(42) Herzschmerz-Scherz [2/2]

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Als ich mich immernoch nicht rührte und weiter wie gebannt auf das Messer starrte, was der Mann nun auf mich richtete, drängte sich Oli aus dem RTW und zog mich ziemlich grob ein paar Schritte nach hinten.

Jetzt standen wir beide da und sahen hilflos zu, wie der Mann Franco von dem RTW wegzerrte und weiter mit dem Messer umherfuchtelte.
Dabei brüllte er auch irgendetwas, aber ich verstand es nicht.
Ich war wie gelähmt. Unfähig, zu handeln, nicht in der Lage, irgendwie zu reagieren.
Die Situation kam mir so unwirklich vor.

Ich hatte das Gefühl, dass ich das Geschehen wie durch einen Filter wahrnahm; als passierte es nicht wirklich, als würde es nur in einem Film sein.

Aber es war die Realität.

Ich hoffte, einfach aus einem Albtraum aufzuwachen.
Endlich waren die Polizisten da, die uns hinterher gefahren sind und hielten ihre Waffen auf den Mann gerichtet.
"Lassen Sie das Messer fallen!", war das einzige, was ich wahrnahm.
"Das Messer weg!", riefen sie immer wieder.

Irgendwann schien es dem Mann tatsächlich zu viel zu werden, er schubste Franco von sich und versuchte, über den Zaun hinter sich zu fliehen. Aber die Polizisten überwältigten ihn und brachten ihn zu Boden.
Oli rannte an mir vorbei zu Franco, der auf dem Boden saß und dem Mann hinterher starrte.

Ganz, ganz langsam begann mein Hirn zu realisieren, was gerade passiert war. Zögerlich ging ich einen Schritt nach vorne.

Es war so schnell passiert.
Und so schnell wieder vorbei.

Oli hatte Franco mittlerweile aufgeholfen und klopfte ihm auf die Schulter.
"Aber getroffen hat er dich nirgendwo, oder?", forschte Oli nach und musterte unseren Kollegen.
"Nein, nein", entgegnete Franco schnell und wirkte fast schon etwas fahrig, "Aber mit euch ist auch alles okay, oder?"
Er sah an Oli vorbei zu mir.
"Die hat einfach einen ordentlichen Schock, denke ich", hörte ich den Notarzt sagen.
Schock. Ja, das passte ganz gut.

Franco kam auf mich zu und umarmte mich.
"Es ist alles gut ausgegangen, ja?", sagte er, schob mich dann eine Armlänge von sich weg und sah mich kritisch an. "Es ist nichts passiert."

Ich fixierte sein Gesicht und saugte seine Worte förmlich auf. Wiederholte sie in meinem Kopf.
Es war alles gut.
Es war nichts passiert.
Das sagte Franco.
Franco ging es gut, er stand vor mir, er lebte.

Und er machte sich schon wieder Sorgen um mich. Das sollte er nicht. Er sollte sich lieber um sich Gedanken machen, immerhin war er gerade eine Geisel gewesen. Wenn auch nur kurz. Aber gefühlt sehr, sehr lang.

Ich ließ meinen Blick schweifen. Einer der Polizisten führte gerade den Mann ab, der andere besprach sich mit Oli.
Das Messer war sichergestellt und gut aufbewahrt.
Unser RTW stand immernoch am selben Fleck und die Tür war offen.
Autos fuhren ganz normal auf der Autobahn entlang. Alles war wie immer. Es war nichts passiert.

Und vor mir stand Franco und musterte mich.
"Du lebst."
Franco lachte leise auf.
Oh, hatte ich das laut gesagt?
"Ja, ich lebe."




Macht noch etwas aus dem Tag <3

ᴀsᴅs - sʜᴏʀᴛ sᴛᴏʀɪᴇs Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt