54. Kapitel

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Kate saß auf dem Sofa im Wohnzimmer und las in einem Buch, als es an der Tür klingelte. Sie zuckte zusammen und blickte sich um.

Es war abends und Henry und Amber waren noch im Krankenhaus und hatten außerdem beide einen Schlüssel. Sie erwartete niemanden und für die Post war es zu spät.

Wer also könnte es sein?

Sie stand zögerlich auf. Normalerweise machte sie sich nicht so viele Gedanken darüber, wer vor der Tür stehen könnte, aber seitdem sie ständig beobachtet wurde, war sie vorsichtiger und ängstlicher geworden, besonders wenn sie alleine zuhause war.

Da es im Winter sowieso schneller dunkel wurde, zog sie meist die Jalousien sofort herunter, wenn sie kam, schaltete Licht an und drehte Musik auf, um das Gefühl zu haben, nicht so alleine zu sein.

Kate ging in den Flur und ärgerte sich, dass sie kein Guckloch in der Tür hatten, durch das man sehen konnte, wer draußen stand. Sie öffnete einen Spalt breit, bereit, die Tür im Fall der Fälle schnellstmöglich wieder zu schlagen zu können.

„Neela." Überrascht und erleichtert öffnete Kate ihre Tür ganz und nahm ihre Freundin in den Arm.

„Hallo, Kate. Ich hoffe, ich störe nicht, tut mir leid, dass ich so unangemeldet hier vorbei schneie."

„Kein Problem." Kate schüttelte den Kopf und bedeutete Neela, einzutreten. „Was ist denn los?"

„Nichts. Ich dachte nur, ich schaue mal vorbei und frage nach, wie es dir so geht, gerade nach dem, was du vorgestern erzählt hast." Neela zog ihre Jacke und Schuhe aus und folgte Kate in die Küche. „Was ich fragen wollte: Hast du gerade jemand anderen erwartet?"

Kate runzelte die Stirn, während sie heißes Wasser aufsetzte und zwei Teetassen aus dem Schrank holte. „Nein, wieso?"

„Du hast die Tür nur einen Spalt breit geöffnet, als würdest du nicht wollen, dass ich herein komme. Deswegen habe ich mich gefragt, ob du dachtest, dass dort jemand stehen würde, den du nicht sehen willst."

Kate schüttelte den Kopf, während sie Teebeutel in die Tassen hängte. „Nein. Ich werde wohl bloß langsam paranoid", seufzte sie und goss das heiße Wasser in die Tassen.

„Wie meinst du das?", hakte Neela nach.

„Ich weiß es selbst nicht." Kate nahm ihre Tasse und reichte Neela die andere. Gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer und setzten sich auf das Sofa. „Irgendwie hab ich das Gefühl, es wäre ständig jemand da. Hinter der nächsten Ecke, hinter der Tür, hinter meinem Auto oder versteckt im Gebüsch."

Mitfühlend legte Neela ihr eine Hand auf den Arm. „Glaub mir, ich weiß, was du meinst."

Kate biss sich auf die Lippe und kam sich auf einmal ein wenig kindisch vor. Sie jammerte, wenn sie einen Menschen ungewöhnlich oft sah, wohingegen Neela in ihrem Beruf wirklich in Lebensgefahr schwebte. „Tut mir leid. Ich komme mir dumm vor."

„Nein, das musst du nicht." Neela runzelte die Stirn. „Du solltest das lieber ernst nehmen, glaub mir. Ich will nicht, dass dir oder Henry etwas passiert!"

Kate lächelte halbherzig. „Henry glaubt nicht, dass es so weit kommen wird."

Neela runzelte die Stirn und forderte sie stumm dazu auf, weiterzureden.

„Er will nicht zur Polizei gehen", seufzte Kate. „Ich weiß auch nicht, wieso, aber er ist der Meinung, wir hätten zu wenig Beweise. Irgendwo stimmt das ja auch. Ich meine, ich bin die einzige, die ihn je gesehen hat. Er taucht nur auf, wenn ich alleine bin oder verschwinde schnell, wenn ich ihn jemand anderem zeigen will, als wüsste er schon vor mir, wann ich das tun will. Es ist einfach unheimlich, Neela, aber ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann."

Whatever It TakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt