Unbekannt

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„Joker!", rief jemand plötzlich hinter ihm. Er lief gerade durch den Flur bestückt mit den vielen Türen auf denen je ein goldenes Zeichen prangte, auf dem Weg zu seinem Schlafzimmer. Es war schon spät und er war gerade erst von seinem Club nach Hause gekommen, es gab viel zu regeln. Instinktiv griff er nach der Pistole unter seiner Jacke und drehte sich blitzschnell zur Quelle der weiblichen Stimme um. Erschrocken stolperte die Person ihm gegenüber einen Schritt zurück und starrte angsterfüllt den auf sie zeigenden Lauf der Waffe an. Dann schauten ihre hellen, grünen Augen in seine, er konnte die Panik in ihnen brodeln sehen. Er zog die eine nichtvorhandene Augenbraue hoch und ließ die Pistole sinken. „Was machst du denn schon wieder hier?", fragte er, als die Anspannung deutlich von den Schultern des Rotschopfs fiel. Sie ging noch ein paar Schritte auf ihn zu, blieb einen Meter vor ihm stehen. Der Joker blickte mit zusammengekniffenen Augen auf sie herab. Die Nervosität spiegelte sich noch immer in ihrem Verhalten, die Finger ihrer rechten Hand umgriffen fest den Saum ihres relativ kurzen, grünen Kleids und die linke fummelte mit einem der goldenen Knöpfe ihrer braunen Lederjacke. „Es geht um Harley", meinte sie und ein kleines Lächeln huschte über ihre rosigen Lippen, doch es verschwand schnell wieder, als sich in seinem Gesichtsausdruck nichts änderte, „Sie ist wach." Ein kleines Schmunzeln konnte der Grünhaarige nicht davon abhalten auf seinem Mund zu erscheinen. „Die Ärzte meinten, dass sie sie noch eine Woche im Krankenhaus behalten wollen und dann nach Blackgate verlegen." „Eine Woche", er nickte kurz, „Gut." Er wollte sich schon von ihr abwenden, doch ihre Stimme hielt ihn wieder auf. „Warte!", sie war schon im Inbegriff nach seiner Hand zu langen, doch er zog sie schnell weg, bevor ihre Finger seine blasse Haut auch nur streifen konnten. Die Pflanzendame schien etwas verwirrt über diese Geste und pausierte, bevor sie wieder ihren Mund öffnete. „Da ist noch etwas, das du wissen solltest..." Sie klang fast etwas traurig, so als ob es etwas Herzzerreißendes wäre, das sie gleich aussprechen würde. Sie stockte. Der grünhaarige Superschurke schaute abwartend auf sie herab. Sie war etwas größer als Harley, sie konnten sich fast direkt in die Augen schauen. Und das taten sie auch gerade. „Obwohl...", sie überlegte, „Ich denke es ist vielleicht besser, wenn Harley es dir selbst sagt. Und vielleicht interessiert es dich ja auch nicht, vielleicht ist es dir egal." Er lockerte seinen Blick jedoch nicht, sondern dieser wurde sogar eher intensiver. Pammy hätte schwören können, dass in seinen grauen Augen ein kleiner Sturm wütete. Er schüttelte langsam seinen Kopf, die scharfen Kanten seines Gesichts schimmerten im weißen Licht. „Wenn du schon anfängst, Ivy, dann musst du mir schon sagen, was du gerade erzählen wolltest." Sie zog die roten Augenbrauen zusammen, ein Ausdruck von Sorge erschien in ihren Gesichtszügen. Wieder zögerte sie, drückte die rosigen Lippen zusammen. „Aber-", die Wörter wurden in ihrem Rachen eingesperrt, als sich seine Augen verengten. Sie hätte es einfach sein lassen sollen. „Ganz ehrlich, Jake-", als sie diesen Namen aussprach, fiel der Ausdruck, den der Joker gerade noch getragen hatte, und wurde von fast erschrockener Leere ersetzt. Ivy korrigierte sich so schnell sie konnte. „Ich meine Joker!", etwas peinlich berührt fuhr sie fort, „Ich denke wirklich, dass Harley es dir selber erzählen sollte. Das ist etwas, in dem ich wirklich nicht mitmischen will, was ihr untereinander klären solltet. Es reicht schon, dass ich davon weiß." Sie lächelte. Die Leere war wieder von seinem Gesicht verschwunden, jedoch konnte sie seinen Blick jetzt überhaupt nicht mehr lesen. Einige Momente verstrichen, der lange Flur lag lautlos da, nichts regte sich. Bis der Verbrecher seufzte und seinen Blick von ihr abwandte und kurz auf den schimmernden, glatt polierten Boden schaute. „Na gut, dann geh", er sah ihr noch ein letztes Mal in die Augen. Er schien etwas zurückgenommen. Fast ein bisschen verunsichert. Sie wusste sie hatte etwas Falsches gesagt, sie wusste auch was. Aber es war nicht ihre Absicht gewesen. Sie analysierte seine Augen, der Sturm war definitiv erloschen, trotzdem versperrte eine Mauer von dunklen Wolken ihr die Sicht auf was auch immer sich dahinter verbarg. Sie nickte ihm nur nochmal lächelnd zu, drehte sich dann um und fing an den langen Flur wieder runter zu laufen, in Richtung Ausgang. Zurückblicken tat sie nicht, das würde nur Schwäche zeigen und so nervös sie schon gewesen war, musste sie nicht unbedingt noch kleiner wirken. Der Joker beobachtete ihre dünne, hochgewachsene Gestalt, wie sie immer weiter weg lief, bis sie nur noch eine schwarze Silhouette war. Jedenfalls sah die eine Persönlichkeit in seinem Kopf es so, auch wenn sie schon lange hinter der großen, schwarzen Tür verschwunden war. Ihre Präsenz tat ihm nicht gut, erweckte zu viele Erinnerungen an eine längst vergangene, fast vergessene Zeit. Es gab gute Gründe dafür, dass sie sich geschworen hatten, nie wieder ein Auge aufeinander zu legen.

Emergency Exit Madness - Abgebrochen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt