Kates Kopf war wie leer gefegt. Immer wieder fuhr ihre Hand unbewusst an ihre Wange und obwohl die Rötung schon lange zurück gegangen war, meinte sie manchmal noch immer, Henrys Finger auf ihrer Wange zu spüren.
Sie stellte den Brötchenkorb auf den Tisch und setzte sich dann zu Kendra.
Henrys Schwester war wie verabredet vor wenigen Minuten zum Brunchen gekommen. Sie wirkte etwas nervös und auch Kate konnte sich nicht richtig entspannen. Die ganze Zeit fragte sie sich, wo Henry wohl war und wann er wiederkommen würde.
Aber jetzt musste sie erst mal von ihren Problemen mit Henry abschalten und sich ganz auf Kendra konzentrieren. Denn die junge Frau, die so lustlos im Essen herum stocherte und viel blasser war als sonst, wirkte so gar nicht wie die Kendra, die sie kannte.
„Kenny." Kate wartete, bis ihre Schwägerin sie anblickte. „Wollen wir uns rüber aufs Sofa setzen? Dann können wir, denke ich, besser reden."
„Okay." Kendras Stimme zitterte leicht. Schweigend räumten sie gemeinsam den Tisch ab.
Da Kates Gedanken noch immer ständig zu Henry abschweiften, betete sie um Konzentration, bevor sie es sich neben Kendra auf dem Sofa bequem machte. Die junge Frau brauchte ihre ganze Aufmerksamkeit, nicht nur einen Bruchteil.
„Was ist los, Kenny?", fragte Kate sanft.
„Ich – " Eine erste Träne lief über ihre Wange und Kendra wischte sie energisch weg, doch dann begann sie doch zu weinen und verbarg ihr Gesicht in den Händen.
„Oh Kenny." Kate schloss die junge Frau sanft in ihre Arme, hielt sie einige Zeit lang nur fest und strich ihr in leichten, kreisenden Bewegungen über den Rücken.
Ohne sie zu drängen, wartete Kate, bis Kendra sich beruhigt hatte und sich schniefend aus ihrer Umarmung löste.
Mit einem Lächeln bedankte sie sich für das Taschentuch, das Kate ihr anbot. Sie schnaubte sich die Nase und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
„Ich – " Ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen und ihre Stimme versagte. „Entschuldige."
„Alles gut, lass dir Zeit." Erneut begann Kate, ihrer Schwägerin sanft über den Rücken zu streichen. „Willst du lieber noch ein bisschen warten?", fragte sie nach einigem Schweigen leise.
Energisch schüttelte Kendra den Kopf. „Nein, ich will es jetzt sagen." Wieder vergingen einige Minuten, bis sie sich so weit gefasst hatte, dass sie mit rauer Stimme hervor brachte: „Ich hab mit Landon geschlafen."
Bumm!
Die Bombe war zerplatzt.
Kate blickte ihre Schwägerin überrascht an. „Du hast mit Landon geschlafen", echote sie.
Kendra presste die Lippen zusammen und nickte. Eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und kullerte ihre Wange hinunter.
Kate fühlte sich ein wenig hilflos. Was sollte sie sagen?
Jesus, hilf mir, betete sie leise. Was soll ich tun? Was soll ich sagen?
„Die Woche vor Thanksgiving, als du in Houston warst...?", fragte sie leise, um ihre Gedanken zu ordnen.
Wieder nickte Kendra nur.
Kate schwieg kurz und versuchte, die Informationen zu verarbeiten. „Willst du mir erzählen, was genau passiert ist, Kenny?"
Kendra putzte ihre Nase und nickte erneut. „Ich war bei der Premiere", begann sie mit zitternder Stimme. „Landon hat sich wirklich gefreut, mich zu sehen. Wir waren zusammen essen, in einem Café, und haben viel geredet und so. Er hat mich sogar in dem gleichen Hotel unterbringen lassen, wo auch er war. Jedenfalls finde ich am nächsten Tag in einer der größten Klatschzeitschriften einen Artikel über Landon und mich. Ich wäre angeblich seine Affäre und mit mir wollte er seine Freundin eifersüchtig machen!" Aufgebracht schnaubte sie.
Kate nickte. Henry hatte ihr von seinem Telefonat mit seiner Schwester erzählt. „Du bist also zu Landon gegangen?", soufflierte sie.
„Ja. Ich hab es gerade so in sein Zimmer geschafft, bevor die ganzen Medien da waren. Landons Manager war auch schon da. Er war echt sauer, aber das hat sich gelegt, als wir ihm erklärt haben, dass wir Geschwister sind. Er hat es tatsächlich geschafft, uns ungesehen da raus zu bringen."
„Wohin?"
„Eine kleine Hütte etwas außerhalb von Houston. Dort sollten wir abwarten, bis Landons Manager das mit den Medien geklärt hat." Kendra stockte. „Es war klar, dass wir mindestens eine Nacht dort verbringen mussten und Landon hat schon angeboten, auf dem Sofa zu schlafen. Jedenfalls haben wir uns einen Film angesehen und... dabei ein wenig getrunken." Sie senkte den Blick und Kate fragte sich, wie viel wohl „ein wenig" war. „Und dann..." Kendra presste die Lippen zusammen.
Verstehend nickte Kate. „Was hat er danach gesagt?", fragte sie leise.
„Nichts." Kendra schluchzte auf. „Ich bin gegangen bevor er aufgewacht ist und hab den nächsten Flieger zurück nach Hause genommen." Sie verbarg schluchzend ihr Gesicht und Kate nahm sie in den Arm. „Er hat sich seit dem nicht mehr gemeldet."
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Whatever It Takes
Teen FictionEs ist ein Jahr her, dass Henry O'Ryan Kate McKinnley heiratete und noch immer ist sie die Frau seines Lebens - bis ein Unfall das Leben des jungen Ehepaars komplett auf den Kopf stellt. Henry sitzt im Rollstuhl - doch als wäre das nicht genug, wird...