Ignoranz

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„HEY!" „'Tschulding! Borg ich mir nur mal kurz!", rief sie zurück, als der Motor des Motorrads aufbrummte. Und sie düste los. Es regnete. Das Wasser stach ihr in den Augen. Doch sie ignorierte es und fuhr weiter. Sie spürte wie der Fahrtwind an ihrem Zopf zog, wie er sich langsam lockerte. Sie grinste, als ihre Haare offen hinter ihr her flatterten. Ich komme, Mr. J! Und niemand wird mich aufhalten!

„J!", rief sie, obwohl sie wusste, dass er sie definitiv nicht hören konnte. Ihre Stimme hallte durch die Straße. Sie fuhr mit vollem Tempo unter einer Brücke, überholte jedes Auto und versuchte den schnellen Lamborghini nicht aus den Augen zu verlieren. So langsam holte sie auf. Sie raste geradewegs an einem großen Laster vorbei. Plötzlich fiel ihr auf wie nah sie sich schon befand. Die Strecke zwischen ihr und dem Sportwagen war komplett leer, als ob die Fahrer wussten wer da vorne am Steuer des lila Autos saß. Vielleicht taten sie das ja auch wirklich? Harley drückte aufs Gas. Ihr Herz schlug schneller und schneller. Gleich würde sie ihn endlich wiedersehen. Ein Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Doch etwas Zweifel machte sich in ihr breit. Was ist, wenn er nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte? Dann... Dann... Dann sollte er sie einfach erschießen, dann würde sie wenigstens glücklich sterben. Sie wollte kein Leben mehr ohne ihn. Es war zwecklos. Das brummende Geräusch des Motors wurde immer lauter. Bald hätten nur noch ein paar Zentimeter gefehlt und sie hätte die Stoßstange des Lamborghinis berühren können. Doch das tat sie nicht. Sie fuhr außen rum, an die Fahrerseite und fuhr neben dem Auto her. Sie drehte ihren Kopf und schaute zum Fenster rein. Da war er. Der Joker, den Blick starr auf die Fahrbahn gerichtet, nicht mal ein Lächeln im Gesicht. Doch ein paar Sekunden später schien er etwas bemerkt zu haben, denn plötzlich schauten seine sturmgrauen Augen in ihre. Sie schaute ihn kurz hoffnungsvoll an, doch diese Hoffnung verschwand in kürzester Zeit, als diese wunderschönen Augen verdreht wurden und er den Blick von ihr abwandte und sogar seine Hand benutzte um sie aus seinem Sichtfeld zu bekommen. Plötzlich machte sich ein neues Gefühl bemerkbar. Ein Gefühl, dass sie nie wegen ihm verspüren wollte. Wut. Sie knurrte laut auf und gab Gas, fuhr dem Lamborghini voraus. Wie konnte er es wagen? Nach allem was sie für ihn getan hatte, sie einfach so zu ignorieren! Sie verdiente seine Zuneigung mehr denn je! Sie schaute kurz hinter sich, um sicherzugehen, dass der Joker weit genug von ihr entfernt war. Und dann wagte sie es, aus purem Adrenalinkick und purer Liebe, das Motorrad auf die Seite zu kippen und sich auf die andere Seite zu schwingen. Ein unerträgliches schauriges Quietschen, wie ein Fingernagel an der Schultafel, ertönte und die Funken sprühten dort wo das Metall gegen den Teer rieb. Es wurde langsamer und sobald es zum Stillstand kam, sprang Harley auf und stellte sich breitbeinig auf die Fahrbahn, um den Weg zu versperren. Sie sah wie der Sportwagen auf sie zugerast kam, doch sie wich nicht zurück. Entweder ihn oder der Tod. Sie hörte wieder ein unerträgliches Quietschen, sah wie der Lamborghini sich schnell verlangsamte und kein Meter vor ihr stehen blieb. Sie sah das genervte Gesicht des Jokers durch die Frontscheibe und sie verspürte den Drang irgendwas kaputtzumachen. Und da nichts Besseres in Reichweite war, schlug sie mit der flachen Hand so fest sie konnte auf die lila Motorhaube. „Du wirst mich nicht verlassen!", schrie sie und blickte dem Joker fest in die Augen. Dieser schüttelte nur grinsend den Kopf und murmelte irgendwas. Doch dann regte er sich und drückte die Tür auf und stieg aus. Er kam langsam auf sie zu, und Harley übersah nicht, wie anders er aussah. Viel wacher und lebendiger und sein Gesicht strahlte etwas gewisses Gefährliches aus. Das war ihr in den Sprechstunden gar nicht aufgefallen. Das silberne Jackett glänzte im Schein der Straßenlampen, das blutrote Hemd gab einen Teil seiner kreidebleichen, tätowierten Brust preis. „Ich habe alles getan was du getan hast! Und wie dankst du mir dafür? Mit Ignoranz?!", er kam mit fragendem Blick auf sie zu, „Meinetwegen bist du aus Arkham raus! Du solltest mir dankbar sein!" „Nun fahr mal runter, Harley!", sagte er ihr direkt in Gesicht, „Du warst nur ein ganz kleiner Teil meines Plans aus der Anstalt rauszukommen, meine Gang hätte das auch locker ohne dich hingekriegt!" Sie starrte ihn an und spürte, wie die Tränen langsam ihre Augen füllten. „Ich wollte dir nur beweisen, wie wichtig du mir bist...", sagte sie, schon deutlich leiser, „Dir beweisen, dass ich dich liebe..." Sein Gesichtsausdruck änderte sich nur kurz, doch dann lachte er leise. „Ich bin nicht jemand, der geliebt wird, Harley", er schaute kurz nach oben und schien zu überlegen. Plötzlich klatschte er in die Hände und schaute sie mit seinem Durchbohrendem Blick wieder an. „Ich hab eine Idee!", plötzlich ging er weiter auf sie zu, doch er ging an ihr vorbei und sie hörte seine Stimme von hinter ihrem Rücken, „Ich führe meinen Plan so durch, wie ich ihn geplant habe", er kam wieder hervor und stellte sich direkt vor sie, „Und du, Doktor, bist nicht Teil meines Plans." Ein lautes Hupen war zu hören, doch Harley ignorierte es. Sie nahm sein Gesicht in beide Hände und schaute ihm mit Tränen in den Augen direkt in seine. „Lass mich doch bitte nur ein ganz kleiner Teil deines Lebens sein...", er entriss sich aus ihrem Griff und wandte sich ab, „Ich verspreche dir ich werde dir nicht weh tun!" „Ein Versprechen?!" Und er lachte los. Plötzlich ertönte eine weitere Stimme. „Hey, du Schlampe, geh deine Probleme wo anders regeln-" Weiter kam der Fahrer des Lasters, der hinter ihnen gehalten hatte, nicht. Harley zog die Pistole des Jokers aus ihrer Schnalle an seinem Oberkörper raus und erschoss den Unterbrecher gnadenlos. Wie konnte er es wagen sich in so eine fremde Angelegenheit einzumischen?! Außerdem lebten sie in einem freien Land, da durften sie ihre Probleme dort regeln, wo sie wollten! „Das hätte ich an deiner Stelle nicht getan", meinte der Joker und betrachtete den toten Körper des dicken Mannes. Er wandte sich wieder Harley zu, doch was ihn erwartete, hätte er nicht gedacht. Seine Psychologin hielt den Arm noch immer ausgestreckt, die Pistole in ihrer Hand auf seine Stirn gerichtet. Er hielt die Hände hoch und lehnte sich so weit vor, dass die Pistole seine Stirn berührte. „Tu mir nicht weh...", plötzlich grinste er, „Ich bin auch dein Freund!" Fassungslos schaute sie ihn an. „Na komm, mach, wenn du dich traust", flüsterte er ihr zu und starrte ihr direkt in die Augen, „Tu es!" „Mein Herz macht dir Angst, aber eine Knarre nicht...?", murmelte sie unter Tränen. „TU ES!" Plötzlich griff er nach der Pistole und riss sie ihr aus der Hand. Er lachte und hielt sie sich selber gegen den Kopf. „Harley, zu wurdest so verrückt, man hätte fast denken können, dass du wahnsinnig bist", sie schaute ihn durch tränenüberflutete Augen an, „Nun geh weg!" Sie starrte ihn traurig an und fasste ein letztes Mal noch all ihren Mut zusammen. „Nein!", sprach sie laut und deutlich. „Wie bitte?!", nun starrte er sie fassungslos an, „Sag das nochmal!" „Nein!", schrie sie ihm ins Gesicht. Sie sah nur noch wie er ausholte, spürte den stechenden Schmerz an ihrer Wange, kippte zur Seite und es wurde alles schwarz.

Ich hab den Dialog zwischen den beiden etwas geändert, hoffe das ist Ok

Emergency Exit Madness - Abgebrochen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt