34. Samira

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Dienstag, 23. Dezember 2009

Wellen schlagen an den Strand. Fächer aus weißer Spitze breiten sich auf dem Sand aus, bevor sie sich zurückziehen, um von Neuem gegen die Küste zu branden.

Ich vergrabe die Zehen im Sand und lege den Kopf in den Nacken. Der Himmel über mir ist genauso klar und blau wie das Meer. Ein Vogel gleitet träge durch die Luft, zu weit oben als dass ich ihn erkennen könnte.

Seine Flügelschläge tragen ihm zum Ende der sichelförmigen Bucht, die zu beiden Seiten von hellen Felsen begrenzt wird. Schroff türmen sie sich auf, bilden steile Hänge und verwandeln sich Richtung Inland in Hügel. Der Vogel segelt über sie und die Ruine hinweg, die wie eine alte Königin über dem Strand thront.

Jeder Schritt auf dem von der Sonne aufgeheizten Sand brennt, doch der Seewind wirbelt durch meine Haare und schmiegt sich kühl um meinen Körper, während ich auf die Ruine zulaufe. Ich verlasse den Strand und trete in den Schatten der Bäume, die sich in die Felsen krallen. Ihre grauen Borken beobachten mich aus zerfurchten Gesichtern. Eine Windböe lässt die Blätter wispern.

Wind und Wellen haben die Steine glatt geschliffen, sodass ich auf allen Vieren vorwärtskraxle. Von irgendwoher erklingt ein Lachen und ich fahre herum. Doch da ist niemand. Nur das Wispern in den Zweigen, das Meer und die kreischenden Seevögel.

Ich erreiche einen schmalen Trampelpfad und richte mich auf. Auch hier kann ich niemanden entdecken, weder den Vogel noch andere Menschen. Das Blätterdach verdeckt den Himmel, zwischen den Felsen und Stämmen taucht niemand auf.

Dafür erspähe ich die Früchte, die an den Ästen baumeln. Zu meiner Linken drängen sie sich klein und graugrün unter den Blättern, so viele, dass sich die Zweige unter ihnen biegen. Rechts von mir leuchten kleine Sonnen. Ihr süßlicher Duft hängt schwer in der Luft. Oliven- und Orangenbäume.

Der Pfad steigt steiler an, je näher ich der Ruine komme. Ihre vom Wetter gezeichnete Fassade blitzt zwischen den Bäumen auf, genauso hell wie das umliegende Geröll. Eine simple Holzbrücke aus zusammengezimmerten Ästen führt über eine Spalte im Fels. Unter mir höre ich Wasser rauschen, doch bis auf ein Schimmern in der Tiefe kann ich nichts davon erkennen. Meine Füße krallen sich in die Rinde.

Zu meiner Überraschung verfügt die Ruine über ein Tor. Die dunklen Flügel wirken neuer als alles, was ich bisher gesehen habe. Und sie stehen angelehnt. Ich spähe durch sie hindurch.

Dahinter eröffnet sich ein quadratischer Innenhof. Eine Eiche überspannt beinahe den gesamten Platz, ihr Laub bedeckt den hart getretenen Boden. Am Fuß des Baums stehen steinerne Bänke, verwittert und von Wurzeln gesprengt.

Zögerlich trete ich in den Schatten des Innenhofes. Die toten Blätter dämpfen meine Schritte. Hier ist es kühler als am Strand, kühler als auf dem Pfad. Auch dieser Baum heißt mich mit einem Wispern willkommen, doch seine Stimme klingt leiser. Durch die Scharten in den Mauern gelangt nur wenig Wind.

Hallo?", rufe ich, doch als Antwort erwartet mich nur meine eigene Stimme, zurückgeworfen von den Wänden. Ein seltsames Gefühl breitet sich in meinem Bauch aus. Obwohl es ein einsamer Ort ist, liegt ein Schatten aus Lachen über allem, von dem ich jedoch kein Teil bin. Wie die Sehnsucht nach einer guten Erinnerung, die noch nicht passiert ist.

Eine schmale Treppe führt an einer Seite des Hofes aufwärts. Steine bröckeln unter meinen Zehen und ich drücke mich an das Gemäuer, als ich hinaufsteige. Ich muss sehen, wo ich bin.

Auf dem Wehrgang angekommen, lehne ich mich gegen die Zinnen. Tief unten bricht sich das Meer an den Felsen. Rechts und links von mir bohren sich zwei verfallene Türme stolz in den Himmel. Dem Linken fehlt das oberste Stockwerk, stattdessen ragt ein Treppenabsatz über dem Abgrund. Auf dem Wehrgang liegen Trümmer.

Arma posterosque cano - Eine MMFF zu Percy JacksonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt