(67) Wondrous World [2/4]

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Zwei Wochen später wachte ich urplötzlich mitten in der Nacht auf. Und mir war fürchterlich schlecht. Ich schaffte es gerade noch so ins Bad und übergab mich.
Stöhnend setzte ich mich auf den Boden und massierte mir meine Schläfen.
Ein unwohles Gefühl grummelte in mir und breitete sich in meinem gesamten Körper aus. Vielleicht hatte ich mir einen Infekt eingefangen.
Ich zog mich hoch und ließ mich kurz darauf wieder ins Bett fallen.

Doch als ich am nächsten Morgen schon wieder über der Toilettenschüssel hing, keimte allmählich ein übler Verdacht in mir auf. Und kombiniert damit, dass ich bereits seit sechs Wochen meine Tage nicht mehr hatte, saß ich plötzlich hellwach im Bad. Fünf Uhr morgens.
Mein Herz klopfte auf einmal sehr schnell und mir dämmerte etwas.
Etwas ungutes.
War das möglich?
Es durfte nicht sein.
Ich rappelte mich auf und sah mich im Spiegel an. Ich sah normal aus, vielleicht ein wenig blass. Was hatte ich erwartet? Dass ich wie ein Monster aussah? Oder auf meiner Stirn eine Erklärung prangte, warum es mir so ging?
Wie nach einem plötzlichen Windhauch rieb ich mir die Arme, über die sich eine Gänsehaut gelegt hatte.
Emotionen schossen durch mich, die ich gerade nicht ordnen konnte. Unsicherheit. Angst. Zweifel.

Als ich wieder im Bett lag, zog ich mir die Decke bis zum Kinn und starrte auf den Schrank gegenüber, den ich nur schemenhaft in der Dunkelheit ausmachen konnte.
Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf und verblassten direkt wieder, ehe ich mich ihnen näher widmen konnte. Aufregung. Panik.
Schlafen konnte ich jetzt definitiv nicht mehr. Unruhig zog ich meine Beine an und griff nach meinem Handy. 05:27 Uhr. Ich starrte auf die dunkler werdende Anzeige meines Sperrbildschirms und überlegte, was ich tun konnte.
Tino informieren? Wohl kaum. Und nicht zu dieser Uhrzeit. Außerdem würde er sich Hoffnungen machen, wo keine sind.
Selbst wenn ich schwanger wäre - und ein Schauer durchfuhr mich bei diesem Gedanken - ich würde abtreiben. Und das wusste er.
Mein Display wurde schwarz und ich schaltete mein Handy wieder an, ohne es zu nutzen. Der Bildschirm leuchtete mir einfach nur entgegen und ich fürchtete, mich ohne ihn in diesem Moment gerade einsam zu fühlen.

Seufzend setzte ich mich wieder auf. Jetzt noch zu schlafen lohnte sich nicht. Und ich konnte es auch gar nicht. Ich schwang meine Beine aus dem Bett und stand auf. Die heutige Spätschicht ließ mir noch etwas Zeit. Vielleicht schaffte ich es, mir vorher noch einen Test zu holen und zu machen?

Als ich zwei Stunden später wieder auf dem Rückweg von der Apotheke zu mir nach Hause war, hatte ich den Schwangerschaftstest sicher in meiner Tasche verwahrt. Und ich fühlte mich, als würde ich etwas illegales tun; kriminell sein. Mein Herz schlug wild in mir, während ich die Menschen nervös ansah, die mir entgegen kamen. Ich fragte mich, ob einer von ihnen meine Situation nachvollziehen konnte, vielleicht schon mal hatte.
Sobald ich die Wohnungstür hinter mir geschlossen hatte, atmete ich tief durch. Jetzt war es soweit, jetzt musste ich es tun.
Im Türrahmen zum Bad hielt ich inne. Vielleicht war es das letzte Mal, dass ich hier hindurch ging, ohne das Wissen, dass ich...
Ich vertrieb die Gedanken hastig und trat in den Raum. Wahrscheinlich einfach nur eine Überreaktion von mir. Weil ich so große Angst vor so etwas hatte.
Weil ich immer direkt an die schlimmsten Möglichkeiten dachte. So unsicher war.
Ich versuchte mir einzureden, dass meine Sorgen unnötig waren und ich gleich aufatmen können würde.

Bis ich das Testergebnis sah.

Zwei Striche.
Positiv.
Ungläubig starrte ich auf die kleine Anzeige des Tests und konnte es einfach nicht fassen.
Und noch während ich auf das Ergebnis stierte, schien in mir eine Welt zusammenzubrechen. Wie ein Kartenhaus in einer leichten Windböe fiel die Illusion zusammen, an der ich mich die letzten Stunden festgehalten hatte.
Ich bekam kaum mit, wie meine Knie auf den Boden sanken und ich schließlich auf dem Rücken lag.
Registrierte kaum, wie sich die Kühle der Fliesen in mein Shirt fraß, während ich auf einen unbestimmten Punkt an der Decke starrte.

Scheiße.
Das war das einzige Wort, was sich durch den Schleier aus Unsicherheit und Verzweiflung einen Weg zu mir bahnen konnte.
Scheiße.
Dann brach ich in Tränen aus.

Und während ich schluchzte und heulte, fühlte ich mich so hilflos wie nie zuvor. Gefangen unter einer erdrückend schwarzen Wolke voller Probleme und offener Fragen, die ich mir nicht zu stellen traute.
Meine Schluchzer hallten von den Wänden wider und waren mein äußerer Ausdruck tiefer innerer Verzweiflung.

Das durfte einfach nicht wahr sein.

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Macht noch etwas aus dem Tag :)

ᴀsᴅs - sʜᴏʀᴛ sᴛᴏʀɪᴇs Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt