Harley öffnete ihren Mund, schloss ihn aber direkt wieder. Sie hatte keine Ahnung was sie antworten sollte. Und um ehrlich zu sein, wollte sie ihn einfach nur weiterhin anstarren und vor sich hin schmelzen. „Erm... Boss-" Der Joker hob jedoch die Hand und brachte Jonny damit zum Verstummen. „Ich weiß, dass du das warst, Jonny", der Grünhaarige wandte sich seinem Anhänger zu, das Grinsen war wie vom Erdboden verschluckt. Man konnte die Anspannung schon fast spüren, wie elektrische Energie, die die Luft zum vibrieren brachte. Alle Augen im Saal waren auf ihren Boss gerichtet. „Ich habe auch nichts dagegen", der Energiegehalt in der Luft fiel in diesem Moment von hundert auf fünfzig, die Haltung aller schien sich plötzlich wieder zu lockern, „Nur heute habe ich das." Sie stieg wieder auf hundert. Harley konnte Jonny schon fast schlucken hören. Monicas Gesichtsausdruck sprach Bände. Sie zitterte. Die Anwesenheit des Killers schien alles kippen zu lassen. „Harley", sprach er und wandte sich ihr langsam zu, „Komm mit." Und als er ihr seine Hand hinhielt, setzte ihr Herz einen Schlag aus. Was hatte er vor? Wollte er sie für irgendwas bestrafen? Hatte sie irgendwas falsch gemacht? Sie ergriff trotzdem seine Hand. Seinem Blick konnte sie nicht wiedersetzen. Sie stand langsam und zögernd auf, schaute noch einmal hinter sich. Alle schauten sie an, schienen irgendwas Schreckliches zu erwarten. Doch es passierte nichts. Dann schaute sie ihren geliebten Puddin' wieder an. Direkt in die Augen. Sie waren verschlossen, wie immer. Kalt und grau, wie ein Sturm, der die Sicht zur Sonne versperrte. Der Griff um ihre Hand wurde fester. In seinen Augen stand ein Befehl geschrieben. Er brauchte die Wörter gar nicht erst zu sagen, Harley verstand aus einem einfachen Blick. *Komm mit. Ich hab etwas vor.* Das stand wie mit schwarzem Stift in seine Augen geritzt da. Und das tat sie. Sie folgte ihm, als er sie leicht mit sich zog und ihre Hand dann losließ. Schnellen Schrittes ging sie ihm dicht auf den Fersen, traute sich nicht mal sich umzuschauen. Sie wusste, dass alle sie anstarrten und dass alle froh sein konnten, dass J seine Pistole nicht in der Hand hatte. Vielleicht hatte sie es sich ja nur eingebildet, aber seine Finger hatten einen Moment lang in dessen Richtung gezuckt. Und plötzlich hatte sie das Verlangen so schnell wie möglich hier raus zu kommen. Es fühlte sich so an wie eine Welle der Panik, die ihre Adern durchspülte und sie zum Zittern brachte. Ein ganz unruhiges Gefühl machte sich in ihren Armen und Beinen breit, sie hatte das Gefühl sie hätte im Sprint einen Marathon rennen können. Sie wollte da einfach weg. Sie starrte auf ihre Füße, versuchte sich zu beruhigen, versuchte gegen die Panikattacke anzukämpfen, die drohte über sie zu kommen wie ein Monster, dass seine Beute überrascht. Sie musste sich ein Ziel setzen und dieses Ziel war die Tür. Sie war nicht mehr weit weg, doch es fühlte sich so an als würde sie noch Stunden laufen. Sie fixierte ihren Blick auf ihr, versuchte nirgendwo anders hin zu gucken. Diese Aufmerksamkeit tat ihr nicht gut. Es waren diese vielen Augen, die sie anstarrten. Nur noch wenige Schritte. Sie hörte wie jemand die Tür aufdrückte, sah nur noch die helle Öffnung, wie ein Zufluchtsort wartete sie dort auf sie. Und dann war sie endlich durch. Endlich weg. Endlich entkommen. Sie sah alles ganz verschwommen, sie sah nur eine verschwommene große Gestalt vor ihr. Sie atmete schwer. Warum passierte das? Das durfte doch nicht passieren! Sie hatte diese Probleme doch schon vor Jahren hinter sich gelassen! Und nun kamen sie wieder, genau dann wo sie doch die Aufmerksamkeit am meisten brauchte! Die alte Harleen hatte gerade eben ihr Gesicht gezeigt. Sie war also doch noch vorhanden. Harley schloss kurz die Augen. Langsam wurde es besser. Und als sie sie wieder öffnete, schaute sie direkt in das Gesicht des Mannes, den sie unendlich liebte. In seinen Augen stand ein großes Fragezeichen. Sie lächelte etwas verlegen. Wie peinlich. Sie war gerade extrem schwach gewesen und er hatte es gesehen. Was dachte er nun von ihr? Und als sie bemerkte, dass er einen Arm als Stütze um ihre Taille geschlungen hatte, wurde ihr klar, dass sie mehr als nur schwach gewesen war. Ihr Körper war außer Kontrolle gewesen. „Ich glaube du hast mir einiges zu erklären", meinte er dann nach ein paar peinlichen, stillen Sekunden. Der Griff um ihren Körper lockerte sich und er ließ sie los. Sie schluckte. Sie wollte ihm nichts von ihrer grausamen Vergangenheit erzählen. Aber wenn er es so verlangte, musste sie es wohl tun. Er ging, mit ihr im Schlepptau, wieder die Treppen hoch, in Richtung des Flurs wo ihr und auch sein Zimmer lagen. Doch als Harley dort schon abbiegen wollte, hielt der Joker sie am Arm fest und hielt sie damit auf. „Eine Etage weiter hoch", meinte er grinsend. Harley, der noch immer etwas schwindelig war, seufzte leise, ging jedoch mit ihm die nächsten Treppenstufen hoch. Den ganzen Weg hatte er sich öfters mal zu ihr umgedreht, als ob er sich Sorgen machen würde. Doch warum sollte er? Vielleicht wollte er auch einfach nur gucken ob sie gehorsam war und ihm folgte. Jedenfalls hatte er sich immer mit einem Grinsen wieder von ihr abgewandt. Sie kletterte gerade die letzten paar Stufen hoch als sie hörte wie jemand eine Tür aufschloss. Und als sie oben ankam, wartete seine ausgestreckte Hand auf sie. „Na komm", sagte er, in einem überraschend netten, ruhigen Ton. Sie ergriff seine Hand mit einem schüchternen Lächeln und folgte ihm in einen weiteren langen Flur. Er war prächtig, einige Wände waren mit goldenen Zeichen verziert, sie alle sahen aus als hätten sie irgendeine Bedeutung. Doch Harley konnte keine Worte um den Joker zu fragen, denn als sie durch den Vorhang am Ende des Ganges gingen, klappte ihr Mund auf. Sie konnte sich gut vorstellen, dass er sie gerade von der Seite grinsend betrachtete. „Wow..." An einem riesigen Fenster, das eine wunderschöne Sicht auf die hell erleuchtete Stadt Gotham ermöglichte, stand ein einsamer, kleiner Tisch mit zwei Stühlen, einem Teller und zwei Weingläsern. In einer dünnen Vase steckte eine wunderschöne rote Rose und der Raum wurde von zwei schwach leuchtenden Diamantenkronleuchtern beleuchtet. „Ich hab gehört du hast Hunger", flüsterte plötzlich jemand neben ihr. Ein kleines Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. „Ja, hab ich", flüsterte sie zurück. Sie wurde an der Hand zum Tisch gezogen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er die ganze Zeit ihre Hand gehalten hatte. Vielleicht befürchtete er ja auch einfach nur, dass sie wieder die Kontrolle über ihren Körper verlieren würde. Das war gut möglich, bei seinem wunderschönen Anblick. Sie hatte alle Probleme von vor ein paar Minuten komplett vergessen. Und bevor sie es sich versehen konnte, saß sie auf dem Stuhl und er ihr gegenüber. „Puddin'... Ich weiß nicht was ich sagen soll..." Er schüttelte den Kopf. „Sag einfach nichts", meinte er mir einem Grinsen. Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass sich das Tor zu seinen Augen etwas geöffnet hatte, als ob sich etwas Sonnenlicht durch die Wolken gekämpft hatte. Und sie hoffte, dass sie noch mehr von diesen Strahlen bald zu Gesicht bekommen würde. In diesem Moment kam er ihr nicht vor wie ein verrückter Psychopath, der tausende Leute ermordet hatte und wird, sondern wie ein... nun ja... wie ein netter Mensch. Doch der Joker konnte doch kein netter Mensch sein, oder? Aber vielleicht lag es ja an ihr. Sie grinste. „Was?", fragte er, mit einem fragenden Blick. „Ach nichts, Puddin'." Er lachte leise. „Wie zur Hölle kommst du auf den Spitznamen?", er schüttelte den den Kopf, „Puddin'...?" Er lachte weiter. Sie zuckte mit den Schultern. „Ein Traum." Er schaute sie zweifelnd an. Aber sie sagte ihm nur die Wahrheit. Als sein Lachen verstummte, herrschte einige Momente lang eine peinliche Stille. „Also", sie blickte ihm, als er die Ruhe unterbrach, direkt in die Augen, „Was war das vorhin?" Irgendwie wunderte sie es schon, dass er das wissen wollte. Doch sein Blick war so stechend, dass sie antworten musste. „Panikattacke...", murmelte sie. Irgendwie hätte sie gedacht, dass er gelacht hätte oder gegrinst, doch sein Gesichtsausdruck blieb ernst, wenn nicht sogar etwas mitleidig. Sie schaute auf den leeren, weißen Teller, doch sie spürte noch immer seinen Blick auf sich. „Und warum?" Sie atmete einmal tief durch. „Die ganze Aufmerksamkeit... Irgendwie dachte ich, dass ich das hinkriegen würde, ich hab mich so mutig gefühlt in meinem neuen Körper, doch die Harleen in mir scheint noch etwas mehr zu existieren als ich dachte..." Es war komisch ihm das zu erzählen. War sie nicht eigentlich die mit psychologischen Erfahrungen? „Harley... es braucht Zeit um die Vergangenheit ganz zu vergessen..." Sie schaute in überrascht an. Er hatte die Augen etwas verengt. Es klang so als hätte er Erfahrung. Dieses Mal wurde die Stille von einem Licht unterbrochen. Ein grelles Licht. Harley starrte aus dem Fenster. Eine Fledermaus prangte an den Wolken. „Scheint wohl jemand Unruhe zu stiften", kicherte Harley. „Hm... nur dieses Mal bin ich es nicht." Sie schaute ihren Puddin' wieder an. Das Grinsen auf ihren Gesichtern wurde langsam immer und immer breiter. Und dann fingen sie an zu lachen. Zusammen zu lachen. Und dieses Lachen würde noch oft durch die Straßen von Gotham schallen. Das wusste Harley. Ganz genau.
Extra langes Kapitel! Nur für euch :)
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Emergency Exit Madness - Abgebrochen
Fanfiction"I'm not crazy - I'm just insane." Harleen Quinzel. Eine Psychologin im Arkham Asylum, gefangen in ihrer eigenen Einsamkeit. Sie trägt ein gebrochenes Herz mit sich rum - Sie hat niemanden. Ihre einzigen Freunde sind ihre Patienten im Asylum. Doch a...