97. Kapitel

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„Du willst was?" Mark, der sich gerade ein neues T-Shirt hatte überziehen wollen, hielt mitten in der Bewegung inne und starrte seinen Partner an, der ihm soeben eröffnet hatte, ISASP verlassen zu wollen.

„Ich habe eine Freistellung vom Dienst erwirkt, es ist alles mit Ian Jacobs abgesprochen. Das hier ist mein letzter Fall, in dem ich aktiv bin." Josh sah ihn mit einer Ruhe an, die ihn aufbrachte.

„Und wann bitte hast du das gemacht?"

Joshs Ankündigung war unerwartet gekommen und zog ihm völlig den Boden unter den Füßen weg. Warum hatte sein Partner ihm nicht schon viel früher gesagt, dass er sich mit dem Gedanken trug, ISASP zu verlassen?

„Seit vier Tagen ist die Kündigung durch."

Auf Joshs Gesicht war nicht der Hauch von Unsicherheit oder auch nur ansatzweise ein schlechtes Gewissen zu sehen. Was bedeutete, dass er es wirklich ernst meinte und sein Entschluss unumstößlich feststand. Aber auch so hätte es nach dem Gespräch mit Ian kein Zurück mehr gegeben.

Zu kündigen war schwer, beinahe unmöglich, und danach konnte man nicht mehr zu ISASP zurückkehren.

Josh musste schon seit Wochen wissen, dass er den Geheimdienst verlassen wollte.

„Warum sagst du mir das erst jetzt?"

Langsam sickerte die volle Tragweite von Joshs Entscheidung zu ihm durch. Es waren die letzten Tage, die sie zusammen verbrachten. Wer wusste schon, wo Josh danach leben würde.

Vielleicht würden sie sich ein paar Stunden im Jahr sehen, aber nicht öfter, und das, nachdem Mark so daran gewöhnt war, so gut wie nie ohne seinen besten Freund zu sein.

Die letzten neun Jahre hatten sie beinahe ununterbrochen zusammen verbracht. Sollte das jetzt wirklich einfach so vorbei sein?

Mark raufte sich die Haare und blickte Josh verständnislos an. „Ich dachte immer, wir würden uns alles sagen, was uns beschäftigt!"

„Ich war noch nicht so weit, es jemandem zu sagen."

„Außer Ian!", spottete Mark wütend.

„Mark, hör zu." Josh blickte ihn ernst an. „Das ist immer noch allein meine Entscheidung gewesen. Ich habe dir nichts davon gesagt, weil ich wusste, dass du mich davon abhalten würdest wollen. Aber ich weiß, dass diese Entscheidung richtig war und es war wichtig für mich, sie alleine zu treffen. Ich habe es mir nicht leicht gemacht, glaub mir, aber dazu brauchte ich nicht noch ein zweites schlechtes Gewissen!"

Das tat weh.

Es war einer der seltenen Momente, in denen Josh wirklich wütend war.

Mark stand auf und ging zum Fenster, von dem er direkt auf das von Lichtern und Laternen erhellte Aloha Bay blickte, das sich deutlich vom dunklen Nachthimmel abhob.

„Ich halte dich also davon ab, das Richtige zu tun", fasste er Josh Worte zusammen und wandte sich wieder zu seinem Freund um, mit verschränkten Armen an das Fensterbrett gelehnt.

Josh verdrehte die Augen. „Nein, nicht generell. Aber ich weiß genau, dir vorher von meinen Gedanken zu erzählen, hätte bedeutet, dass ich zulassen würdest, dass du mich überzeugen könntest. Es war auch für mich keine leichte Entscheidung, das kannst du mir glauben und es fällt wirklich schwer, ISASP und vor allem dich zu verlassen. Mein Herz hängt an dieser Arbeit. Ich liebe es, dass wir Kollegen und beste Freunde sein können, ich liebe es, zu reisen, Fälle zu lösen und die Welt jeden Tag ein Stückchen besser zu machen. Aber noch mehr, über das alles, liebe ich meine Familie, Mark. Zu sehen, wie Maya kämpft, und wo Ryan drin steckt, bricht mir das Herz. Ich kann so nicht länger weitermachen. Ich habe viele Fehler gemacht, gerade, im Bezug auf sie. Die beiden brauchen mich, schon die ganze Zeit, und ich habe sie viel zu lange alleine gelassen. Ich dachte, ich muss erst mein eigenes Leben auf die Reihe bekommen, um ihnen helfen zu können, aber bis es auch nur halbwegs so weit war, hat es lange gedauert... Mittlerweile glaube ich, dass das ein falscher Ansatz war. Ich muss nicht erst perfekt sein, um meinen Geschwistern zu helfen, sonst nehme ich ihnen die Möglichkeit, aus meinen Fehlern zu lernen."

Whatever It TakesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt