Jedes Mal, wenn ich mein zuhause verließ, fühlte es sich komisch an. Heute war es sogar noch schlimmer, weil ich nicht wusste, wann und ob ich wiederkehren würde.
Ich sah aus dem Fenster, während im Radio passender Weise Hold on von Shawn Mendes lief. Harrys Hand lag auf meinem Bein und spendete mir etwas Trost. Wenn auch nicht genug, um meine Laune wirklich aufzubessern. Wir waren bereits kurz vor London, als ich Lya eine Nachricht darüber schrieb. Sie wollte selbstverständlich heute noch vorbei schauen, auch wenn es schon später Nachmittag und ich sehr erschöpft war.
„Ich werde gleich noch etwas einkaufen fahren, der Kühlschrank ist nämlich leer. Du kannst ja in der Zeit schon mal duschen.", sagte Harry und lächelte mich leicht an. Ich versuchte es, doch konnte das Lächeln nicht erwidern.
„Ich kann auch warten, bis Lya da ist!", schlug er schnell vor. Ich drückte seine Hand und schüttelte den Kopf.
„Nein, ist schon gut. Dann kann ich schon mal auspacken und mich um Sammy kümmern." Harry schien meiner Antwort nicht ganz zu trauen, sagte jedoch nichts mehr dazu.
Wir parkten in der Parkgarage und fuhren nach oben. Harry schloss die Tür auf, ich folgte ihm ins Wohnzimmer.
„Ok, Babe. Ich beeile mich und wenn etwas ist, ruf an.", sagte er und küsste mich auf die Stirn. Ich sah ihm hinterher und seufzte, als er die Tür hinter sich schloss. Die Erschöpfung gewann die Oberhand, weshalb ich beschloss duschen zu gehen. Das warme, prasselnde Wasser beruhigte mich etwas. Als ich angezogen aus dem Schlafzimmer trat, fand ich Harry und Lya im Wohnzimmer auf der Couch vor. Ich setzte mich zwischen die beiden und kuschelte mich an meinen Freund. Die beiden redeten erst über das Wetter und dann über Musik.
„Wann triffst du dich das nächste Mal mit Cam?", fragte ich leise. Harry strich mir die Haare von der Stirn und küsste meinen Scheitel.
„Nächste Woche, denke ich. Vielleicht auch erst übernächste."
„Für mich brauchst du nicht damit warten.", sagte ich und sah zu ihm auf. Dann blickte ich zu Lya.
„MJ... es ist normal, dass es dir jetzt noch gut geht und niemand verlangt jetzt irgendetwas von dir.", sagte sie.
„Es geht mir gut." Beide sahen mich zweifelnd an.
„Wirklich, es geht mir gut.", sagte ich und stand auf.
„Wenn du das sagst. Ich mache mich mal wieder auf den Weg. Wenn was ist, ruf an." Ich drückte meine beste Freundin zum Abschied und ging dann in die Küche, um endlich etwas zu essen. Harry legte seine Arme um mich, als ich in den Kühlschrank sah. Er küsste meinen Hals und legte dann seinen Kopf auf meine Schulter.
„Du bist so stark und mutig, doch das musst du nicht.", flüsterte er.
„Ich bin für dich da." Langsam drehte ich mich in seinen Armen um. Sein Blick traf den meinen und ich spürte in mir, dass ich hier genau richtig war.
„Danke. Du ahnst nicht, wie sehr ich dich liebe.", hauchte ich und strich über seine Wange. Harry legte sein Gesicht leicht hinein und lächelte mit geschlossenen Augen.
„So sehr, wie ich dich liebe." Er öffnete seine Augen und ich versank darin. Das Grün verschlang mich und verbreitete Ruhe in mir.
„Ich koche uns jetzt eine Kleinigkeit.", sagte Harry.
„Sehr gut, ich sterbe vor Hunger." Nach einem viel zu kurzen Kuss begann Harry mit dem Kochen. Ich hingegen ging in mein Arbeitszimmer. Wenn mir eines stets half, war es die Literatur. Die Worte, die ausdrückten, was ich nicht konnte, ohne es aufzuschreiben.
Ich schlich hinein, als könnte ich jemanden stören und setzte mich auf den Sessel in der Ecke. Auf dem Tisch daneben lag mein erstes Buch.
Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich Sammy an meinem Bein spürte. Ich seufzte, hob ihn auf meinen Schoß und streichelte sein Fell.
„Du wirst mich nicht alleine lassen, oder?", flüsterte ich. Sammy maunzte, als hätte er mich verstanden und wollte antworten. Ich drückte ihn an mich und schloss meine Augen. Die nächsten Tage und Wochen mochten schwer werden, doch auch das würde ich überstehen. Ich hatte Harry und die letzten Jahre hatten mich stark gemacht.
Es klopfte leise an der Tür. Harry streckte seinen Kopf hinein.
„Babe? Essen ist fertig.", sagte er. Ich setzte Sammy runter und folgte ihm dann zum Esstisch. Während des Essens sprachen wir über Harrys Musik. Ich trieb ihn an, den Song mit Cam aufzunehmen und sein Album zu produzieren. Vor ihm lag noch viel Arbeit und er sollte sie nicht für mich unterbrechen oder verschieben. Er versprach mir, Calum morgen anzurufen und sich nächste Woche mit ihm zu treffen. Im Gegenzug dazu versprach ich ihm, ihn bei jeder möglichen Entscheidung zu beraten und an so vielen Terminen wie möglich mit ihm teilzunehmen.
Harry schien jedoch noch etwas anderes auf der Seele zu legen.
„Was ist los? Ich sehe doch, dass dich noch etwas belastet.", sagte ich und legte die Gabel nieder. Harry lächelte ertappt und senkte den Blick.
„Gib mir deine Hand.", flüsterte er. Verwundert hielt ich sie ihm hin.
„Nicht diese, die andere.", bat er. Er ergriff sie und hob sie leicht an. Dann sah er mich an und sprach leise:"Dieser Ring steht für unsere Liebe. Er steht für das Leben, das wir gemeinsam verbringen werden." Er streichelte meinen Finger und drehte den Ring. Mein Puls raste.
„Ich weiß, es war nicht der passendste Moment. Ich hatte nicht vor, die Situation auszunutzen. Doch auch du kannst nicht leugnen, dass uns gerade jetzt bewusst wird, wie kurz und trostlos das Leben sein kann." Ich nickte und schniefte. Harrys Worte rührten mich zu Tränen.
„Wenn es noch immer dein Wunsch ist, meine Frau zu werden, wäre es mir eine Ehre. Ich lasse dir die Zeit, die du brauchst, doch ich denke, dass es eine Freude für viele Menschen in unserem Leben wäre, wenn wir ihnen zeigen, wie schön das Leben sein kann, indem wir heiraten." Ich hielt Harrys Blick stand und sammelte die Worte in meinem Kopf, bevor ich antwortete.
„Natürlich möchte ich dich noch heiraten. Ich liebe dich und will mein Leben mit dir verbringen. Lass uns ganz gemächlich planen und im kleinsten Kreis heiraten. Am liebsten nur du und ich."
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Understand (III)
ФанфікиEs wird einsam, wenn niemand da ist zum reden. Doch es ist gut zu wissen, dass es jemandem wichtig ist. Denn ich bin schon so lange auf diesem Zug. Menschen steigen ein und steigen aus. Ich bete, dass ich nicht vergesse, wo ich hingehöre. Und jed...