Raus aus dem Versteck!

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„Hey Schwuchtel!", motzte er und schubste mich gegen eine Wand. Ich schwieg und versuchte mir meine Schmerzen nicht ansehen zu lassen. Woher nahm sich der Typ eigentlich das Recht raus mich immer wieder jeden Tag zu quälen? Und warum zur Hölle begann mein Herz jedes Mal zu rasen, wenn ich ihn sah? Wieso hatte ich dann den Drang meine Lippen auf seine zu legen? „Hey Dennis, ist alles okay?", wollte Mia wissen und sah mich besorgt an, als ich die Klasse betrat. Sie wusste, dass Mik mich mobbte. Jeder wusste es, doch niemand hielt ihn davon ab. Niemand! „Ja es ist alles okay. Mach dir keine Sorgen.", versuchte ich sie zu beruhigen. Sie musterte mich skeptisch: „Na dann. Kommst du zu meiner Party heute Abend? Ich feiere in meinen 18ten rein.", erklärte sie und sah mich fragend an. „Aber nur weil du es bist.", meinte ich und lächelte. Ich ging fast nie auf Partys von Klassenkameraden, weil ich schon genug unter diesen Vollpfosten litt. „Danke.", sagte sie und nahm mich in den Arm. „Ey Schwuchtel, falsches Geschlecht! Andere Liga!", lachte Mik und sah mich mit einem fiesen Grinsen. „Mik, ich kann schon gut selbst auf mich aufpassen.", stellte Mia klar und setzte sich dann auf ihren Platz. Es gab Gerüchte, dass Mik auf Mia stand.

Am Abend machte ich mich dann auf den Weg zu Mia. Sie begrüßte mich mit einem freundlichen Lächeln und einer Umarmung. „Schön, dass du gekommen bist.", sagte sie und deutete an, dass ich ins Wohnzimmer gehen sollte. Es waren schon ein paar Leute da. Die meisten waren in unserer Klasse. Das Haus füllte sich und immer mehr Klassenkameraden und auch andere kamen. Mein Blick schweifte durch den Raum und blieb an der Tür hängen. Dort stand Mik und redete gerade mit Mia. Er lächelte charmant und strich sich durch die Haare. Ich seufzte. Warum zur Hölle musste der mieseste Kerl unserer Schule gleichzeitig auch der heißeste sein? Die Party nahm seinen Lauf und ich unterhielt mich mit ein paar Leuten, die ganz zu sein schienen. Ich merkte, wie ich immer betrunkener wurde, aber das war mir egal.

Lautes Stöhnen...

Seine Lippen auf meinen...

Das Klatschen unserer Haut...

Am nächsten Morgen wachte ich mit einem dröhnenden Kopf auf. Mein Blick schweifte durch das Zimmer. Es war das Gästezimmer von Mia. Ich drehte meinen Kopf und schreckte hoch. Neben mir lag jemand. Die Person hatte mir den Rücken zu gekehrt. Definitiv ein Kerl. Wie viel hatte ich denn gesoffen? Ich hob vorsichtig die Decke an und musste feststellen, dass ich vermutlich viel zu viel getrunken hatte. Wir waren beide vollkommen nackt. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, bis er sich plötzlich umdrehte. Mir stockte der Atem. Mik! Mein Blick viel auf seine zerkratzte Brust und die Knutschflecken an seinem Hals. „Fuck!", fluchte ich leise. Anscheinend nicht leise genug. Mik blinzelte und schlug die Augen auf. Er setzte sich auf und sein Blick traf mich. Schock! Purer Schock zierte sein Gesicht. „Was zu Hölle?", flüsterte er entgeistert. „Mik?", sprach ich ihn vorsichtig an. „Haben wir...?", er schluckte und seine Stimme brach weg. Ich hatte ihn noch nie so nervös gesehen. „Also so wie ich das sehe, würde ich sagen ja.", meinte ich leise. „B-Bist du sicher?", hakte er nach. „Die Kratzer auf deiner Brust und die Menge an Klamotten, die wir anhaben sprechen ganz klar dafür.", erklärte ich vorsichtig. Er schluckte wieder und sah an sich herunter. An seinem Gesicht sah ich, dass er langsam verstand, was die Kratzer auf seiner Brust hießen. „Ich...du...ich meine, hast du mich...", er schien völlig verwirrt. Ich konnte nicht anders und musste leise Lachen: „Meinst du ob ich dich gefickt hab?", fragte ich mit breitem Grinsen. „Ja, aber was ist daran jetzt so lustig?", wollte er wissen. „Erstens so wie es aussieht, war ich definitiv der aktivere von uns Beiden, sonst kann ich mir deine zerkratzte Brust nicht erklären und zweitens habe ich noch nie jemanden nach dem Sex so verwirrt und verstört erlebt, wie dich. Und falls du es nicht bemerkt hast, ich hab selbst keine Ahnung wie es dazu kam und was genau wir gemacht haben.", das Grinsen verschwand wieder aus meinem Gesicht. Mik schlug sich die Hände vors Gesicht: „Scheiße!", fluchte er und Tränen bahnten sich den Weg über sein Gesicht. „Hey warum weinst du jetzt?", fragte ich vorsichtig besorgt. Er sah mich mit glasigen Augen an: „Ich kann nicht.", sagte er knapp. „Was kannst du nicht?", wollte ich wissen. „Schwul sein. Ich kann nicht schwul sein.", brach es aus ihm heraus. „Aber warum denn nicht?", ich legte ihm eine Hand an die Wange und blendete völlig aus, dass er mich erst gestern gegen eine Wand geschubst hatte. Ich blendete auch aus, dass er mich vor drei Wochen ins Krankenhaus befördert hatte. „Meine Eltern. Sie sind dagegen. Sie haben gesagt, dass sie mich rauswerfen, wenn ich schwul bin.", ich zog ihn ohne weiteren Kommentar einfach an mich. „Seit wann weißt du es?", fragte ich sanft. „Seit drei Jahren. Da habe ich es ihnen gesagt und sie haben gesagt, dass ich entweder normal werden soll oder ich muss mir eine neue Unterkunft suchen.", erzählte er und löste sich wieder von mir. „Wie hast du es denn gemerkt?", hakte ich weiter nach. Vor drei Jahren ungefähr war ich nach Potsdam gezogen und am Anfang war alles okay, aber ein paar Monate später hatte Mik angefangen mir das Leben zur Hölle zu machen. „Ich hab mich verliebt. In einen Jungen. Ich war damals hoffnungslos verloren, doch als ich nachdem ich es meinen Eltern gesagt hatte, habe ich angefangen mich von ihm zu distanzieren und das schlimmste, ich habe angefangen ihn zu mobben.", seine Stimme klang aufrichtig und entschuldigend. „Mik?", sagte ich und er sah mir in die Augen. „War ich dieser Junge?", wollte ich wissen. Die Beschreibung mit dem passte nur auf mich. Es gab niemand Anderen den er gemobbt hat. „Ja.", gab er zu und sah mir in die Augen. Ich legte meine Hand wieder an seine Wange und zog ihn an mich. Ich merkte, wie er anfing nervös zu werden. „Ganz ruhig. Schau mir in die Augen.", forderte ich ihn sanft auf. Er nickte leicht und schaute mir dann in die Augen: „Ich hab mich auch in dich verliebt.", hauchte ich und verband unsere Lippen. Zu meiner Überraschung erwiderte er sofort. Wir lösten uns wieder und Mik wandte den Blick ab: „Warum?", fragte er leise. „Was meinst du?", wollte ich leise wissen. „Warum bist du in mich verliebt? Ich mache dir seit drei Jahren das Leben zur Hölle, also warum liebst du mich?", er sah mich neugierig an und ich verlor mich in deinen Augen. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich habe mir jeden Tag gewünscht, dass es nicht so wäre, doch ich kann es nicht ändern. Deine Augen ziehen mich in einen Bann, jedes Mal, wenn du mich berührt hast, hat mein ganzer Körper gekribbelt, obwohl jede Berührung dazu da war um mich leiden zu lassen. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mir einfach nur gewünscht habe, dass ich tot wäre, denn dann wäre ich dieses verdammte Gefühlschaos los.", erzählte ich leise. „Es tut mir leid. Ich wollte das nicht. Ich habe mich jeden Tag gefragt, warum ich das tue. Jedes Mal wenn ich dich geschlagen habe, hätte ich dich am liebsten an mich gezogen und meine Lippen auf deine gelegt. Verdammt, ich habe dich nicht verdient. Du verdienst jemanden, der zu dir steht und sich nicht versteckt. Jemand, der der ganzen Welt zeigt, dass er dich liebt.", er sah mir in die Augen und jedes Wort klang so ehrlich und liebevoll. „Was wenn ich nur dich will?", fragte ich leise. Er lachte auf: „Das wäre absurd. Dennis, ich kann nicht. Ich will ja, aber ich kann es nicht.", sagte er und wurde mit jedem Wort trauriger. „Mik, wir müssen es niemandem sagen. Es ist mir egal, ob es jemand weiß.", flüsterte ich und strich ihm mit dem Handrücken über die Wange. Er seufzte und sein Blick schweifte durch den Raum: „Und was willst du Mia erzählen, wenn sie uns hier findet?", er sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Die Wahrheit. Ihr ist das völlig egal und sie erzählt es auch niemandem.", versicherte ich ihm. Er schluckte und nickte dann zögerlich.

Kostory - OneShotsammlung #Wattys2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt