91. Kapitel

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Unschlüssig blieb Henry mitten im Hotelzimmer stehen, während Kate sofort zu den großen, bodenlangen Fenstern ging, eines davon öffnete und auf den Balkon trat, kaum dass Mark und Josh sie alleine gelassen hatten.

Sie wollte anscheinend alleine sein - und das war ihm recht. Es war ein Uhr nachts und sie würden zum ersten Mal seit Kate vor fünf Wochen ausgezogen war wieder eine Nacht im selben Raum verbringen.

Er schätzte, dass Kate genauso wenig einschätzen konnte, wie sie sich verhalten sollte, wie er.

Henry blickte sich um. Obwohl New Hale gerade einmal doppelt so groß war wie Whitingham, hatte die Stadt einige deutlich besser ausgestattete Hotels.

Henry und Kate hatten ein geräumiges Doppelzimmer bekommen, das man in Whitingham als Suite und in Brendshire als Luxuswohnung bezeichnet hätte. Es war seltsam, wie sehr die Maßstäbe von Stadt zu Stadt variierten.

Henrys Blick blieb an dem Doppelbett hängen, dessen Laken und Bezüge aus weißem, gestärkten Leinen bestanden.

Sie hatten als Harry und Sheila Roberts eingecheckt, als Ehepaar. Kein Wunder, dass sie ein solches Zimmer bekommen hatten.

Wie hätte er es auch seinem Bruder erklären sollen, dass sie zwei Betten bräuchten? Eins für sie beide und eins für die Zimmerpflanze? Wie überaus überzeugend!

Ein Windstoß wehte herein und die kalte Luft brachte Henry zum Frösteln. Wie hielt Kate es nur bei Minustemperaturen draußen auf dem Balkon aus?

Das passte so gar nicht zu dem Hotel, das entsprechend seines Namens, Aloha Bay, auf Hawaiianisch getrimmt war und so in der gesamten Hotelanlage ein sommerliches Klima imitierte.

Obwohl die Müdigkeit ihn beinahe zu überwältigen drohte und er wusste, dass er sich mit warmem Wasser abduschen sollte, um nicht krank zu werden, wollte er vorher zumindest kurz mit Kate reden.

Er ging zu ihr auf den Balkon und zog die Tür hinter sich zu, damit die kalte Luft nicht auch die Zimmertemperatur herab kühlte.

Mit verschränkten Armen und einem guten Meter Abstand, stellte er sich neben sie.

Die Aussicht war wirklich begrenzt. Man sah direkt auf die zweispurige Straße mit den breiten Bürgersteigen und auf die Wohnhäuser auf der anderen Straßenseite.

Es brannte nur noch in zwei Fenstern Licht. Hinter einem davon musste sich sein Bruder befinden, aber er konnte nicht ausmachen, um welche der beiden Wohnungen es sich handelte.

Henry stützte die Arme auf dem Geländer ab und blickte nachdenklich nach unten.

„Kate", begann er schließlich. „Wir sollten reden." Er hätte erwartet, dass sie ihm ihren Blick zuwenden würde, sobald er anfing zu sprechen, doch sie starrte weiterhin stur geradeaus.

„Heute Nacht wird das wohl eher nichts mehr, weil zumindest ich ziemlich fertig bin und wahrscheinlich kaum zusammenhängende Sätze herausbringen würde."

Er hustete rau. Eine Erkältung war wirklich das Letzte, was er zusätzlich zu seinen, glücklicherweise bereits beinahe überstandenen, Entzugserscheinungen brauchen konnte.

„Aber da gibt es etwas, das wir jetzt noch klären sollten."

Jetzt, endlich, hob sie den Kopf und sah ihn an. „Heute Nacht?"

„Ja." Henry räusperte sich unbehaglich. „Wie machen wir das mit dem Bett?"

Ihre Augen flatterten. „Was willst du damit machen?" In ihrer Stimme schwang ein leichtes Misstrauen mit.

Whatever It TakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt