Bel betrachtete aufmerksam ihre weiß lackierten kleinen Fingernägel und schüttelte kichernd ihren Kopf, als sie die unzähligen unfeinen Stellen sah, wo der Nagellack auf ihrer Haut um die Nägel herum schmierte.
‚Ach, Bel', würde Mami jetzt sagen. Doch schimpfen würde sie nicht. Ihre Mami schimpfte nämlich nie mit ihr. Deshalb liebte Bel sie so sehr. Weil sie immer lachte. Sie lachte sogar, wenn sie mit schlimmen Schmerzen im Krankenhaus lag und sich nicht richtig bewegen konnte. Bel wollte in solchen Momenten eigentlich immer weinen, doch sie tat es nie, weil ihre Mami es auch nicht tat.
‚Immer lachen, Bel', sagte sie immer.„Ach, Mami", seufzte Bel, blickte von ihren schmierigen Fingern ab und fing an mit ihren Beinen herumzuwackeln. Sie fragte sich, warum die Stühle hier so groß waren, dass ihre Füße nicht den Boden berührten, wenn es doch ein Aufenthaltsraum für Kinder war. Das ergab für Bel keinen Sinn, doch sie lächelte bloß darüber. Sie hätte eigentlich gar nicht hier sein müssen. Tante Kelly hatte gesagt, sie solle hierhin gehen und spielen, weil Mami schlief, doch Bel wusste, dass der lustig aussehende Arzt etwas mit Tante besprechen wollte und Bel zu klein war, um zuzuhören. Doch Bel war nicht klein. Sie wusste, dass sie groß und reif genug war, um mit anhören zu können, was der Arzt über Mamis Krankheit sagen wollte. Sie war nämlich ein starkes und positives Mädchen.
Bel liebte ihre Mami über alles. Manche Menschen waren sofort traurig, wenn sie Bel sahen, was sie nicht verstand. Es war doch nichts schlimmes, wenn sie so krank war. Sie lachte doch immer. Und das war das wichtigste im Leben. Glücklich sein. Ihre Mami war trotz der Krankheit immer glücklich.
Sie beobachtete die Kinder, die mit den Spielzeugen spielten und hielt sich ihre Hand vor dem Mund, als ein Junge auf seinen Hintern fiel, um nicht losprusten zu müssen. Das wäre gemein. Dann fiel Bels Blick auf einen anderen Jungen in der Ecke und sie wurde sofort traurig. Der Junge hatte seine Arme um seine Beine geschlungen, seine Stirn auf die Knie gestützt und Bel wusste, dass er weinte. Sofort hüpfte sie von ihrem Stuhl runter und steuerte auf den Jungen zu.
Die lauten Geräusche, der spielenden Kinder um Arian herum machten ihn noch wütender. Er drückte seine Knie immer enger an sich, um mehr in die Unsichtbarkeit versinken zu können. Das war alles so unfair. Wieso er? Mama hatte immer recht, als sie sagte, das Leben wäre kein leichtes Spiel. Er wollte gerade einfach nichts von diesem Leben wissen. Nichts. Alles war doof. Jeder war doof. Jeder guckte ihn mit diesen großen traurigen Augen an. Jeder sagte :, Der arme Arian'. Nein. Arian war nicht arm oder so. Die Ärzte waren arm. Wieso konnten sie seine Mama nicht heilen? Wieso nannten sie sich dann Ärzte, wenn seine Mama immer so viele Schmerzen hatte?
Plötzlich spürte er eine warme Hand auf seiner und stoppte sofort seine Tränen. Er spannte sich automatisch an und wollte seine Hand eigentlich entziehen, doch etwas an der Wärme ließ ihn nicht. Es war schön. Ganz unauffällig spickte er auf die kleine Hand, die auf seiner lag. Es war ein Mädchen. Nagellack auftragen konnte das Mädchen jeden Falls nicht, dachte sich Arian und zog mit voller Wucht seine Hand weg und legte wieder seinen Kopf auf seine Knie.
„Nicht weinen."
Arian hörte es in ihrer Stimme. Mitleid. Das machte ihn zornig.
„Wir sind starke Kinder, wir weinen nicht", sagte Bel sanft und guckte vorsichtig den dunklen Haarschopf an, während sie ihre Hand wieder zurücknahm.
„Ich weine nicht und jetzt verschwinde", fauchte Arian, ohne hochzusehen. Wir sind starke Kinder?
„Das ist aber nicht nett. Meine Mami sagt, man sollte immer nett zu jedem sein...wie heißt du denn?"
Bel wartete ab und biss sich auf die Lippe, doch er machte keine Anstalten sie anzusehen oder mit ihr zu reden.
„Mein Name ist Annabella, mit zwei ‚n' und zwei ‚l' aber du kannst mich auch Bel nennen, ist nur mit einem ‚l'."Er hörte ihr kurzes Lachen.Wieso ging sie nicht einfach weg? Arian wurde immer wütender aber aus irgendeinem Grund beruhigte die Stimme und Gegenwart des Mädchen ihn. Annabella. Er fand es war ein schöner Name aber er würde ihr das nicht sagen. Sowas sagt man zu Mädchen nicht. Das bedeutet man ist verliebt. Er merkte, wie sie sich von ihm entfernte.
Bel eilte schnell zu der Vase auf der Fensterbank und nahm eine rote Rose heraus. Sie liebte diese Blumen. Diese war zwar nur eine Plastikrose aber dennoch, es war eine Rose.
„Hier, ich will dir diese Rose geben."
Sie legte sie neben ihm und kniete sich wieder vor ihm hin.
„Rosen muntern mich immer auf, wenn ich traurig bin. Sie sind so rot", versuchte sie es wieder entspannt.„Ich will deine Rose nicht."
Arian bemühte sich so genervt wie möglich zu klingen, damit sie ihn endlich in Ruhe ließ.
„Nö. Ich bleibe bei dir, bis du aufhörst zu weinen und mich anguckst."
Das würde sie nicht machen, dachte sich Arian. Sowas machte nie jemand für ihn. Alle taten immer nur so, als interessierte es sie, doch niemand wusste wirklich, wie er sich fühlte oder wollte ihm helfen. Doch als er eine ganze Weile abwartete und sie immer noch nicht verschwand, mochte er sie irgendwie direkt. Sie blieb tatsächlich für ihn.
Seufzend entschied er sich nachzugeben. Er achtete kurz darauf, ob seine Tränen auch schon getrocknet waren, sie durfte nicht sehen, dass er wirklich geweint hatte und hob sein Gesicht ganz langsam an.Dann sah er sie. Annabella.
Arian war sofort gebannt von ihrem Anblick. Annabella hatte nicht nur einen schönen Namen, ihr Gesicht war auch wunderschön, genauso, wie ihr langes, dunkelbraunes Haar. Seine Mama hatte so schöne Haare. Die Sonne brachte ihre braunen Augen, die ihn genauso erstarrt ansahen, zum leuchten. Es war, als würden all die lauten Kinder hinter ihr gar nicht mehr da sein. Arian sah nur sie. Und sie sah nur ihn. Ihn und die unglaublichen Augen. Solche Augen, die Bel noch nie gesehen hatte. Durchdringend, leuchtend und einzigartig.
Und dann lächelte sie. Erstmal leicht und dann immer breiter. So ein Lächeln, das Arian umgehend vergessen ließ, warum er hier in der Ecke saß und weinte. Ein Lächeln, das strahlte und ihn aufwärmte. Und dann lächelte Arian auch. Er musste einfach.
„Immer, lächeln", sagte Bel und reichte ihm die Rose, die er lächelnd annahm, ohne den Blick von ihr abwenden zu können.
„Meine Mami sagt, man sollte traurige Menschen immer in den Arm nehmen. Darf ich dich in den Arm nehmen?", fragte sie vorsichtig und weitete ihre Arme aus, obwohl sie schon ahnte, was die Antwort sein würde.
„Nein!", antwortete Arian total entgeistert und einerseits verwirrt darüber, dass er es eigentlich wollte.Unkontrolliert musste Bel losprusten. Laut und schallend fing sie an zu lachen.
„Dein Gesicht", murmelte sie in ihrer Lache.
Vorerst guckte Arian grimmig und beleidigt. Annabella lachte ihn einfach aus. Er wusste es einfach, Mädchen waren doof. Doch ihr Lachen war auch soooo schööön. Wenn er sie ansah oder hörte, fiel es ihm einfach schwer sauer zu sein, was ihn noch mehr sauer machte und irgendwie auch nicht. Dieses Mädchen war komisch.
Aber Arian konnte nicht aufhören zu lächeln. Das war das erste Mal seit langem.Das war das erste Mal seit Langem, dass Bel wirklich aus Herzen lachte. Sonst war es immer nur ein etwas vorgespieltes aber bei dem Jungen mit den tollen Augen und dem süßen Lächeln mit Grübchen fühlte sich Bel umgehend wohl und sie wusste, die würde nicht nachgeben bevor sie beste Freunde waren.

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Smile With Me
RomanceIch konnte die Hitze seiner Lippen an meinen spüren und hätte am liebsten die wenigen Millimeter zwischen uns sofort geschlossen. „Ich bin nicht gut für dich, Annabella", flüsterte er und strich brennend mit seinem Daumen über meine Lippe wobei sein...