(40) Ziegentod [3/3]

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"Wie soll ich mich denn beruhigen?", fragte ich verzweifelt mit brechender Stimme. Franco antwortete nicht direkt. Im Bad nahm er meinen Arm und hielt meine Hand unter das fließende Wasser in einem Waschbecken.

"Wie?", wiederholte ich flüsternd.
Unsere Blicke trafen sich für einen Moment, dann sah er weg. Er schien nach einer entwarnenden und beruhigenden Antwort zu suchen, aber ihm war klar, dass wir beide Sanitäter und uns über die möglichen Folgen einer solchen Vergiftung im Klaren waren.
Ich wollte gar nicht darüber nachdenken.

Birgit kam mit ernster Miene ins Bad und sah zu meiner Hand. Dann griff sie mit zwei Fingern nach meinem anderen Handgelenk.
"Puls erhöht, aber rhythmisch", murmelte sie. Dann hob sie ihre Stimme. "Hast du irgendwo Taubheitsgefühle?", fragte sie und sah mich aufmerksam an.

Ich schüttelte den Kopf.
"Noch nicht", setzte ich leise hinzu.
"Positiv bleiben", sagte Birgit sofort mahnend.
Wo sie die Ruhe hernahm, konnte ich nicht sagen.
Lange Berufserfahrung vielleicht. "Das wichtigste ist, dass du jetzt so schnell wie möglich in die Klinik kommst", fuhr sie gefasst fort und ich nickte, froh darüber, dass sie einen festen Ablaufplan hatte.

Sie wandte sich an Franco. "Dritter RTW wurde gerufen, oder?", fragte sie.
Er nickte. "Ja, sollte nicht mehr lange dauern, bis der da ist."
"Dann wartet ihr am besten hier und ich schicke das Team dann durch", legte Birgit fest und verließ den Raum wieder.

Ein paar Momente war Schweigen.
"Tut mir leid, dass ich vorhin einfach reingegangen bin", sagte ich irgendwann kleinlaut.
Franco schaute kurz verwundert drein, dann lächelte er schon fast.
"Das ist doch jetzt egal", meinte er, "Nur für die Zukunft mal."

Ich rang mir ein Lächeln ab. Doch dieses erstarb sofort, als ich etwas an meinen Fingern spürte.
Beziehungsweise nicht mehr spürte.
"Franco", sagte ich alarmiert und starrte auf meine Fingerspitzen.
Er folgte meinem Blick und seine Miene verfinsterte sich augenblicklich.

"Taub?", fragte er, als ich nichts weiter sagte und ich nickte nur. Er griff nach meinem Handgelenk und sah nebenbei auf seine Uhr. Mein Puls war viel zu schnell, das wusste ich selber. Außerdem fiel mir mittlerweile auch das Atmen immer schwerer und ich klammerte mich verzweifelt an Francos Arm fest, um nicht umzukippen.

Er nahm mich an den Schultern und hielt mich somit aufrecht. Angst flackerte in seinen Augen, als er mich aus den Raum und auf den Boden zog.
In diesem Moment kamen auch Karin und Yannik als drittes Team in den Raum und starrten mich einen Moment geschockt an.

Franco begann zu erklären, aber ich hörte nicht wirklich zu, fokussierte mich eher auf meine Atmung unter der Sauerstoffmaske, die mir gegeben wurde.
Panik flimmerte in mir, als ich merkte, dass das Luftholen immer schwieriger ging und mein Herz raste, als würde es einen Marathon rennen.

Trotz dessen, dass meine Gedanken immer weiter abschweiften und ich mich nicht mehr klar auf etwas konzentrieren konnte, versuchte ich mich zu beruhigen.
Ich war in Sicherheit.
Ich hatte Menschen um mich, die mir halfen.
Ich war in den besten Händen.

Und dennoch hatte ich das Gefühl, dass das alles nur leere Sätze waren, als sich auch ein Brennen und Kribbeln auf meinen Lippen ausbreitete und mein Sichtfeld immer wieder mal verschwamm.

Ich bekam kaum mit, wie die anderen mir in den RTW halfen; wie ich auf der Trage lag, wie wir zu Klinik fuhren. Ebensowenig wie ich in den Schockraum gebracht wurde.
Erst liegend in eben diesem wurde mein Umfeld wieder klarer und ich vernahm Freddys Stimme.
"Sie hat Glück gehabt, definitiv. Dadurch, dass ihr direkt gehandelt habt und sie den Eisenhut auch nur mit ihrer Hand berührt hat, ging es. Ihre Reaktion ist auch größtenteils auf Panik zurückzuführen."

Ich sortierte mich kurz. Panik, ja, definitiv.
Mein Blick fiel auf Freddy und er sah in diesem Augenblick zu mir und seine Miene erhellte sich.
"Wie geht's dir?", fragte er sofort.
"Besser, jetzt", antwortete ich langsam.
"Das ist schön", sagte er, "Eine Nacht wirst du aber mindestens noch zur Beobachtung bleiben müssen. Du weißt ja- Herzrhythmusstörungen können auch noch im Nachhinein kommen. Aber die Taubheitsgefühle sollten abklingen."

Ich nickte nur.
Die Behandlung war mir ja klar.
Und ich hätte mich schlagen können für meine Dummheit, diese Blumen einfach angefasst zu haben.
Was hatte ich mir denn dabei gedacht?
Da werde ich mich wohl nochmal vor Franco rechtfertigen müssen. Und vor den anderen.
Aber nicht heute.
Heute war ich einfach nur fertig.




Huch, das sind mal mehr Wörter geworden als sonst. Aber dafür bin ich auch unzufriedener denn je. :)

Ich... gebe es mit einem normalen Schlafrhythmus einfach auf.

Macht noch etwas aus dem Tag, wann auch immer ihr das lest <3

ᴀsᴅs - sʜᴏʀᴛ sᴛᴏʀɪᴇs Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt