Freitag, 26. Dezember 2009
Es ist raus. Kein Zurück. Kein Absturz. Keine Explosion. Wie wenn man einen seit Wochen schmerzenden Zahn endlich zieht. Es tut weh, die Wange schwillt an, aber die Ursache ist beseitigt und die Heilung kann beginnen.
Ich lausche auf das Rascheln in der Dunkelheit. Ein sanftes Knirschen, als ihre Füße im Sand aufsetzen und sie zur Tür schleicht. Die Tür wird geöffnet und durch den Spalt fällt ein schmaler Streifen Licht auf mein Bett. Für einen Moment zeichnet sich Loas Silhouette vor dem Gang ab, dann ist sie verschwunden.
Ich warte fünfzehn Minuten, 900 quälende Sekunden, doch aus den Betten der anderen dringt nur leises Schnaufen, hier und da ein Schnarchen und das Knistern der Decken. Behutsam setze ich meine nackten Sohlen auf den Sand und taste nach meinen Schuhen. So verharre ich eine halbe Minute, doch niemand hält mich auf. Ich schlüpfe durch die Tür und ziehe sie hinter mir zu. Nicht ganz, sodass das Geräusch des einrastenden Schlosses mich nicht verrät, aber genügend, damit das Licht aus dem Flur niemanden weckt.
Bis zur Krankenstation sind es nur wenige Schritte. May und Samira haben sich bereits umgezogen und ihre Rucksäcke aufgesetzt. Ich zeige ihnen ein Daumen hoch und verschwinde im Bad, um meine Schlafsachen gegen die dunkelsten Klamotten einzutauschen, die ich dabei habe.
Als ich zu den Mädchen im Hauptraum stoße, überprüfe ich noch einmal, ob der Zettel in der Packung Muskatellersalbei liegt. Tut er. Ich schließe die Packung und stopfe sie zu den restlichen Heilkräutern zurück und grinse, als ich die gerümpften Nasen der Mädchen bemerke. Die getrocknete Pflanze mieft hoffentlich stark genug, sodass nicht jeder mit ein bisschen Kopfschmerzen sie ausprobiert. Aber Andrew und Bahrija zeigen weniger Scheu davor und werden die Nachricht früher oder später entdecken. Und dann treffen sie hoffentlich die richtige Entscheidung.
Ich ziehe meinen und die Rucksäcke von Ben und Loa aus dem Schrank mit dem Bettzeug, doch Samira nimmt mir Bens Rucksack ab, bevor ich ihn aufsetzen kann. May schnappt sich Loas Rucksack und schüttelt den Kopf. Ich verdrehe die Augen und fische die Taschenlampe aus dem Seitenfach von Bens Rucksack und drücke sie Samira in die Hand. Dankbar bin ich ihr ja, aber so sehr braucht sie mich nun auch nicht zu bemuttern.
Doch wenigstens habe ich so beide Hände frei und bin nachher bei Kyoya nicht komplett nutzlos.
May späht in den Gang und winkt uns zu. Wir folgen ihr nach draußen und schieben uns dicht an der Wand entlang auf Bens Tür zu. Als Kind wollte ich immer Freunde, mit denen ich Ninja spielen konnte. Kühe sind nicht gerade für ihre Heimlichkeit bekannt. So habe ich mir das Spiel jedoch nie vorgestellt. In meiner Vorstellung waren die Gänge dunkel und man hatte cooles Zeug um über den Köpfen der Gegner entlangzukrabbeln. Jetzt ist das Rascheln unserer Kleidung und der Rucksäcke zu laut, jeder Schritt kommt einer Lawine gleich.
Wir erreichen die Tür unbemerkt. Samira und ich stehen zu beiden Seiten Schmiere, während May sie öffnet. Dahinter erwartet uns Finsternis.
Ich knipse meine Taschenlampe an. Exakt wie Ben gesagt hat: Eine Metalltreppe, die sich einen Schacht hinunterwindet. Dieser Teil ist keine Lüge.
So knuffig sein Angebot, die Schichten zu tauschen, auch war, die letzten paar Tage hat er sich wie ein Arschloch benommen und ich brauche sein Mitleid nicht. Genau das, von dem ich nicht wollte, das es passiert, wenn ich ihnen von meiner PTSD und der Verletzung erzähle, ist eingetroffen: Sie bewegen sich auf Zehenspitzen um mich herum und scheinen mir nichts mehr zuzutrauen. Ich bin durchaus in der Lage, zwei Rucksäcke zu tragen. Dabei würde ein bisschen Rücksicht schon genügen. Aber das kommt noch. So wie meine Fähigkeiten hoffentlich ebenfalls bald zurückkehren.
Ich schlucke. Irgendwo dort unten wartet ein Junge darauf, dass wir ihn retten. Er ist höchstwahrscheinlich verletzt. Er braucht unsere Hilfe. Ein Tunnel ist weder gut noch böse. Es ist nur ein Loch in der Erde. Nicht so anders, wie wenn du in einem normalen Flur das Licht ausmachst. Der Tunnel kann nichts dafür. Das Problem ist deine Einstellung zu dem Tunnel.
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Arma posterosque cano - Eine MMFF zu Percy Jackson
FanfictionDer Titanenkrieg ist vorüber, Camp Half Blood war siegreich. Auf beiden Seiten kam es zu hohen Verlusten, doch nun muss man nach vorne in die Zukunft blicken. Doch geht das überhaupt? Zwar verfügen die Nebengötter nun über eigene Hütten und jeder De...