19. Samira

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Freitag, 18. Dezember 2009

Wir entscheiden uns dagegen, uns aufzuteilen. Ein einsamer Halbgott wird schnell ein toter Halbgott und wir wollen die letzten Stunden unseres Lebens noch ein wenig auskosten.

Mit hängenden Schultern trotte ich hinter den Anderen her. Die Karte ruht gleich einem Bleiklumpen in meinem Rucksack. Ich hätte ihr nicht blind vertrauen dürfen. Ich hätte es besser wissen sollen. Wenn wir sterben, ist es meine Schuld, nur meine. May hat damit nichts zu tun, Elias, Ben und Loa auch nicht.

Ich laufe ein Stück hinter ihnen, um nicht ihre anklagenden Blicke zu spüren oder das Getuschel zwischen Mayleen und Ben zu hören. Dafür sehe ich, wie die beiden ihre Köpfe zusammenstecken. Nicht gerade besser. Also konzentriere ich mich lieber auf meine Füße. Ein Schritt nach dem anderen.

Wenn du Alles gegeben und trotzdem verloren hast, kannst die Schuld auf niemanden sonst wälzen. Steh zu ihr. Das ist alles, was du im Angesicht der Niederlage tun kannst. Niemand mag schlechte Verlierer. Und dann gehst du deine Fehler durch, eliminierst sie im Trainingsprozess und versuchst es erneut.

Meine Fehler:

1.) Blindes Vertrauen in das Geschenk meiner Mutter.

2.) Meine Neugierde über den Plan zu stellen.

3.) Nicht genügend über die Konsequenzen nachdenken.

3.1) Ich habe die Wut der Anderen unterschätzt.

3.1.1) Es hätte mit den Anderen abgeklärt werden müssen.

3.2) Mythologisch-politische Zusammenhänge wurden nicht bedacht.

Lösung: Ich darf der Karte nicht mehr vertrauen. Sie war ohnehin schon immer unzuverlässig. Entweder zeigt sie, wohin man möchte oder sie zeigt, wohin man muss. Manchmal handelt es sich dabei um ein und dasselbe, manchmal war es klar zu unterscheiden oder wie in diesem Fall blieb es ein Rätsel. Zudem erscheint der entsprechende Ort nicht auf magische Weise auf dem rissigen Papier, sondern die Kompassrose in der Ecke deutet nur in die Richtung, in der sich das Ziel befinden soll.

Wenn sie also demnächst ein Ziel anzeigt, mit dem ich nichts anzufangen weiß, werde ich es den Anderen mitteilen und mich mit ihnen darüber beraten. In der Summe kennen wir vermutlich sowieso mehr Fakten über Gebiete und ihre Einwohner als eine Person.

Sollte ich danach weiterhin das Bedürfnis verspüren, ins Unbekannte aufzubrechen, dann gehe ich allein. Wegen mir wird niemand verletzt. Andere Menschen sind Ballast auf dem Weg zum Ziel, so leid es mir tut.

Elias hat die Führung übernommen. Er schlängelt sich durch die Menschenmasse vor uns und versucht gleichzeitig aus dem Jugendschutzgesetz auf der Rückseite eines der Flyer zu zitieren:

Der Auf...Aufenthalt in Nachtbars, Nack... Nachtclubs oder vergleichbaren Vergnüg...ungsbetrieben: Der Aufenthalt iss... ist erst ab einem Alter vom... von 18 Jahren (in Québec, Alberta und Manny... Manitoba) bzw. 19 Jahren erlaubt."

„Elias, das möchte niemand hören", beschwert sich Ben und weicht einem Fahrradfahrer aus, der im selbstmörderischen Tempo und wild klingelnd über den Fußgängerweg rast. Mayleen zeigt ihm den Mittelfinger.

„Sollten wir aber. In die Nachtclubs kommt nämlich keiner von uns rein, wenn wir nach unseren Ausweisen gefragt werden." Elias faltet den Flyer zusammen.

„Doch", melde ich mich zögerlich zu Wort und erschrecke mich selbst vor der Heiserkeit meiner Stimme, die mich wie eine alte Frau klingen lässt. „Ich bin 18."

Mayleen tritt näher an das Schaufenster eines Ladens und winkt uns heran, damit wir den restlichen Passanten nicht im Weg stehen. „Was ist mit gefälschten Elternbescheinigungen?"

Arma posterosque cano - Eine MMFF zu Percy JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt