Montag, 14. Dezember 2019
Das Innere der Hütte ist warm. Kein Laut ist zu hören. Ich streife die Chucks ab und stelle sie auf die Heizung. Der schwarze Stoff ist durchnässt, ebenso wie meine Socken. Es war eine schlechte Idee, sie bei diesem feuchten Wetter während des Schießtrainings anzuziehen. Der Boden ist noch zu sehr mit Regen vollgesogen. Aber die Felder brauchen das Wasser auch im Winter, weshalb die magische Wetterkontrolle des Camps ab und zu ausgeschaltet oder auf Regen umprogrammiert wird. Ich bin mir nicht sicher, wie genau es funktioniert.
Die Socken schälen sich so unangenehm von meiner Haut, wie es nasse und kalte Socken nun mal tun. Ich pfeffere sie in die Wäschetonne und ziehe ein neues, flauschiges Paar aus der Truhe am Fußende meines Bettes. Danke Oma. Ein Jeans und ein langärmliges Shirt in Himmelblau folgen. So ausgestattet begebe ich mich in das Bad. Vor dem steinernen Abbild meiner Mutter, das den Schlafraum der Nike-Hütte mit kritisch-missbilligenden Blick überwacht, möchte ich mich nicht umziehen. Selbst beim Ankleiden scheint sie auf Perfektion aus zu sein und ich erwarte immer, dass die Statue zum Leben erwacht und mit schriller Stimme verkündet, dass das Oberteil nicht zu diesen Schuhen passt. Und überhaupt, diese Schuhe?! Zwar würde dieses Verhalten eher zu Aphrodite passen, aber Nike gibt überall ihren Senf dazu, wenn sie damit andere heruntermachen kann. Und zu den selbstgestrickten Socken, die Oma mir vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt hat, will ich gar nicht wissen, was sie zu sagen hat.
Ich lege den Kopf schief und lausche. Kein Fußgetrappel, keine streitenden Zwillinge, keine Dartpfeile, die auf die Scheibe nebenan oder auf jemand anderen geworfen werden, keine Schläge gegen den Boxsack. Ruhe. Eine wirklich seltene Erfahrung.
Das bedeutet, dass ich die Hütte und somit auch das Bad für mich allein habe. Wer weiß, für wie lange. Bei dem Monopoly-Spiel gestern Abend ist es mir nicht gelungen, einen der guten Plätze in der Nutzungsreihenfolge des Bades zu erkämpfen. Die ganze Woche werde ich weniger als zehn Minuten vor dem Frühstück haben und fünf davon muss ich mit meinem kleinen Bruder Carney teilen.
Ich drehe den Schlüssel um, damit mich niemand unterbrechen kann. Laurel hat mich schon einmal vom Föhn und aus dem Bad verdrängt, nachdem sie von Holly in den See geschubst worden war und ich vergessen habe, hinter mir abzuschließen. In der Nike-Hütte musst du jeden Vorteil und jede Gelegenheit nutzen, sonst wirst du unter den Stiefeln deiner Geschwister zermalmt.
Rasch schlüpfe ich aus meiner Trainingskleidung und lege meine frischen Sachen auf die Heizung. Ich löse meinen Zopf und stelle mich unter die Dusche. Das Wasser trifft mich als kalter Strahl, ich quietsche unweigerlich auf und taste nach dem Hahn. Inständig hoffe ich, dass ausgerechnet jetzt niemand die Hütte betreten und es gehört hat. Das wäre ein Zeichen von Schwäche.
Allmählich erwärmt sich das Wasser. Den Kopf in den Nacken gelegt, lasse ich es mir über das Gesicht fließen. Jetzt habe ich so viel Zeit, wie ich will. In aller Ruhe wasche ich meine Haare mit Laurels nach Zitronengras riechendem Shampoo, das sie niemals freiwillig herausrückt.
Nach dem Duschen bin ich sehr versucht, das Bad aus Protest den Rest des Tages nicht mehr zu verlassen. Sollen die anderen drei doch zusehen, welche Hütte ihnen ihre Waschräume leiht oder wie sie in den eiskalten Gemeinschaftsbädern klarkommen. Samira, Herrscherin des Badezimmers.
Die Dunstabzugshaube springt mit einem Knattern an. Noch immer kann ich niemanden sonst hören. Es ist seltsam, aber kein unangenehmer Zustand. Vielleicht sollte ich mein Herrschaftsgebiet ausweiten.
Behutsam schließe ich die Tür auf und spähe in den Raum. Keiner da. Innerlich breche ich in Jubel aus und betrete den Schlafsaal. Mit einem Handtuch um die Haare geschlungen werfe ich mich auf mein Bett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Dabei bohrt sich etwas hartes gegen mein Schulterblatt. Ich taste unter der Bettdecke herum und ziehe ein Buch hervor: Die Tribute von Panem - Tödliche Spiele.
DU LIEST GERADE
Arma posterosque cano - Eine MMFF zu Percy Jackson
FanfictionDer Titanenkrieg ist vorüber, Camp Half Blood war siegreich. Auf beiden Seiten kam es zu hohen Verlusten, doch nun muss man nach vorne in die Zukunft blicken. Doch geht das überhaupt? Zwar verfügen die Nebengötter nun über eigene Hütten und jeder De...