20. Elias

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Freitag, 18. Dezember 2009

"Wir müssen da rein!", protestiere ich und winde mich aus Bens Klammergriff. Versuchten Klammergriff, denn sein Arm spielt noch nicht so mit, wie er eigentlich sollte.

"Ben, lass ihn los!", kommt May mir zu Hilfe.

"Können wir nicht erst einmal abwarten, was passiert? Sie macht das doch gut", schnauft Ben. „Vielleicht steht sie kurz vor einem Durchbruch und wir stören sie nur."

Wir sind keine Ratten, die einen von Ihresgleichen das Futter probieren lassen, nur um dann darauf zu warten, dass er umkippt und mit zuckenden Beinchen am Gift verreckt oder quietschfidel herumspringt.

„Nein!", rufen May und ich gleichzeitig. Wir lassen Samira eben nicht als Laborratte allein mit einer durchgeknallten Diskogöttin in der Seifenblase im Stich, auch wenn die Zwei gerade in seliger Zweisamkeit auf dem Boden sitzen und entspannt zu plaudern scheinen. Wer weiß, was die beiden da drin bereden. Hier hört man kein Wort, die Musik dröhnt zu laut. Samira könnte Hilfe benötigen oder wir müssen sie davon abhalten, eine unglaubliche Dummheit zu begehen.

May strafft ihre Schultern und marschiert auf den Ruhepol zu. Ein junger Mann mit tätowierten Oberarmen wird aus dem Weg geschoben und schüttelt ärgerlich den Kopf.

Mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen beobachte ich dasselbe, was zuvor schon mit Samira geschehen ist: Für einen winzigen Augenblick verzerrt sich Mays Gestalt, als würde man sie durch ein Kaleidoskop betrachten. Dann ist sie durch und steht einen Meter von der Stelle entfernt, an der sie den Kreis betreten hat. Der May-Biene dreht es den Magen um.

Inzwischen habe ich all meine Bienen, bis auf drei, zurückbeordert. Die Nebelschwaden bringen sie zwar nicht um, doch mir wird speiübel, wenn sie hindurchfliegen. Es schnürt mir die Luftröhre zu und ich muss mich zusammenreißen, wenn die Maschinen loszischen und das Licht anfängt zu flackern. Beim Tanzen kann ich das alles vergessen. Da gibt es nur die Musik und meinen Körper. Doch der Rest dieses Ortes lässt meine Beine zittern, obwohl ich weiß, dass es nicht der Tunnel ist.

Ich stupse Ben an und trete auf May, Samira und die Göttin zu. Die Zeit verlangsamt sich. Unter meiner Haut beginnt ein Kribbeln und Reißen, als würde mein Körper versuchen in die volle Schwarmform zu wechseln. Ich konzentriere mich auf die Schwachstellen: Das Bein und der Finger, der zu viel Kälte spüren musste. Das Ambrosia hat geholfen, doch er wird noch zwei Tage steif bleiben. Die Taubheit an diesen Stellen hilft mir, meine Gedanken beisammenzuhalten und ich stolpere auf die andere Seite der Grenze.

Ein heiseres Quietschen ertönt: „Noch einer!"

„Äh hallo", sage ich, nachdem ich mein Gleichgewicht zurückgefunden habe. „Freut mich, Euch kennenzulernen."

Ich wende mich an die Göttin. Das Quietschen kann nur von ihr stammen. May und Samira würden nie so einen Laut ausstoßen. Sengender Schmerz explodiert auf meiner Netzhaut, als unsere Blicke sich begegnen. Ich taumle.

Eine Hand legt sich auf meinen Rücken und stützt mich ab.

„Keine Sorge, das klingt in ein paar Minuten ab", meint Samira gelassen.

Fühlt sich aber nicht so an. Ich presse meine Handballen gegen die Augen. Durch die Bienen auf Mays und Samiras Schultern beobachte ich aus verschiedenen Winkeln meine eigene, zitternde Gestalt.

Die jungen Frauen selbst halten ihre Blicke gesenkt, wagen es nicht, die Göttin oder das Monster direkt anzuschauen. Idiot, daran hättest du denken müssen.

„Ich glaube, sie hat ihre göttliche Gestalt nicht ganz unter Kontrolle", erklärt Samira und die Hand löst sich von meinem Rücken.

Ich richte mich schwankend auf. „Was?"

Arma posterosque cano - Eine MMFF zu Percy JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt