(66) Wondrous World [1/4]

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Erschöpft ließ ich mich nach Dienstende zu Hause auf die Couch fallen und zog mein Handy hervor. Ich hatte kurz vor Schichtende noch einen Einsatz reinbekommen, der sich fast zwei Stunden gezogen hatte. Liebte ich, sowas.
Doch meine Anspannung verflog augenblicklich, als ich sah, dass Tino mir geschrieben hatte. Ein mattes Lächeln stahl sich auf mein Gesicht, als ich die Nachrichten meines Freundes las. Er fragte, wie es mir gehen würde und ob er mal vorbeikommen könnte.
Ohne groß zu überlegen, rief ich ihn an.
Nach dem zweiten Klingeln nahm er an.
"Hi Jacky", sagte er und ansteckende Fröhlichkeit schwang in seiner Stimme mit.
"Du überrennst mich jedes Mal wieder mit deinem Elan", sagte ich statt einer Begrüßung lachend.
"Tjaa", kam es zurück. "Und? Wie geht's? Wie war die Schicht?", wollte er dann wissen.
"Boah, fang bloß nicht damit an", sagte ich entnervt und stieß Luft aus. "Zwei Stunden rangehangen, nur weil Leute es nicht lassen können, mit Alkohol intus Auto zu fahren."
"Na super", sagte Tino mitleidig. "Pass auf. Ich komme vorbei und bringe gekühlte Smoothies mit? Selbst gemacht natürlich."
Ich ließ mich in die Kissen fallen und schloss die Augen.
"Das wäre perfekt."
"Dann bis gleich. Hab dich lieb."
"Ich dich auch."
Nach dem Auflegen schmiss ich mein Handy achtlos über die halbe Couch. Tino liebte es, zu kochen und Essen zuzubereiten. Wobei man tatsächlich mal anmerken durfte, dass seine ersten Smoothies eher verbesserungswürdig waren. Aber mittlerweile war er wirklich schon ein Profi.

Bis es an der Tür klingelte, lag ich auf der Couch herum und rappelte mich dann schwerfällig auf. Als Tino schließlich in meine Wohnung trat, kam er mit strahlenden Augen auf mich zu und schloss mich in eine feste Umarmung. Seine dunkelblonden Haare standen in alle Richtungen ab und ein rötlicher Helmabdruck zierte seine Stirn.
Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, während ich meinen Kopf an Tinos Brust lehnte. Was hatte ich ihn doch vermisst.

Wenige Minuten später saßen wir auf meiner Terrasse und tranken seine selbstgemachten Mango-Erdbeer-Smoothies, die er mit einer leichten Kokosnote aufgebessert hatte. Ich wusste zwar nicht, woher er immer seine Kreationen nahm, aber es war einfach nur köstlich.
"Sag mal, hattest du eigentlich nochmal über das Thema nachgedacht, was wir letztens hatten?", fragte Tino dann vorsichtig.
Ich verschluckte mich fast an meinem Smoothie.
"Tino, nein, ich will nicht", sagte ich entschieden. "Das passt überhaupt nicht in meinen Job und ich fühle mich überhaupt nicht in der Lage dazu, ein Kind großzuziehen. Das wäre nur Belastung."
Tino ließ den Kopf ein wenig hängen und die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ich wusste, wie sehr er Kinder liebte. Immerhin kannte ich ihn schon seit fünf Jahren. Und ich wusste auch, wie sehr er es sich wünscht, Kinder zu haben und ihnen beim Aufwachsen zuzusehen. Aber ich war absolut nicht bereit dafür. Nein, es passte einfach überhaupt nicht.
"Lass uns über etwas anderes reden", wandte ich schließlich hastig ein. Die Sache mit den Kindern war das Einzige, was immer zwischen uns stand. Die einzige Sache, wo unsere Meinungen meilenweit auseinander lagen. "Was wünschst du dir eigentlich zum Geburtstag?", wechselte ich schließlich das Thema, "Es sind ja immerhin nur noch drei Wochen."
Tino ließ von unserer anfänglichen Diskussion ab und ging auf meine Worte ein. Trotzdem sah ich in seinen waldgrünen Augen, dass er noch immer in Gedanken bei dem vorigen Thema war.
"Ich brauche doch nichts, wirklich", sagte er und lachte leise. "Höchstens so ein selbstgebackener Kuchen von dir..." Er sah mich schelmisch an.
"Tinooo", sagte ich langgezogen und ließ meinen Kopf nach hinten fallen. "Ich kann nicht backen. Ich habe da zwei linke Hände. Du bist hier derjenige, der sich in der Küche gut auskennt."
Tino grinste. "Aber komm, so ein Kuchen, das ist nicht schwer-", setzte er an, doch ich unterbrach ihn.
"Wirklich, ich bin so unbegabt. Ich kann Nudeln kochen und Reis. Kartoffeln vielleicht noch. Das wars."
"Ach komm, willst du es nicht mal versuchen?"
Mit einem Stöhnen richtete ich meinen Kopf wieder auf, nur um ihn dann vor mir auf den Tisch sinken zu lassen.
"Na schön. Aber wenn es anbrennt, dann ist dein Kuchen eben schwarz", kam es gedämpft zwischen mir und der Tischplatte hervor.
Ich konnte Tino förmlich grinsen sehen.

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Dedicated to you, _asds_storys_, cuz u r a wonderful person.
Macht noch etwas aus dem Tag :)

ᴀsᴅs - sʜᴏʀᴛ sᴛᴏʀɪᴇs Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt