38. Loa

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Donnerstag, 25.12.2009

Pflatsch!

Meine Mundwinkel schmerzen vom Lächeln, als ich eine Kelle voll Hühnersuppe in die Schale gieße. „Fröhliche Weihnachten!", rufe ich und reiche dem Jungen seinen Teller. Er erwidert mein Lächeln und präsentiert dabei stolz seine Zahnlücke, bevor er zur Punschausgabe dackelt.

Die nächste Kelle, „Fröhliche Weihnachten!", das nächste Lächeln. Ich recke den Hals. Die Schlange reicht nur noch bis zur letzten Kiste, kurz vor der Theke. Ich erlaube meinen Lippen eine kleine Pause. Nicht mehr lange, dann kann ich die Essensausgabe verlassen und mich zu den anderen setzen.

Hinter mir ertönt ein Scheppern. Elias hockt im Sand vor der Arbeitstheke, umgeben von metallenen Töpfen und Pfannen, von denen manche noch zittern.

„Du weißt nicht zufällig, wo es noch Kellen gibt?", fragt er und blickt verlegen zu mir auf.

„Nicht dort. Warum brauchst du eine neue Kelle?" Ich befülle einen Teller mit Suppe und schiebe ihn über die Theke.

Als Antwort hält Elias die Punschkelle hoch, die durch den Sand, der an ihr klebt, mehr Ähnlichkeiten mit einem Backfisch aufweist als mit einem Küchengerät.

„Heute wohl ein bisschen ungeschickt", lache ich und reiche ihm eine frische Kelle aus der Schublade unter dem Suppentopf.

Elias rappelt sich auf. „Danke. So Leute, es kann weitergehen."

Grinsend schüttle ich den Kopf und widme mich meiner eigenen Aufgabe.

„Fröhliche Weihnachten", kommt Ben mir schniefend zuvor. Seine Blick huscht zu dem Mädchen hinter ihm in der Schlange, bevor er mir den Teller reicht. „Wir müssen reden. Nach dem Essen in der Krankenstation", zischt er, nimmt mir die Schale ab und verschwindet im Gewusel.

„Fröhliche Weihnachten?", murmle ich und werfe einen Blick zu Elias, doch der schenkt alkoholfreien Punsch aus und dem Geschehen bei der Suppenausgabe keine Beachtung.

Jemand räuspert sich und ich fahre hastig mit der Arbeit fort. Gemurmel schwirrt durch die Luft, an einem der Tische erklingt Gesang, ein blinkendes Rentier zieht vorüber und über allem schwebt der Geruch von Hühnereintopf, Punsch und den Minipfannkuchen, an denen Elias, ich und der Rest des Küchenteams stundenlang herumgebacken haben. Nicholas würde mich hierfür auslachen und fragen, welche Aliens seine Schwester ausgetauscht haben. Aber es ist schwierig sich nicht von der Weihnachtsstimmung anstecken zu lassen, wenn man mittendrin steckt.

Erst taucht Ben nicht beim Frühstück auf und dann das. Was hat er jetzt schon wieder für ein Problem?

„Ich verstehe diese ganze Aufregung nicht." Anna schüttelt den Kopf und reicht mir ihren Teller. Ihr Blick klebt an dem Rentiergeweih, dessen Farbe gerade von rot zu grün wechselt.

„Naja, es ist für viele der wichtigste Feiertag des Jahres", erkläre ich. Ihre hellen Augen richten sich auf mich, als würde sie mich erst jetzt bemerken. Rasch füge ich hinzu: „Es geht darum, dem anderen etwas zu geben und Zeit mit den Menschen zu verbringen, die man liebt. Mit viel zu viel Schnickschnack. Feiert deine Familie kein Weihnachten?"

Sofort beiße ich mir auf die Zunge. So was fragt man doch nicht. Was, wenn sie keine Familie hat? Oder es wirklich nicht weiß und ich sie gerade vorgeführt habe?

„Nein... nein, das hier haben wir nie gefeiert. Wir haben dafür keinen extra Tag benötigt." Sie legt die Stirn in elegante Falten. Ein Schatten huscht über ihr Gesicht, als sie mich mustert und dabei eigentlich durch mich hindurchschaut. Wie eine in der Sonne glitzernde Eisscholle, wenn Wolken am Himmel aufziehen. Ihr Blick schabt sanft über meine Knochen.„Sei vorsichtig, wem du dein Herz überlässt. Aber wie sagt ihr: Fröhliche Weihnachten, oder?"

Arma posterosque cano - Eine MMFF zu Percy JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt