Der Überfall

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Hey ihr. Heute noch eine Story die ich tatsächlich letzte Nacht geträumt habe...irgendwie wandeln meine Ideen im Moment ziemlich zwischen den Welten 🙈 Ich hoffe sie ist euch nicht zu spirituell. Trotzdem hier noch eine Warnung: Die Story beinhaltet Gewalt und Blut durch Schusswaffenbenutzung und auch Tod bzw. Nahtoderfahrung. Wer damit nicht umgehen kann, bitte nicht weiterlesen. Allen anderen, viel Spaß beim Lesen.

Seit 5 Minuten war mir dieser Mann vor der Tür aufgefallen, der unruhig vor dem Geländer der Hafenmauer auf und ab ging und sich mit gesenktem Kopf die Hände rieb. Es schien fast, als würde er Selbstgespräche führen, doch es war zu dunkel draußen, um das mit Sicherheit sagen zu können. Ich konnte nichts gegen das komische Gefühl tun, dass sich in meinem Bauch breit machte, seit er aufgetaucht war. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Warum nur, war er so nervös?
"Ich bin sofort fertig, Penny. Tut mir leid, dass du so lange warten musst, wo du doch im Dienst bist", lenkte Gwen hinter dem Thresen meine Aufmerksamkeit wieder auf sich.
"Schon okay, Gwen. Du kannst ja nichts dafür, dass dir deine Fritteuse ausgefallen ist", erwiderte ich lächelnd."Außerdem scheint es wieder ein ruhiger Abend zu werden und Sam wird sicher nicht verhungern, weil ich 5 Minuten länger brauche."
"Wie läuft's denn bei euch beiden?", fragte sie mich nun neugierig und ich atmete tief durch. Es war nur gut gemeint, dennoch nervte die Neugier der Leute ziemlich.
"Wir sind nur Kollegen, Gwen, und Freunde. Da läuft nichts." Wieder warf ich einen Blick zum Kai, doch der Mann war verschwunden. Doch statt erleichtert darüber zu sein, wurde ich seltsamerweise nervös.
"Ja sicher. Ihr seid so blind. Euch könnte Armors Pfeil direkt ins Herz treffen und ihr würdet es nicht merken."
"Gwen, Liebling. Lass die beiden. Du weißt wie Beratungsresistent Sam in der Sache ist vor lauter Angst. Da wirst du sicher Penny nicht dazu kriegen, den ersten Schritt zu machen", rief nun Charly aus dem Keller und trat einen Moment später aus der Tür.
"Beratungsresistent?", wandte ich nun geschockt ein. Redeten sie Sam genau so zu, wie mir? Wovor hatte er Angst?"Sam hat niemals Angst. Vor nichts", murmelte ich noch und senkte verlegen den Blick, als Charly mich mild anlächelte.
"Nicht vor dem Leben oder dem Tod. Aber vor der Liebe schon. Er hat Angst, dass du ihn zurück weisen könntest." Wow. Also, Charly war Sam's Bruder, sein engster Vertrauter, dem er wahrscheinlich all das erzählte, was er mir nicht sagen wollte...und dass er darüber nicht mit mir sprach, fand ich nicht sehr verwunderlich - ich hatte ihn auch niemals mit meinen verzwickten Gefühlen und den damit einhergehenden Ängsten belastet, zumal er der Auslöser dafür war. Nun fragte ich mich unwillkürlich, ob ich das nicht vielleicht mal tun sollte...
"Warum sagt ihr mir das? Wollt ihr euch einen Scherz mit mir erlauben?"
"Penny, über so etwas macht man keine Scherze. Wir wollen euch glücklich sehen und bei dem, was ihr euch da abhaltet, könnt ihr wirklich jeden Schubs gebrauchen, den ihr kriegen könnt", wandte Gwen nun ein und begann Sam's und mein Essen in eine Tüte zu packen.
In diesem Moment piepste mein Handy und ich holte es aus der Tasche, um Sam's Nachricht zu lesen: Ist alles in Ordnung, oder soll ich einen Suchtrupp zusammen stellen? Ein zwinkerndes Smilie rundete seine Nachricht ab und ich konnte mir nicht das Lächeln verkneifen.
Nur einen Moment später flog die Tür auf und knallte gegen die Wand dahinter, dass ich das reißen des Glases darin hören konnte. Ich wandte mich um und sah den Mann vom Kai in der Tür stehen. Er hatte sich eine Sturmhaube aufgesetzt, aus der seine Augen voller Angst in die Runde schauten, aber ich erkannte seine Kleidung wieder. Doch was mich am meisten erschreckte, war die Waffe in seiner Hand, die er mit zitternden Händen immer wieder auf jemand anderen von uns richtete.
"Das ist ein Überfall. Keine Bewegung!" Wirklich? Er war so nervös, dass man spätestens jetzt wusste, dass seine Erfahrung mit Überfällen höchstens aus dem Fernsehen kommen musste. Aber grade, dass er so nervös war, bereitete mir die größte Sorge - in dem Zustand tat man Dinge, die man später bereute.
Ich hatte noch immer das Handy in der Hand und wählte nun im Schutz meiner Hand die Kurzwahl der Polizei, so lange ich noch die Möglichkeit dazu hatte.
Ich sah aus den Augenwinkeln, dass Charly zu den Kindern gehen wollte, die sich unter den Tisch gekauert hatten, an dem sie bis grade noch ihre Hausaufgaben gemacht hatten.
"Keiner bewegt sich! Und nehmt die Hände hoch!", schrie der Mann Charly und dann uns alle an und ich ließ das Telefon auf der Theke liegen. Hoffte, dass Malcolm hörte, was hier passierte."Los, pack das Geld in eine Tüte und eure Wertsachen will ich auch", rief er Gwen und dann Charly und mir zu. Langsam griff ich in die Tasche meiner Jacke und holte meinen Geldbeutel raus, um ihn Gwen auf die Theke zu legen, während ich beobachtete, wie sein Finger am Abzug sich verspannte."Kann mal einer die Kinder abstellen?", murrte er nun missmutig und sie kreichten auf, als er mit der Pistole auf sie deutete.
"Hey!" Und schon lag seine Aufmerksamkeit und der Lauf seiner Waffe wieder auf mir."Wir geben dir, was du willst, okay? Aber lass die Kinder gehen. Siehst du nicht, dass sie verängstigt sind? Sie verstehen das nicht. Niemandem muss hier irgendwas passieren." Er atmete tief durch und schloss einen Moment die Augen. Offensichtlich musste er sich das durch den Kopf gehen lassen.
"Okay. Sie können gehen."
"Darf ihre Mutter mit ihnen gehen?" Ich deutete hinter mich auf Gwendolyn und sein Blick wurde einen Moment nachdenklich."Es sind Kinder. Sie brauchen jemanden, der auf sie aufpasst und sie tröstet."
"Okay. Aber langsam und keine Tricks oder Polizei!"
"Versprochen!", murmelte Gwen. Sie war vollkommen verängstigt und warf mir dennoch einen besorgten aber auch dankbaren Blick zu, als sie hinter der Theke heraus kam und die Kinder einsammelte, um mit ihnen hinauf zu gehen.
Der Mann bedeutete mir nun mit dem Lauf seiner Pistole zur Seite zu gehen und ich tat, wie geheißen, ging in einem Bogen zur Wand und stellte mich neben die Eingangstür, während er zur Theke ging und mit zitternden Händen die Tüte, die Gwen dort bereit gestellt hatte, an sich nahm und auch meinen Geldbeutel darin verschwinden ließ. Er ging zu Charly, der nun ebenfalls seinen Geldbeutel heraus holte und in die offene Tüte warf, die der Mann ihm hin hielt, ehe er an der Theke entlang Richtung Tür ging.
Gleich würde es vorbei sein und wir wären sicher, dachte ich noch, als der Mann verharrte und auf mein Handy schaute. Er nahm es zur Hand und legte es sich ans Ohr, ehe sich sein Blick verdüsterte.
"Du hast mich rein gelegt! Du hast die Bullen gerufen", keifte er mich nun an und richtete erneut die Waffe auf mich. 
"Ich habe einen Freund angerufen, als du kamst. Du hast doch alles, was du wolltest. Verschwinde jetzt, dann passiert niemandem etwas."
"Ich will nicht in den Knast!", schrie er nun und ein Schuss löste sich, weil seine Hände mehr und mehr zitterten. Ich zuckte zusammen und stöhnte kurz auf, konnte es mir nicht verkneifen, als die Kugel meinen Oberarm streifte. Ich wollte nach der Wunde greifen, doch der Mann war außer sich.
"HÄNDE HOCH!" Ich tat, wie er mir geheißen hatte, während ich spürte, wie sich der Ärmel meines Shirts mit Blut vollsog. So viel Glück würde ich beim nächsten Mal sicher nicht haben."Ich habe eine Frau, ich habe Kinder. Ich habe meinen Job verloren aber ich muss mich doch um sie kümmern", murmelte er verzweifelt, den Tränen nahe.
"Ich verstehe dich. Geh jetzt, dann kommst du davon und kannst bei deiner Familie sein. Aber lass es nicht noch schlimmer werden, indem du die Waffe noch einmal benutzt", sprach ich ihm beruhigend zu. Ich musste gestehen, dass der Mann mir nun sogar noch leid tat. Er tat dies nur für seine Familie. Das war fast schon ein wenig heroisch.
Er atmete tief durch und machte einen Schritt Richtung Tür, als sich die Ereignisse überschlugen. In der Ferne hörte man eine Sirene aufheulen. Malcolm. In genau diesem Moment trat Sam durch die Tür. Bitte nicht. Nicht Sam! Ihm durfte nichts geschehen, flehte ich stumm.
Im Bruchteil einer Sekunde, sah ich, wie sein Blick mich traf, sah die Besorgnis darin, als er mein blutiges Shirt sah und wie er in genau dem Moment zu dem Mann aufsah, als dieser in seiner Verzweiflung erneut schoss - diesmal auf Sam. Ich reagierte instinktiv. Mein Beruf brachte es einfach mit sich, dass man automatisch die anderen retten wollte und trat einen Schritt zur Seite, warf mich so vor Sam und spürte die Kugel nur einen Moment später in mich eindringen. Ich konnte nicht sagen wo, doch der Schmerz war unerträglich.
Ich hörte Sam voller Panik meinen Namen schreien, spürte dass er mich auffing, als ich gegen ihn fiel und sah den Mann durch die Tür fliehen. In dem Moment, als die Kugel mich traf, hatte ich den Schock über seine Tat in seinen Augen gesehen und ich konnte nicht anders, als ihm zu vergeben.
Ich glitt zu Boden und schaute zu Charly auf, der vor mir hockte und mir Tücher auf die Wunde presste, um die Blutung zu stoppen. Seine Augen waren voller Panik. Dabei war es doch okay. Ich fühlte nicht einmal mehr den Schmerz.
Ich spürte eine Hand an meiner Wange und schaute auf, sah in Sam's Gesicht und in seine wundervollen blauen Augen. Er hielt mich in seinen Armen, drückte mich an sich, als wolle er mich nie wieder los lassen. Die Sorge in seinen Augen und auch die Tränen erwärmten mir das Herz und machten mich traurig zugleich. Sollten Charly und Gwen Recht haben? War ich wirklich so blind gewesen? Warum erkannte ich erst jetzt, dass all meine Ängste unbegründet gewesen waren?
Ich hob die Hand an seine Wange und er drehte mich ihm zu, legte seine Stirn an meine und wir verharrten einen Moment so. Ich genoss es, ihm so nahe zu sein, doch ich merkte auch, dass ich Schwächer wurde...und müde. So unendlich müde. Doch ich wollte nicht einschlafen, bevor ich es ihm nicht gesagt hatte. Ich wollte nicht gehen, ohne dass er es je erfuhr.
"Ich liebe dich, Sam." Meine Stimme war nur ein Flüstern und doch wusste ich, dass er mich gehört hatte. Die Qual in seinen Augen wuchs und er zog mich noch ein wenig fester an sich.
"Ich liebe dich auch, Penny. Halte durch. Bitte. Ich brauche dich!", hörte ich ihn noch mit tränenerstickter Stimme sagen, ehe er mir einen Kuss auf die Stirn gab. Doch ich musste mich der Müdigkeit ergeben. Sie legte sich um mich, wie ein Mantel, der mich von der Welt abschirmte. Es war in Ordnung, denn Sam's Liebe gab mir Wärme und Kraft mit auf den Weg, nahm mir die Angst vor dem, was mir bevorstand.

Sam & Penny One-ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt