Seven.

8.8K 336 36
                                    

Wenn ich über meine Narben fuhr, kamen mir immer diese Erinnerungen, wie ich sie bekommen hatte in den Sinn. Man konnte mir im Krankenhaus nicht sagen wie viele Narben ich habe, es waren einfach zu viele und genau so viele Bilder gibt es dazu, zu jeder Narbe eins. Vielleicht glaubt mir das keiner wenn ich sage das die Bilder dann sofort hoch kommen wenn ich sie berühre, aber es ist leider so. Vielleicht hasse ich es deswegen Duschen oder Baden zu gehen weil Ich immer wieder an dieses schreckliche Jahr zurück erinnert werde. 

Bilder kommen hoch wie ich ausgepeitscht wurde, wie ich gegen die Wand geworfen wurde, wie mir Messer in den Magen gerammt wurden, wie er mich geritzt hatte, ganz knapp an den Pulsadern vorbei. 

Die Erinnerungen wie er lächelte, wie sehr es ihn glücklich machte, wenn jemand litt kamen immer wieder und würden auch immer wieder kommen. 

Ich blickte mein Spiegelbild an, ich war immer noch so dünn, zu dünn. Auch wenn ich jetzt wieder normal aß, dauerte es, bis ich erst mal wieder 46kg auf der Waage hatte. Es war selbst für mich manchmal unglaublich schrecklich meinen Körper zu sehen, meinen vernarbten Körper.

Ich fuhr langsam über meinen rechten Arm der vollständig tätowiert ist, trotzdem kann man noch immer jede Narbe spüren. 

Ich glaubte der Auslöser meines Aussehens kam daher, dass ich die Reaktion von meiner Familie gesehen hatte. Meine Mama konnte ich jede Nacht weinen hören, ich wusste das es ihr zu schaffen machte das mir sowas schreckliches passiert war. Sie versuchte nicht auf meine Narben zuschauen und wenn sie es doch tat, begann sie zu weinen. Meine Brüder, meinten ich sei immer noch wunderschön, aber ich wusste das sie meine Narben immer noch anstarrten, auch wenn sie es versuchten nicht auffällig zu machen, ich sah es. Megan, die Freundin meines ältesten Bruders Hunter, guckte erst zu den Narben und mich dann so mitleidig an, ich wusste das sie es nur gut meinte, aber das schlimmste auf der Welt ist Mitleid. Der einzige der nicht krampfhaft versuchte nicht auf meine Narben zu gucken, oder mich anders behandelte war mein Dad. Er war es auch der mich rettete. Er versuchte mich zum lachen zubringen, aber ich sah wie schwer es ihm fiel. Ich sah die Trauer die er hatte auch wenn er versuchte es weg zu lächeln, es klappte nicht immer.

Ich wollte aber nicht mehr das sie traurig waren, nicht wegen der Vergangenheit die man jetzt nicht mehr ungeschehen machen konnte. Sie sollten nicht traurig sein und sich die Schuld an allem geben und erstrecht nicht mit dem Grund das sie mich nicht beschützen konnten. Ich wollte das sie froh waren das sie glücklich waren das wir wieder alle zusammen waren und das alles vorbei war.

Also suchte ich mir einen guten Tätowierer und erklärte ihm die Situation genauso wie meine Geschichte. Er verstand es sofort, musste sich aber echt zusammen reißen nicht zu weinen und vereinbarte mit mir Termine da wir einen Arm nicht komplett tätowieren konnten an einem Tag. Ich hatte ja noch nie ein Tattoo davor gehabt. 

Ich versteckte meinen Körper in langen Sachen und kollabierte beinahe, da es einfach super warm in meiner Heimat Sydney ist. 

Als der Tätowierer den rechten Arm geschafft hatte mit der dazugehörigen Hand, nahmen wir uns den linken Arm vor, allerdings waren da nicht so viele Narben sodass wir nur einzelne Tattoo's stachen die, die Narben bedeckten und so wurde aus einem Tattoo, immer mehr.

Irgendwann fand ich meine Haare einfach nicht mehr passend und färbte sie mir lila.

Da ich aber schnell die Schnauze voll von lila hatte nahm ich gelb bis ich dann zu rosa kam. 

Aber rosa langweilt mich jetzt mittlerweile auch schon wieder. Ich renne jetzt schon seit knapp einem Monat mit der selben Haarfarbe rum. Das reicht mir jetzt aber echt. 

Gut das heute Samstag ist und ich weder in eine Vorlesung muss, noch was anderes machen muss. 

***

Ich grinste und fuhr mir durch meine neuen Haare. Sie sind weiß geworden. Ich meinte zu dem Friseur das er mir irgendwas in meine Haare klatschen darf, es sollte aber cool aussehen, und es dürfte weder Blond noch Braun sein. 

Tja, und entstanden ist ein weiß, was echt schön war. 

Es ging auch relativ schnell und eigentlich wäre ich auch schon längst Zuhause gewesen, wenn ich mich nicht verirrt hätte. Und mein Handy nicht seinen Geist aufgegeben hätte, denn dann könnte ich wenigstens Nathan anrufen. Aber nope, ich habe vergesse mein Handy zu laden. 

Das bin so typisch Ich. 

Ich fuhr mir etwas genervt durch meine Haare und drehte mich langsam im Kreis damit ich mal rausfand wo ich hier überhaupt war und was in meinem Umfeld lag.

Ich kniff meine Augen zusammen damit ich das kleine Schild eines Ladens lesen konnte. Irgendwas mit Tattoo's. Ich blickte kurz nach rechts und nach links um über die Straße gehen zu können. 

Es ist wirklich ein Tattooladen. Krass, der liegt voll abgelegen.. 

Vielleicht ist er ja sogar ganz gut sodass ich hier beginnen kann meine Oberschenkel zu tätowieren sodass ich wenigstens lange Hosen mit Löchern anziehen kann.


The scars I have.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt