Der Wunsch

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Hier nochmal was Kurzes, was mir gestern Abend in den Sinn kam. Ich stecke bei meiner anderen Story so fest, dass ich mich mal ablenken musste 🙈
Viel Spaß beim Lesen.

Ich schaue auf die Uhr: 23:55 Uhr.
Es ist das erste Mal, dass ich an diesem Tag, um diese Zeit noch wach bin und es deprimiert mich. Wieder ist ein Jahr ins Land gegangen. Wieder kommt es mir vergeudet vor. Wieder bin ich keinen Schritt weiter im Leben gekommen.
Okay, ich liebe meinen Job. Ich bin gut darin, sehr gut sogar. Ich habe fantastische Kollegen. Sie sind meine Freunde, wie eine Familie. Ich vertraue ihnen bedingungslos, wie sie sich zu 200 Prozent auf mich verlassen können. Immer. Ich würde alles für sie tun. Besonders für den einen.

Wieder schaue ich auf die Uhr: 23:56 Uhr.
Sein Duft bringt mein Herz zum rasen. Wenn sein Blick den meinen trifft wird mir auf angenehme Weise mulmig. Sein Lächeln lässt mich träumen. Sein Lachen ist wie Musik in meinen Ohren. Wenn er mich berührt, stockt mir der Atem und ab und an wirft er mir einen Blick zu, der mir die Sprache verschlägt. Und genau das ist mein Problem. Wir können uns dauernd gegenseitig aufziehen. Wir lachen mit und über einander. Wir sind ein eingespieltes Team und verstehen uns ohne Worte. Aber in den Millionen Momenten, wo ich die Gelegenheiten gehabt habe, habe ich nie den Mund aufgekriegt.

23:57 Uhr. Diese blöde Uhr zieht meinen Blick magisch an. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er auch mehr für mich übrig hat. Es sind diese kurzen Momente: Wenn ich ihn dabei erwische, dass er mich heimlich beobachtet - mit diesem Funkeln in seinen Augen. Wenn die Situation gefährlich ist und er mich bittet vorsichtig zu sein - mit Besorgnis in der Stimme und verzweifelter Hilflosigkeit, weil er nicht eingreifen kann. Wenn wir uns nahe kommen und seine Wangen sich röten - mit diesem Ausdruck der Sehnsucht in seinen Augen. Doch die Momente vergehen schnell, gestört vom Geschehen oder den Leuten um uns herum und dann ist er wieder wie immer: Gelassen, souverän, Herr der Lage.

Ich will nicht, doch ich kann nichts dagegen tun. 23:58 Uhr. Es ist zum aus der Haut fahren. Ich träume jede Nacht von ihm. Einer Zukunft zu zweit, eines Tages vielleicht auch zu dritt oder viert. Kleinen Ausgaben von uns beiden, mit seinem Haar, seinen Augen. Einem Haus, vielleicht einem Hund, mit dem die Kinder spielen können? Es ist mein einziger Traum und doch wird er niemals wahr. Ich habe nicht den Mut es ihm zu sagen. Ich habe Angst. Angst dass ich ihn als Freund verliere, wenn ich es tue. Es heißt immer: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Aber war es nicht besser ihn als Freund zu haben, statt ihn vollkommen zu verlieren? Ich liebe ihn so sehr und doch soll es scheinbar nicht sein.

Ich stöhne genervt auf, als mein Blick wieder zu meiner Uhr schweift. 23:59 Uhr. Vielleicht sollte ich vorwärts schauen? Meine innere Uhr tickt und ich werde nicht jünger. Und da ist ja auch noch Ben. Er sieht gut aus. Er ist nett, aufmerksam und zuvorkommend. Er scheint es ernst zu meinen. Und er hat mich bereits mehr wie einmal um ein Date gebeten, doch ich habe immer abgelehnt. Sollte ich ihm wirklich eine Chance geben? Würde ich glücklich mit ihm? Er würde immer nur eine Alternative sein.

"Happy Birthday to you..." Ein angenehmer Schauer jagt durch mich hindurch, als ich seine Stimme höre und drehe mich um. Ich kann nichts gegen das Lächeln tun. Das passiert immer, wenn ich ihn sehe. Ich höre ihm zu, wie er leise singend auf mich zu kommt, eine Tasse in der Hand mit...einer brennenden Kerze darin?! Was ist das?
Als er vor mir steht beendet er sein Debüt und zieht mich mit der freien Hand an sich, um mich zu umarmen.
"Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Pen."
"Dankeschön Sam."
"Ich bin sehr froh, dass ich mal der erste sein darf, der dir gratuliert."
"Das bist du immer, weil niemand außer dir sich den Wecker stellt, um mir um punkt Mitternacht eine Nachricht zu schicken." Ich knuffe ihn freundschaftlich in den Bauch und versinke in seinen Augen, seinem wundervollen Lächeln.
"Wünsch dir was." Er hält mir die Tasse mit der Kerze vor die Nase.
Ich überlege nicht lange. Das muss ich nie. Ich habe nur einen Wunsch. Jahr für Jahr ist es der selbe. Ich puste die Kerze aus und rieche Schokolade.
"Was ist da drin?"
"Schokoladenkuchen. Ich weiß doch, wie gern du ihn hast. Aber ich wusste, ich kriege dich keine Stunde abgelenkt, damit ich einen richtigen backen kann, also musste es schnell gehen. Das ist ein Rezept für die Mikrowelle, aber sehr lecker." Er zog zwei Löffel aus der Tasche und ich lachte.
"Und definitiv gut für die Hüfte, bei der kleinen Portion." Ich nehme ihm einen Löffel ab.
"Ich hab noch Teig übrig." Er zwinkerte frech."Und Elvis bringt nachher einen richtigen Kuchen mit. Lassen wir es also langsam angehen." Er zieht die Kerze aus dem Tassenkuchen und fordert mich stumm auf mich zu bedienen.
"Also sowas heckst du aus, wenn du mich um kurz vor 12 raus schickst, um mal frische Luft zu schnappen?" Ich stecke mir den ersten Löffel voll in den Mund.
"Nur wenn die Nachtschicht so langweilig ist wie heute und du Geburtstag hast."
"Oh Sam, der schmeckt himmlisch. Den kannst du definitiv öfter machen."
"Freut mich, dass er dir schmeckt. Ich mach dir den so oft du willst."
"Sei vorsichtig mit deinen Angeboten. Bei deinem Talent kommst du sonst aus der Küche nicht mehr raus." Ich will ihn nur necken, doch als ich zu ihm aufsehe, sehe ich, dass er mich ernst ansieht. Was ist los mit ihm? Hab ich was falsches gesagt?
Er hebt seine Hand zu meinem Gesicht. Will er mich berühren? Ich hoffe es so sehr. Doch er verharrt, zögert. Es ist nur eine Sekunde, doch sie scheint mir wie eine Ewigkeit. Enttäuscht sehe ich, dass er die Hand wieder sinken lässt.
Verwirrt beobachte ich, wie er die Tasse am Boden abstellt.
Als er sich wieder aufrichtet, macht er einen Schritt auf mich zu, steht genau vor mir. Seine Augen schauen in die meinen, in seinem Blick sehe ich etwas Neues, etwas was ich zuvor nie gesehen habe, etwas wundervolles. Ich spüre seine Linke in meinem Rücken, als er mich an sich zieht. Seine Rechte legt sich an meine Wange und es ist wundervoll. Alles in mir spielt verrückt. Mein Kopf fasst keinen klaren Gedanken mehr. Meine Beine werden schwach. Mein Herz rast, als er mir näher kommt. Ich habe das Gefühl zu schmelzen, als er seine Lippen auf meine legt. Es sind nur Sekunden und doch die schönsten meines Lebens.
Unsere Lippen trennen sich wieder und er schaut mir in die Augen, als suche er etwas darin.
"Ich konnte nicht widerstehen, tut mir leid." Seine Worte sind nur geflüstert, doch er entfernt sich nicht von mir, verharrt und hält mich weiterhin an sich gedrückt. Meine Hände ruhen an seiner Brust und ich spüre, wie sein Herz unregelmäßig und zu schnell schlägt, als würde es sich überschlagen.
Mir tut es nicht leid und in seinen Augen sehe ich, dass es ihm das auch nicht wirklich tut.
"Das muss an meinem Wunsch liegen." Meine Stimme ist schwach, zu überwältigt bin ich von der Situation.
"Du hast dir einen Kuss gewünscht?" Er lächelte sanft und ich spürte, wie mir eine sanfte Hitze in die Wangen steigt.
"Ich habe mir gewünscht, dass ich eine Chance bei dir habe." Überraschung tritt in seine Augen, bevor nur einen Moment später das Lächeln zurück kehrt. Da ist dieses Funkeln in seinen Augen wieder.
"Niemand außer dir hat jemals eine bei mir gehabt, Penny." Erneut kommt er mir näher. Ich spüre seinen Atem an meinen Lippen, als er noch flüstert:"Ich liebe dich doch."
Ich kann nichts mehr erwidern, denn sein Kuss bedeckt nicht nur meine Lippen, sondern raubt mir auch den Atem. Ich lasse mich vollkommen fallen, genieße den Augenblick, während seine Worte meine Glücksgefühle überschaumen lassen und sein Kuss mir die Sinne vernebelt.
"Ich liebe dich auch, Sam", seufze ich zufrieden zwischen zwei Küssen, glücklich dass mein Leben endlich eine wundervolle Wendung nimmt, dass sich mein größter Wunsch erfüllt hat.
"Ich würde am liebsten gar nicht mehr aufhören, dich zu küssen."
"Dann tu es nicht. Wir haben die ganze Nacht Zeit." Er schüttelt lächelnd den Kopf.
"Nein. Wir haben den ganzen Rest unseres Lebens Zeit."
Ein wohliger Schauer durchfährt mich. Es passierte also nicht nur in Filmen, dass Träume wahr werden konnten.
Heute ist mein Geburtstag. Der Beste, den ich je hatte. Der erste von vielen weiteren, die alle einfach nur wundervoll werden konnten.

Sam & Penny One-ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt