„Mit wem schreibst du?", fragte Kendra mehr gelangweilt als wirklich interessiert, aus welchem Grund Ryan auf den Bildschirm seines Smartphones einhämmerte.
Sie beobachtete, wie die Regentropfen die Fensterscheibe hinunterliefen, während sie sich ihre Hände an ihrer Tasse heißen Kakaos wärmte. Bereits seit anderthalb Stunden saß sie mit Ryan Tucker in dem kleinen Café, in das sie sich vor dem Regen geflüchtet hatten.
Die Gesprächsthemen waren ihnen schon lange ausgegangen, abgesehen davon, dass keiner von ihnen wirklich Interesse an einer Konversation hatte. Aber das Schweigen wurde Kendra dann doch zu unangenehm.
Ryan blickte natürlich nicht auf, als er ihr antwortete: „ Mit Landon."
„Bitte was?" Kendra setzte ihre Tasse etwas zu schwungvoll ab, sodass der heiße Kakao über den Rand der Tasse schwappte und über ihre Finger lief.
Sie sog scharf Luft ein und griff schnell nach einer Serviette, die sie auf ihre Hand presste. Hitze durchzuckte ihre Finger und Tränen schossen ihr in die Augen.
„Kein Grund, hier alles zu überschwemmen." Ryan lehnte sich mit verschränkten Armen lässig in seinem Stuhl zurück und grinste sie herablassend an.
Was für ein arroganter Kerl! Kendra schenkte ihm einen – wie sie hoffte – vernichtenden Blick und versuchte den Schmerz zu ignorieren, den ihre Finger ausstrahlten.
Als ob sie nicht schon genug Verbrennungen hatte!, dachte Kendra bitter und warf unwillkürlich einen Blick auf ihren Fuß. Obwohl sie wusste, dass ihre Socken und ihre Hose die Narben verbargen, die von der schweren Verbrennung aus dem Gebäudebrand vor zwei Jahren und der folgenden Hauttransplantation geblieben waren, hatte sie immer Angst, dass es trotzdem jemand sehen könnte.
„Also." Verärgert, dass sie zugelassen hatte, dass ihre Gedanken so weit abdrifteten, schob Kendra ihre Tasse auf dem Tisch ein Stück nach vorne. „Seit wann hat Landon ein Handy?"
„Lange. Mittlerweile hat jeder ein Handy, Kenny." Ryans Handy vibrierte und er las die eingetroffene Nachricht. Mit einem Lächeln auf den Lippen begann er erneut zu tippen, als wäre Kendra gar nicht da.
„Kannst du mir vielleicht seine Nummer geben?", fragte Kendra und gab sich Mühe, möglichst unbeteiligt zu klingen.
Sie hasste es, Typen wie Ryan Tucker um einen Gefallen bitten zu müssen, aber sie wollte endlich wieder einmal mit Landon sprechen.
Weder sie noch ihre Familie wussten, wo er sich derzeit aufhielt oder wie es ihm ging und was er arbeitete. Jeglicher Kontakt musste von ihm ausgehen, was selten genug vorkam. Er hätte in den letzten zwei Jahren heiraten können und keiner der O'Ryans hätte es mitbekommen.
Der einzige, der die Möglichkeiten hätte, Landon zu finden, war Kendras großer Bruder Mark, aber der wollte Landon nicht hinterher spionieren und war davon überzeugt, dass er, wenn er die Beziehung mit den O'Ryans aufrecht erhalten wollte, irgendwann zurückkäme.
„Er wird schon einen guten Grund haben, sich nicht bei euch zu melden. Und ganz ehrlich, einen dieser Gründe kann ich sehr gut nachvollziehen, denn er sitzt gerade vor mir." Ryan blickte sie provokant an.
„Idiot!", knurrte Kendra leise.
„Was hast du gesagt?"
„Nichts." Wütend zog sie ein Buch aus ihrer Tasche. Viszeralchirurgie.
Kendra seufzte, als sie wahllos eine Seite aufschlug. Alles war besser, als sich mit diesem arroganten, aufgeblasenen und egozentrischen Typen unterhalten zu müssen! Wenigstens konnte sie sich so auf ihre nächste Prüfung in zwei Wochen vorbereiten.
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Whatever It Takes
Teen FictionEs ist ein Jahr her, dass Henry O'Ryan Kate McKinnley heiratete und noch immer ist sie die Frau seines Lebens - bis ein Unfall das Leben des jungen Ehepaars komplett auf den Kopf stellt. Henry sitzt im Rollstuhl - doch als wäre das nicht genug, wird...