Capitolo nove

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Felicia Ricci

„Warum tust du was er sagt?", frage ich den Mann vor mir.
Er blickt zu mir herüber und fixiert mich angestrengt.
„Ich darf nicht mit Ihnen reden, es tut mir leid", antwortet er einfach und läuft weiter durch die dunklen Straßen.
Wo wir sind, weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass ich, als ich aufgewacht bin, in seinen Armen lag und von ihm getragen wurde. Und da befanden wir uns bereits in diesen endlosen Straßen Italiens. Das konnte man echt Pech nennen.
„Kann ich wenigstens wen anrufen? Ich würde wirklich zu gerne meiner Freundin Bescheid sagen, dass sie mich an meiner Universität fürs erste abmelden soll, und ihr sagen, dass alles gut ist", frage ich ihn vorsichtig.
Er scheint zu überlegen und kratzt sich verzweifelt an seinen Hinterkopf.
„Bitte, zwinge mich nicht Ihnen weh zu tun. Sie haben 1 Minute, aber wenn Sie irgendwas verraten sollten, dann muss ich Ihnen weh tun", stammelt er und seine kastanien braunen Augen bohren sich durch meine.
Ich nicke ihm zu und er reicht mir sein Iphone.
Ich tippe Ginos Nummer ein und es wählt.
Dieses endlose Piepen macht mich ganz nervös. Was, wenn er nicht ran geht?
„Hallo?", ertönt zum Glück seine verschlafene Stimme.
„GINO!", rufe ich glücklich. Plötzlich zieht der Mann vor mir seine Augenbrauen zusammen und sieht mich fragend an.
Fuck. Ich hab ja gesagt ich möchte eine Freundin anrufen.
Entschuldigend sehe ich ihn an und konzentriere mich wieder auf Gino, der mich mit hundert Fragen bombardiert.
„Hör zu. Melde mich an der Uni ab und sag dass ich wegen gesundheitlichen Gründen vorerst nicht mehr studieren kann. Sie sollen meine Platz nicht vergeben, sondern lediglich reservieren, ok?"
„Aber Feli, was ist los?? Ich war bei dir zuhause, doch niemand ist da! Nichtmal Amar", stammelt er und bereitet mir direkt Sorgen. Wieso sind die nicht daheim?
„Das ist egal. Ich kann es dir nicht erzählen. Macht euch bitte keine Sorgen. Und Gino", sage ich und beobachte den Mann vor mir, welcher einfach mit einer Waffe vor mir steht. Scheiße.
„ICH BIN IN IRGENDWELCHEN DUNKLEN STRASSEN, IN DER NÄHE VOM MEER AN DER K-".
Weiter komme ich nicht denn er feuert einen Schuss nach oben und reißt mir das Handy aus der Hand.
Plötzlich wirft er es auf den Boden und schießt dreimal in das Handy rein, bis nur noch kaputte Metallreste vorhanden sind.

Geschockt sehe ich ihm in die Augen und er presst seinen Kiefer aufeinander.
„Warum haben Sie das getan?!", presst er hervor und kommt mir näher.
„Ich will nicht bei euch bleiben. Ich habe Angst", flüstere ich und merke wie mir die Tränen kommen.
Er atmet genervt aus und steckt seine Waffe in sein Hosenbund zurück.
„Komm, weiter gehen. Gleich sind wir da", murmelt er ohne Weiteres und zieht mich hinter sich her.
Verdammt, das war knapp. Hoffentlich hat Gino irgendeine Info herausbekommen und ruft die Polizei.
Wäre das bei Monti passiert... ich glaube er hätte nicht auf das Handy geschossen, sondern auf mich. Deswegen muss ich einfach hier weg.

-

Ich sitze nun bereits seit Stunden mit dem Mann, der sich als Silo vorgestellt hat, in einer verlassenen Lagerhalle. Es ist scheiße kalt hier drinnen und vor allem: Dreckig.
„Warum hat Signor Monti Sie überhaupt entführt?", fragt er mich neugierig.
„Solltest du das nicht wissen? Ich meine, du entführst mich ja gerade weiter, Silo".
„Es ist mir nicht gestattet Fragen zu stellen. Mein Job ist es, ihm zu gehorchen, ihm zu dienen und das zu tun, was er von mir verlangt", antwortet er abwesend.
„Und was ist, wenn er dir befiehlt jemanden zu töten?"
„Das passierte schon. Und dann tue ich es, wie bei jeder anderen Bitte auch", flüstert er und schaut mir in meine Augen.
Geschockt schaue ich ihn an und halte mir eine Hand vor dem Mund.
„Also hast du Menschen auf dem Gewissen?"
Er nickt und steht auf. „Das ist mein Job. Jetzt erzählen Sie mir bitte, warum Sie entführt worden sind. Das tut mein Patron nämlich nie", fordert er mich auf und runzelt die Stirn.
„Mein Padre hat Schulden. Und aus irgendeinem Grund kam dann dein toller Patron und hat die Idee gehabt mich mit zu nehmen", erzähle ich ihm angepisst und gestikuliere dabei herum.
„Hat er noch was gesagt?"
„Ja, hat er. Er hat von einer Hochzeit gesprochen", erwider ich und verziehe dabei meine Mundwinkel.
Er schließt seine Augen und atmet mehrmals tief durch seine Nase.
„Wollen Sie das?"
Bitte was?!
„Wollen Sie, dass er Sie heiratet?", wiederholt er sich und starrt mir dabei neugierig in die Augen.
„Bist du verrückt? Ich bin gegen meinen Willen hier, Silo".
„Signora Ricci. Darf ich Ihnen etwas sagen?", fragt er mich vorsichtig.
„Ja, bitte. Und nenn mich Felicia"
„Er ist ein netter Mann, Felicia. Er hat noch nie eine Frau mitgenommen, vor allem nicht wegen Geldschulden eines einfachen Mannes. Er würde die Loyalität und Gehorsamkeit deines Vaters verlangen- jedoch nicht seine Tochter. Und vorfallen würde er nicht wollen, dass ich Sie in Sicherheit bringe", erzählt er mir und lässt mich dabei nicht aus den Augen.
„Wenn das so ist, warum bist dann nur du hier und nicht mehrere?", frage ich ihn und bin mir sicher, dass ich ihn jetzt ertappt habe.
„Ich bin der Beste, Felicia. Um ehrlich zu sein, ich bilde seine Männer aus und steuere sie. Aus diesem Grund bin ich seine rechte Hand".
Ich staune nicht schlecht. Er hat den besten zu mir geschickt?
„Ich möchte nach Hause, Silo", stottere ich und blicke zu Boden.
„Sei nett zu ihm und er wird nett zu dir sein. Mehr ist mir nicht gestattet, zu sagen".
Ich nicke und belasse es nun dabei. Silo ist nett zu mir und ich möchte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen.
„Signora Ric- Felicia. Darf ich Sie bitten, hier zu bleiben und unter keinen Umständen die Halle zu verlassen. Ich muss ein neues Telefon organisieren, da das andere... kaputt ist. Wenn Sie gehen sollten, dann begeben Sie sich in eigene Gefahr", spricht er mit einem bebenden Unterton zu mir, der mir eine Gänsehaut bereitet. Irgendwas in seiner Stimme, gibt mir zu verstehen, dass er recht hat, mit dem was er sagt. Also provozieren wir lieber nicht das Unglück.

Silo's Sicht

Es bereitet mir Sorgen, sie jetzt alleine zu lassen. Ich weiß, dass sie gegen ihren Willen hier ist. Und ich weiß, dass mein lieber Freund Aurelio nicht immer der netteste ist. Aber sie sollte wenigstens versuchen ihm entgegen zu kommen. So wie ich Aurelio kenne, wäre sie schon längst in irgendeinem Puff gelandet oder bei fremden Männern für Geld, wenn er nicht etwas in ihr sehen würde.
Deswegen hoffe ich, dass sie auf mich hört und da bleibt. Ich brauche unbedingt ein Telefon, bevor mich mein Patron köpft und den Hunden zum Fraß vorwirft.

-

Ich reiße das neue Handy aus der billigen Verpackung und stecke die neue SIM Karte hinein.
Ich tippe blitzschnell Aurelios Nummer ein und warte bis er abnimmt, was nach einem Mal Läuten der Fall ist.
„Wo seid ihr, verdammt?!", schreit er direkt ins Telefon.
„In der Lagerhalle an der Küste unten. Ich habe mein Handy in der Nähe... verlorenen"
„Wo ist sie?", fragt er bestürzt und bereitet mir Sorgen.
„In der Halle, wieso?"
„Verdammt, Silo! Du musst da sofort hingehen! Sofort!", schreit er aufgebracht und ich nehme meine Beine in die Hand und renne so schnell ich kann zurück.
„Was ist los, Aurelio?", frage ich aus der Puste.
„Die Botegas sind an uns dran. Und ich bin mir sicher sie wollten dein Handy orten. Gott sei Dank hast du es nicht benutzt".
Plötzlich bleibe ich stehen und merke, was für eine Scheiße ich gebaut habe.
„Was ist los, bist du da oder warum rennst du nicht mehr?!"
„Aurelio... wir sind am Arsch", flüstere ich und sehe zu der Halle, welche von 10 schwarzen Mini Vans umzingelt ist.
„Was soll das heißen, Silo?! sag mir sofort was los ist!", brüllt er.
Ich lasse das Handy vorsichtig sinken und knie mich hin.
„Da haben wir dich", flüstert eine mir allzu bekannte Stimme. Er richtet die Waffe auf mich und grinst.

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