17. Ben

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Freitag, 18. Dezember 2009

Die zuknallende Tür hinter uns bringt die Eiszapfen an der Decke zum Klirren. Die langen Reißzähne des Winters prallen gegeneinander, ihre Bewegung überträgt sich auf ihre Nachbarn und bald ist der gesamte Saal von einem kaum hörbaren Vibrieren erfüllt.

Hinter der Eisstatue eines römischen Gladiators stürzt einer der Eiszapfen herab und zersplittert, trotz der Schneeschicht, die den Boden bedeckt. Der Schnee knirscht unter meinen Schritten. Darunter spüre ich das Eis. Die Kälte dringt mit feuchten Fingern durch den Stoff meiner Vans. Vorsichtig gehe ich hinter Ailianos und May her, die Hände in den Jackentaschen vergraben, aber noch nahe genug am Schwertgriff. Sollte einer der Eiskrieger oder Ailianos May und die Anderen angreifen, bin ich bereit.

Unter der Decke wandern Nordlichter in sanften Bändern zwischen den Eiszapfen entlang. Sie färben den Schnee grün, hellrot, cyan, violett. Die Farben eines Blutergusses. Ihr Schein verfängt sich in dem Eisnebel, der das andere Ende der Halle verschleiert. Ich komme mir vor wie auf der friedlichsten Rave-Party aller Zeiten.

Besäße Boreas eine Hütte im Camp, würde sie den Preis für die schönste Weihnachtsdekoration definitiv gewinnen, auch wenn die gefrorenen Krieger aus allen Epochen der Weltgeschichte ein wenig geschmacklos und ekelhaft anmuten.

So hätten wir unseren Diplomatentrupp zurückbekommen können. So können wir in wenigen Minuten enden. Vier weitere Stücke in seiner Sammlung.

Rastlos gleitet mein Blick über die Wände. Jederzeit kann ein gefrorener oder lebender Krieger mit gezogener Waffe aus dem Nebel springen. Jederzeit könnte sich ein Eiszapfen von der Decke lösen und uns aufspießen.

Eine Windböe wirbelt den Nebel auf. Sie schneidet durch meine Kleidung, doch ich bin nicht in der Lage, noch mehr zu zittern als ohnehin schon. Vermutlich kann ich das Schwert nicht mal halten, wenn es hart auf hart kommt und mein gebrochener Arm hat damit ausnahmsweise nichts zu tun.

Durch eine Lücke im Nebel erhasche ich einen Blick auf den Thron und zwei menschliche Gestalten daneben. Die größere der beiden winkt mit der Hand und der Dunstschleier aus Eiskristallen löst sich auf.

Hinter mir schnappt Elias nach Luft und ich laufe in May hinein, die abrupt stehen geblieben ist. Sie rappelt sich auf und rennt los, auf den Thron und die beiden Gestalten zu. Wie sie auf dem glatten Untergrund das Gleichgewicht halten kann, bleibt mir ein Rätsel.

„Was haben Sie mit ihr gemacht, Sie..."

Ich sprinte los, rutsche über die Eisfläche und schlinge den gesunden Arm um May, bevor sie sich auf den geflügelten Mann vor uns stürzen kann. Gemeinsam landen wir im Schnee. So viel zum Thema höflich bleiben!

Der geflügelte Mann vor uns stößt ein verhaltenes Lachen aus. Es klingt wie eine entfernte Lawine, die nach dem unbedachten Jubelschrei eines Skifahrers hinab ins Tal donnert, um Dörfer unter sich zu begraben.

Ich drücke eine Hand auf Mays Rücken, um sie unten zu halten. Dabei windet sie sich wie ein Fisch und ich schnappe nach Luft, als ihr Springerstiefel gegen mein Schienbein kracht.

Samira kommt dazu und tackert Mays Arme auf den Boden. Keuchend lasse ich los und richte mich auf. Der geschmolzene Schnee an meiner Kleidung gefriert in der kalten Luft sofort und macht sie steif. Ohne Zweifel schafft Samira es besser, May davon abzuhalten, einen Krieg mit Boreas vom Zaun zu brechen. Sie hätte wirklich besser draußen bleiben sollen.

Die Schwingen des Mannes vor uns schimmern Dunkelviolett im Glanz der Nordlichter, der sich auch in den Eisblöcken des Thrones bricht. Eiskristalle bedecken seine langen Haare und den weißen Rauschebart. Die gleichen Eiskristalle, aus denen auch sein Anzug zu bestehen scheint. Er überragt mich um ein gutes Stück, ist jedoch kleiner als Ailianos, der nun neben mich tritt.

Arma posterosque cano - Eine MMFF zu Percy JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt