34. Kapitel

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„Henry." Kate räusperte sich und setzte sich zu ihrem Mann an den Essenstisch. „Wir müssen etwas besprechen."

Sie hatten eine dreiviertel Stunde Zeit, bis Amber vom Einkaufen zurück kehren würde und diese Zeit wollte Kate für ein längst überfälliges Gespräch nutzen.

Ihr Mann hatte sich in den letzten Tagen seit Thanksgiving verändert und auch wenn Mark schon einen Tag später wieder abgereist war, hatte Kate das Gefühl, dass den beiden Brüdern das lange Gespräch im Garten gut getan hatte.

„Was ist denn?" Henry blickte von seiner Zeitung auf.

„Es geht um Amber", begann Kate, auf einmal zögerlich, ob sie nicht vielleicht doch übertrieb.

„Was ist mit ihr?"

„Henry... ich glaube, Amber... mag dich."

Ihr Mann blickte sie irritiert an.

„Mehr als das. Ich glaube sie hat Gefühle für dich", schob Kate als Erklärung hinterher.

„Amber?" Skeptisch blickte Henry sie an. „Kate..."

„Henry, ich sehe, wie sie sich in deiner Gegenwart verhält. Sie will es vielleicht selbst nicht wahrhaben, aber vor allem seit du ihr mit dem Lernstoff hilfst... ich glaube, es ist nicht gut, wenn du so viel Zeit mit ihr verbringst. Sie könnte sich trotz allem ermutigt fühlen. Mir ist klar, dass du das nie mit Absicht machen würdest. Vielleicht ist es besser, wenn Amber doch schon jetzt auszieht. Dann muss sie eben einen Kredit aufnehmen oder sich mit anderen Studenten oder AIPlern zusammentun. Maya und Kendra haben das ja auch geschafft."

Henry verzog den Mund. „Kate... meinst du nicht, du übertreibst ein bisschen?"

Kate schüttelte den Kopf. „Nein. Ich beobachte das schon länger, und wenn ich mir nicht wirklich sicher wäre, hätte ich nichts gesagt."

„Ich bin im Rollstuhl, kann mich immer noch kaum bewegen und du sagst mir, meine ehemalige AIPlerin würde auf mich stehen? Kate, bitte!"

Henry faltete seine Zeitung zusammen und warf sie energisch auf den Tisch.

„Ich weiß, wie Frauen ticken. Es ist lange nicht so abwegig, wie du denkst!", erwiderte Kate fest. „Das, was ihr habt, geht über eine Arbeitsbeziehung hinaus und auch über – "

„Wir haben keine Arbeitsbeziehung mehr, Kate. Du weißt genau, dass ich nicht mehr für Amber zuständig bin, weil ich nicht mehr arbeiten kann."

„Henry – ", setzte sie an, aber ihr Mann unterbrach sie wieder.

„Schluss mit der Diskussion, Katherine! Es gibt keinen Grund, Amber aus dem Haus zu werfen! Hör auf, so eifersüchtig zu sein und lass mir wenigstens die Freundschaft mit einem der wenigen Menschen, die mich verstehen und genauso behandeln wie vorher!"

Mit offenem Mund blickte Kate ihm hinterher, wie er den Raum verließ. Sie hatte sich den Verlauf des Gesprächs anders vorgestellt.

Ganz anders.

* * * * *

Als Kate drei Stunden später das Haus verließ und zur Arbeit fuhr, verhielt sich Henry ihr gegenüber noch immer reserviert.

Aber an seine Stimmungsschwankungen hatte Kate sich inzwischen fast gewöhnt.

Wo sie noch gestern gedacht hatte, er wäre wieder ganz der Mann, den sie geheiratet hatte, benahm er sich heute schon wieder abweisend und leicht reizbar.

Vielleicht lag es daran, dass in zwei Tagen die Frist der Physiotherapeutin ablief, was Henrys voraussichtliche Genesung betraf.

Kate sah Verbesserungen, die ihr Mann nicht sah. Sie bemerkte es, wenn unbewusst seine Zehen zuckte und merkte an seinen Reaktionen, dass er manchmal Schmerzen in seinen Beinen hatte – was bedeutete, dass ein wenn auch kleiner Teil seiner motorischen und sensorischen Fähigkeiten zurückkehrte.

Whatever It TakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt