44. Kapitel

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Schweißgebadet wachte Henry auf. Er brauchte einen Moment um zu realisieren, dass er wieder zurück in der Wirklichkeit war. Angespannt tastete er nach Kates Hand. Sie lag friedlich schlafend neben ihm.

Einen Augenblick verlor er sich in dem Anblick seiner zarten, jungen Frau. Sie sah aus wie ein Engel, fuhr es ihm durch den Kopf.

Er wusste nicht mehr, was genau er geträumt hatte, nur noch, dass er furchtbare Angst gehabt hatte, Kate zu verlieren.

Henry legte eine Hand auf ihren Bauch und spürte ihre gleichmäßigen Atemzüge.

Durch die Vorhänge ihres Schlafzimmers drang kein einziger Lichtstrahl, also musste es noch mitten in der Nacht sein.

Henry rollte sich auf die Seite, doch anders als sonst konnte er nicht wieder einschlafen. Er spürte dieselbe innere Unruhe in sich, die die letzten Tage beinahe durchgängig sein Begleiter gewesen war und die ihn nun anscheinend nicht einmal mehr nachts schlafen ließ.

Die Vorstellung davon, mal wieder ohne Schmerzen schlafen zu können, weckte eine tiefe Sehnsucht nach Frieden und Ruhe in ihm.

Apropos Schmerzen und Tabletten.

Henry richtete sich auf und presste seine Handflächen gegen seine Stirn, um den bohrenden Kopfschmerz zu lindern. Diese ständigen Schmerzen würden ihn auf Dauer noch umbringen!

Vielleicht sollte er Candy nächstes Mal nach einem stärkeren Medikament fragen, dass auch wirklich dauerhaft half und dessen Wirkung nicht nur wenige Stunden anhielt, wie die des Codeins.

Die Gefühllosigkeit in den Beinen war ihm lieber gewesen, als der ständige Kopfschmerz und das Stechen und Ziehen in seinem Rücken bei jeder kleinen Bewegung.

Mühsam wühlte Henry sich aus dem Bett und stand auf. Kurz wankte er und musste sich am Kleiderschrank festhalten, als ihn die Kopfschmerzen erneut mit voller Wucht trafen.

Mit langsamen, vorsichtigen Schritten lief er ins Bad. Kürzere Strecken konnte er immerhin schon ohne Krücken zurück legen, das war eine deutliche Erleichterung.

Aber heute fühlte er sich, als würde er auf Nägeln laufen, so sehr zog der Schmerz von seinen Fußsohlen bis hinauf in die Oberschenkel.

Als er in dem Spalt zwischen dem Badschrank und der Wand nach den Tabletten tastete, die Candy ihm gegeben hatte, konnte er das Zittern seiner Hände kaum noch kontrollieren.

Er wusste nicht mehr, wann er damit angefangen hatte, die Schmerzmittel vor Kate zu verstecken und darauf zu achten, dass ihn möglichst niemand bei der Tabletteneinnahme sah, aber es war besser so, ohne dass er erklären könnte, weshalb.

„Henry? Was machst du da?"

Henry drehte sich ruckartig um, als er Kates verschlafene Stimme hörte.

Er fühlte sich wie ein Dieb, der auf frischer Tat ertappt worden war. Dabei machte er doch gar nichts Schlimmes. Er hatte Schmerzen, also nahm er Schmerztabletten. Das war ganz normal.

„Ich habe Schmerzen", antwortete er seiner Frau gereizt.

Kate streckte den Arm aus und nahm ihm die Medikamentenpackung aus der Hand. Stirnrunzelnd las sie, was darauf stand.

„Das ist nicht das, was Lynn dir verschrieben hat. Und es ist deutlich mehr", stellte sie fest. Prüfend blickte sie ihn an.

Henry versuchte, die Situation zu überspielen und zuckte betont gelassen die Schultern. „Die Haswell-Apotheke hatte nur noch das. Der Wirkstoff ist etwas schwächer, deswegen haben sie mir mehr gegeben, als Lynn mir verschrieben hat."

Whatever It TakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt