiner Erstausstattung an Klamotten noch haben. Ich mach uns solang Abendessen, also beeil dich." Mit diesen Worten schmiss mir der Fuchs den Pulli zu und verzog sich anschließend in die Küche. Mh, ein Lächeln übermannt mich. Wie sollte ich das nur jemals wieder gut machen? Er gab mir so unheimlich viel, wie konnte ich meine Dankbarkeit da nur angemessen ausdrücken? Ob ich ihm ein Geschenk kaufen sollte? Doch, wovon denn bitte? Abgesehen davon sollte ich gucken, dass ich zuallererst einmal die Miete aufbringen konnte. Aber was konnte ich ihm dann geben? Grübelnd krallte ich mir den Pulli und eine der guten Hosen, die Jan bereits in den letzten Tagen hier abgeladen hatte, und verschwand mit ihnen im Badezimmer um mich umzuziehen.
Rasch machte ich mich frei, warf mir den Pulli über und betrachtete mich im Spiegel. Der Pullover strahlten in cremigen, hellen braun Tönen gestreift mit weiß und einem dritten, dunklerem braun. Normalerweise hätte ich so etwas wohl nie angezogen, doch Jan hatte ihn schließlich ausgesucht. Da konnte ich ihn ja schlecht ablehnen und ich musste ehrlich zugeben, dass mir dieses Kleidungsstück tatsächlich ausgesprochen gut stand, was ich beim besten Willen nicht für möglich gehalten hatte. Nun, Jan schien ein Auge für Klamotten zu haben, er selbst könnte aber auch alles tragen. An ihm sah alles gut aus, völlig egal was es war oder welche Farbe es hatte. Nun streifte ich mir die labbrige Hose ab, zog mir eine der gutaussehenden drüber. Sie war dunkel, fast schwarz und passte relativ gut zum Oberteil, schätzte ich jedenfalls. Aber was konnte man bei einer so schlichten Hose schon groß falsch machen?
Nachdem ich mich nun also umgezogen hatte, machte ich mich noch daran mit einem Handtuch mein Haar trocken zu reiben, bevor ich fertig angezogen und wie aus dem Ei gepellt, aus dem Badezimmer trat. Sofort erreichte mich ein lieblicher Duft aus der Küche und mein Bauch begann augenblicklich zu knurren. Kein Wunder, meine letzte Mahlzeit lag ja auch schon ein Weilchen zurück. Das letzte Mal hatte ich gestern Morgen etwas zu mir genommen, mit Jan zusammen. Wir hatten auf meiner Matratze gegessen und leider nicht am Esstisch, weswegen ich im Nachhinein ziemlich nachdenklich und unsicher gestimmt war. War ich es nicht wert, mit mir an seinem Tisch zu essen? Solche Gedanken schwirrten mir damals durch Kopf und auch jetzt kamen sie wieder in mir hoch, doch ich versuchte sie zu verdrängen. Ich wollte jetzt an nichts Schlechtes denken! Wir wollten doch meine so gut wie sichere Festeinstellung feiern und nicht deprimiert in irgendeiner Ecke hocken! So hob ich meinen Kopf an, blickte fest zur Küche herüber und stampfte selbstsicher auf sie zu. „Hey, setzt dich schonmal!", meinte Jan, der mit dem Rücken zu mir stand und gerade noch irgendetwas in einer kleinen, alten Pfanne briet. Irritiert wollte ich gerade wieder zu meinem Bett steuern, da mahnte er mich streng: „Was machst du denn?! Setz dich an den Tisch und lauf nicht schon wieder weg!" Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch, zögerte einen Moment bevor ich mich, Jans Reaktion beobachtend, ganz vorsichtig auf einem der Stühle am Küchentisch nieder ließ. Jetzt durfte ich also doch hier sitzen? Einfach so? Hatte ich mir etwa umsonst Gedanken gemacht? Vielleicht war dieser Tisch doch nicht so wichtig für Jan, für mich hingegen hatte es sehr große Bedeutung mit jemandem zusammen Speisen zu dürfen ohne sofort an Grausamkeiten oder ähnliches denken zu müssen. Wenn das dann noch an einem richtigen Tisch, in einer völlig durchschnittlichen Küche stattfand, fühlte ich mich fast wie ein normaler Mensch. Fast, als wäre ich Teil einer ganz normalen Familie, auch wenn sie sehr klein war. Vor mir fanden sich zwei Teller auf der Tischplatte wieder, neben welchen je ein Messer lag. Brötchen und Ketchup standen auf dem Tisch, während Jan nebenbei bereits den Herd ausstellte und sowohl mir als auch sich selbst je ein goldbraunes, paniertes Fleischstücken auf den Teller legte. Er stellte die Pfanne beiseite und musterte mich streng. „Du siehst gut aus, aber pass' auf, dass du dich nicht voll kleckerst!", grinste er frech und streckte mir feixend die Zunge entgegen. Idiot! Kopfschüttelnd verspottete ich sein, um ehrlich zu sein, unglaublich niedliches Verhalten, als wir zu Essen begannen und Jan mir von einigen seiner heutigen Kunden im Einkaufsmarkt erzählte. Da waren wirklich einige witzige Fälle dabei, wie zum Beispiel ein jüngerer Mann der Masse an Frauen-Hygiene-Artikeln gekauft hatte! „Du hättest mal sehen sollen, wie peinlich ihm das war!", feierte Jan und ich konnte nicht anders, als in sein Gelächter einzusteigen. Sein Frohsinn steckte einfach an!
Als wir das Festmahl mit Schnitzeln, so nannte man dieses Gericht anscheinend, beendet hatten, erkundigte sich Jan, ob er sich denn kurz bei mir umziehen dürfe. Was für eine Frage?! Das hier war immerhin doch seine Wohnung! Natürlich durfte es dort alles tun, was er wollte und genauso sagte ich ihm das auch. Ach verdammt, würde ich das später noch bereuen, doch davon ahnte ich in diesem Moment noch nicht das geringste. Ich beschloss nämlich, schon einmal vor zur Straße zu gehen und dort auf meinen Begleiter zu warten. Ich wollte noch allein ein wenig frische Luft schnappen um einen klaren Kopf zu bekommen, bevor er zum Singen ging. Und so drückte mir Jan einen Regenschirm, sowie meinen Haustürschlüssel in die Hand und ließ mich flüchten, während er sich im Bad ausgeh- bereit machte.
Auf den Straßen war es noch kühler geworden. Zwar war der Sturm beinah vollkommen verzogen und auch der Regen hatte sich einigermaßen gelegt, doch nun setzte die Kälte der Nacht ein und ein leichter, feuchter Nebel bildete sich auf den Fußwegen und Asphaltstraßen. Er formte eine gespenstige Atmosphäre und auch das leichte Nieseln des Regens, das von oben herab auf meinen Schirm fiel, verbesserte die Situation nicht gerade. Es war beinah so wie in der vergangenen Nacht, die so prägend für mich war wie ein Poststempel für einen Brief. Noch immer überfuhr mich ein eiskalter Schauer, wenn ich daran dachte was gestern geschehen war und das würde sich sicherlich auch nie wieder ändern, weshalb ich eben nicht mehr daran denken durfte. Es war doch sicherlich eine einmalige Sache gewesen. Ich würde hoffentlich nie wieder jemanden töten müssen und genau deshalb musste ich mich auf die Gegenwart konzentrieren, auf Jan und auf den heutigen Abend, der sicherlich genauso verstörend werden würde, wie die Begegnung mit diesem Mann von gestern! Auf einmal hörte ich ein klacken hinter mir und zuckte erschreckt zusammen. Ich wandte mich blitzschnell zu dem Geräusch, welches wohl von einer zufallenden Tür ausgegangen sein musste, als mir plötzlich die Luft weg blieb. Denn als ich ihn dort stehen sah, setzte mein Herz für einen Schlag aus, nur um dann wie wild geworden weiter zu rasen. Wow! „Du siehst wunderschön aus!", sprach ich leise, konnte gar nicht anders. Ich musste das einfach sagen, denn es war die absolute Wahrheit und verdammt, wie Recht ich damit hatte! Mit roten Wangen blickte er zu mir auf. „Danke!", hauchte er leise und strich eine seiner roten Haarsträhnen beiseite. Jan, in seinem kleinen, weißen Tanktop mit diesem schwarzen Kreuz darauf. Wie er in seiner kurzen, hellblauen Hose zu mir hinauf sah, sein Gesicht hinter einem liebevollen Lächeln versteckend und wie seine weichen, lockigen Strähnen seine kleinen Ohren versteckten, war einfach atemberaubend. Seinen Pony hatte er sich aus dem Gesicht gestrichen, seine wilden Haare gezähmt und zurück gebunden, zu einer kleinen Knolle auf seinem Hinterkopf. Einzig zwei kleine Strähnen lugten heraus, eine links und eine rechts. Sie umspielten sein Gesicht elegant und er war so schön dabei, dass selbst die Sterne neidisch auf ihn waren, an jenem klaren Abend. In jener nebeligen Dämmerung. „Lass uns gehen!", nickte er mir sanft zu und setzte einen Schritt voran. Ich jedoch folgte ihm nur stumm, denn mein Herz schlug zu laut, als dass ich eine ordentliche Antwort hätte geben können. Es hatte mir einfach die Worte geraubt, ohne überhaupt etwas zu tun. Er war einfach nur da, einfach nur an meiner Seite, doch allein schon das reichte mir, um vollkommen glücklich zu sein. Mehr brauchte ich gar nicht, nur ihn, hier neben mir, wie wir zusammen den menschenarmen Fußweg entlang streiften.

Höllenkrieger- Legt die Waffen nieder!  || Boyslove! Yaoi!♡~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt