13. Kapitel

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Mikey saß aufrecht in seinem Bett und blickte Kate erwartungsvoll an, als sie eintrat.

„Hey, Doc. Haben Sie mein Blut schon fertig untersucht?"

Kate lächelte. „Ist noch im Labor, Jersey, tut mir leid."

Mikey zuckte die Achseln. „Ist schon okay. Hauptsache, ich bin bis nächsten Sonntag wieder hier raus."

„Das kann ich dir leider nicht versprechen."

„Oh Mann! Aber da spielen die Giants! Ich wollte das unbedingt gucken! Gibt es hier im Krankenhaus einen Fernseher?" Hoffnungsvoll blickte er sie an.

„Ich werde mal sehen, was sich machen lässt, damit du dein Spiel nicht verpasst." Kate verdrehte belustigt die Augen. „Sag mal, Jersey, wie geht es eigentlich deinem Vater?", fragte sie ziemlich unvermittelt.

Sie wurde den Gedanken an Mr Williams' blasses Gesicht und seinen verletzten Gesichtsausdruck nicht recht los.

„Daddy? Ich bin mir nicht sicher. Er war vorhin ein bisschen komisch. Haben Sie mit ihm gesprochen?"

„Nur kurz." Kate biss sich auf die Lippe. „Aber Mikey... wegen vorhin noch mal..."

„Was denn? Wollen Sie doch nicht wetten?" Enttäuscht blickte Mikey sie an.

„Was?" Irritiert strich sich Kate eine Haarsträhne hinter ihr Ohr zurück, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte.

„Die Wette. Sie geben doch nicht auf, oder?"

„Ach das." Erst jetzt erinnerte sich Kate wieder, dass sie vorhin mit Mikey gewettet hatte, die Houston Texans würden nicht gegen die New York Giants verlieren. „Nein, quatsch! Ich wollte dich was anderes fragen."

„Na dann. Ich beiße nicht. Also, keine hübschen Frauen", grinste Mikey frech.

„Du bist unmöglich!" Kate musste lachen und ihr junger Patient lachte mit ihr mit.

Darum liebte Kate es, Kinderärztin zu sein: Sie konnte Kindern Hoffnung geben und bekam gleichzeitig noch mehr zurück, als sie gab. Freude, Liebe und Freundschaft.

Sie holte tief Luft, griff dann vorsichtig nach Mikeys Arm und schob den Ärmel des Krankenhemdes bis zu seiner Schulter nach oben. Bei dem Anblick der beiden großen Blutergüsse musste sie schlucken. „Mikey... Woher kommt das?", fragte sie leise.

Der Junge zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht. Ich bin manchmal ziemlich tollpatschig. Gestern erst bin ich gegen die Tür gerannt und heute habe ich mir beim Sport das Bein gebrochen..."

„Mikey, bitte sage mir die Wahrheit." Kate blickte ihm tief in die Augen und betete, dass er sie nicht anlügen würde. „Hat dir jemand wehgetan?"

Mikey blickte sie zögernd an. „Nicht mein Daddy."
„Sondern?" Ernst schaute sie ihn an.

„Die in der Schule", platzte es aus Mikey heraus. „Ich habe letzte Woche mit Cassy, der Freundin von Melvin geredet. Nach der Schule hat er mir gesagt, dass ich das nicht mehr machen soll, sonst würden sie dem Schulleiter petzen, dass ich letztes Jahr das Schließfach der Sekretärin angemalt habe."

„Haben sie dich verprügelt?"

„Na ja, nicht richtig. Melvins Freunde haben nur meine Arme festgehalten, damit ich nicht wegrenne, als Melvin mir verklickert hat, dass ich nicht mehr mit Cassy reden soll."

„Und davon hast du die Blutergüsse?"

Mikey zuckte die Schultern. „Ich schätze mal schon."

Kate atmete tief aus. Also wurde er weder Zuhause, noch regelmäßig geschlagen. Aber trotzdem müssten die Blutergüsse nach einer Woche längst nicht mehr so dunkel sein, abgesehen davon, dass Melvins Freunde wirklich sehr fest hätten zudrücken müssen, um solche Spuren zu hinterlassen. Solche Kraft hatten keine zwölfjährigen Jungen.

Whatever It TakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt