(43) Der Exfreund [1/4]

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(Jackys PoV)

Schwer atmend saß ich an ein Haus in einer wenig befahrenen Straße gelehnt und versuchte mich zu beruhigen.
Er wird mich hier nicht finden.
Ich bin weit genug weg.
Aber wieso war er überhaupt da gewesen?

Zitternd holte ich Luft und versuchte, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Der riesige Kloß in meinem Hals schien mir das Atmen noch schwerer zu machen; meine Augen brannten.
Ich durfte hier nicht bleiben.
Aber aufstehen konnte ich nicht.

Mir tat alles weh und jeder Atemzug schmerzte. Doch das war nichts gegenüber der psychischen Belastung; gegenüber den Bildern, die wie Schatten vor meinen Augen schwebten und mich an das erinnerten, was geschehen war.
Seine laute Stimme, sein nach Alkohol stinkender Atem, seine festen Griffe... alles schien gerade noch viel präsenter zu sein.

Erste Regentropfen trafen mein Gesicht und vermischten sich mit meinen Tränen. Ich zog meine Beine an und schlang meine Arme um sie.
Mein Blick wanderte durch die von Straßenlaternen nur in Dämmerlicht getauchte Dunkelheit. Ich musste hier weg. Was, wenn er mich hier fand? Schaffte ich es, nochmal zu fliehen?

Ich zuckte zusammen, als ich einen Ast in meiner Nähe knacken hörte und versuchte angestrengt, eine Gestalt auszumachen.
Aber hier war keiner.
Ich war allein.

Der Regen wurde stärker, mein Zittern haltlos. Langsam streckte ich meine Hand nach der Hauswand aus und richtete mich wankend auf.
Wieder warf ich einen Blick hinter mich. Jeder Schatten wirkte noch viel bedrohlicher als sonst.

Ein Stechen fuhr durch meinen rechten Fuß, als ich ihn aufsetzte und ich presste mit schmerzverzerrter Miene meine Zähne zusammen.
Langsam und vorsichtig humpelte ich den Gehweg entlang, sah mich immer wieder um. Der Regen war stärker geworden und das Prasseln auf dem Boden eigentlich das einzige Geräusch.

Eine kühle Windböe schnitt sich eisig in mein Gesicht, eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus. Ich hielt an, stützte mich an einer Laterne ab und atmete tief durch. So tief es eben ging.
Meine linke Seite schmerzte, mein Fuß stach und mein Kopf dröhnte.
Ich ließ meinen Blick über die Umgebung schweifen; versuchte mich zu sortieren, herauszufinden, wo ich war.

Mein kopfloses Losstürzen hatte mich weit weg von meiner Wohnung geführt.
Kurz flammte Panik in mir auf, dass ich komplett die Orientierung verloren haben könnte.
Aber dann sah ich ein Straßenschild und entzifferte den Namen. Birkenweg.

Erleichterung durchflutete mich. Franco wohnte hier ganz in der Nähe.
Von der schwachen Hoffnung, dass er keinen Dienst hatte beflügelt, stolperte ich weiter durch die dunklen Straßen Kölns.

Hier war das Haus. Ein kleiner Stein fiel von meinem Herzen, als ich sah, dass Licht brannte. Er war da.
Ich lächelte schon fast, obwohl es wahrscheinlich eher wie eine gequälte Grimasse wirkte.
Mit zitternden und vor Kälte fast tauben Fingern drückte ich auf die Klingel, mein Herz schlug schneller.

Ich war in Sicherheit.



Kein besonders kreativer Titel, aber dafür ein besonders schwierig zu schreibendes Thema.
Macht noch etwas aus dem Tag <3

ᴀsᴅs - sʜᴏʀᴛ sᴛᴏʀɪᴇs Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt