Capitolo novantanove

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Fila Monti

Wir fahren bereits seit 20 Minuten den Highway entlang, bis wir nach der nächsten Ausfahrt abbiegen in eine abgelegene Straße. Sie ist mit Pflanzen verwildert und machen eigentlich den Anschein, dass diese Straße unbefahren und wahrscheinlich noch verboten ist. Langsam taucht auch schon die Firma, oder eher das alte, recht große Lagerhaus auf.

Auf dem Parkplatz stehen in Reih und Glied alle Mercedes und Porsche Wagen in schwarz. Was auch sonst?

„Wo soll ich parken?", frage ich genervt und warte auf seine Antwort.

„D-Da vorne."

Im Rückspiegel beobachte ich seine Gestalt. Er sieht schlimm aus. Abgemagert, grün und blau geschlagen. Kein Zeichen, dass es ihm gut geht.

„Wie geht es dir?", frage ich, trotz seiner bedrohlichen Aktion.

Immerhin war er ein Onkel für mich und Ian. Wir waren froh, wenn Vater einen seiner Ausraster hatte, dass er dann zu uns kam und uns Kopfhörer aufsetzte, damit wir die grausamen Schreie nicht aus dem Keller hörten. Die waren ohrenbetäubend.

„Bitte, mach es mir nicht schwerer, Fila. Mein kleines Mädchen", weint er plötzlich und reibt sich über seine roten Augen.

„Was passiert mit ihm?", frage ich und natürlich weiß er, wen ich meine.

Aurelio wird verrückt. Das merkt jeder.

„Er sieht Dinge... er hört Dinge und er denkt, dass sie wahr sind! Er sieht in allem eine Bedrohung... hat Angst um seine Schuhe! Stell dir das vor! Sogar vor bloßen Gegenständen hat er Angst und will sie zerstören!"

Man hört aus seiner Stimme heraus, dass er verzweifelt und hilflos ist. Doch was kann man dagegen tun? Nichts. Aurelio braucht und verdient die goldene Kugel. Sonst stürzt er uns und sich selbst ins Verderben.

„Ich will das nicht tun, glaub mir das bitte."

Er sieht mich aus traurigen Augen an und schnieft laut.

„Du hast dich gegen mich gewendet, Silo. Egal wie der Tag heute endet, ich werde mich auch gegen dich stellen müssen. Das weißt du", flüstere ich und sofort versteht er.

Unser Kodex.
Vergebung ist uns nicht gestattet.
Gleiches wird mit gleichem vergolten.

„Sì", haucht er und richtet wieder seine Pistole auf mich.

Mein Herz schmerzt. Alles wegen Aurelio.

Er steigt aus dem Wagen aus und ich tu ihm nach.
Ich hoffe, Massimo hat meine Nachricht erhalten. Während Silo von Aurelio erzählte, habe ich Massimo nur meinen Standort geschickt. Das wird verständlich genug sein. Mit Sicherheit. Wenn nicht, dann hoffe ich stirbt er an seinen Schuldgefühlen, wenn er herausfindet, dass ich nur wegen seiner Unachtsamkeit ums Leben gekommen bin. Ich weiß, dass ihn das kränken würde.
Zumindest hoffe ich das. Sonst sieht's schlecht für mich und Ian aus.

„Lauf."

Ja, ich laufe.
Ich laufe in meinen sicheren Tod hinein. Ganz unbewaffnet.

„Na sieh mal einer an, wer doch noch zu unserer kleinen Teeparty erschienen ist!", klatscht er laut in die Hände und grinst bis über beide Ohren.

Ich ignoriere ihn gänzlich und suche wie verrückt mit meinen Augen nach Ian. Wo ist er?
Hier sind nur Mitglieder seiner Mafia versammelt. Wo ist er nur?

„Legt los", ruft Aurelio und plötzlich stürmen alle Männer auf mich los.

„NEIN! HILFE!", brülle ich, doch was mache ich mir vor?

Niemand wird mir helfen.
Meine Kleidung wird mir gewaltsam vom Leibe gerissen und unachtsam auf den Boden geworfen. Ihre dreckigen Hände berühren meine zarte Haut und verschmutzen sie!

„Bitte nicht!", weine ich schreiend, denn allmählich überkommt mich die nackte Angst.

„Du wolltest mir doch den Krieg erklären, Kleines?", ruft er mir spöttisch zu und sieht erfreut zu, wie die Männer über mich herfallen.

Weinend strample ich hin und her, bis vier Männer sich an meinen Beinen und Armen positionieren, um sie fest zu halten.

„Moment", ruft Aurelio in die Menge und sofort halten sie Gott sei Dank inne.

Er ist zu Besinnung gekommen!

„Fila, mein Kind. Wie willst du Massimos Frau werden, wenn du dreckig und benutzt bist?"

Nein. Nein, nein, nein, nein, nein!

„HILFE!", schreie ich panisch, als ich sofort seiner Anspielung folgen kann.

Er gibt ein Handzeichen und plötzlich wird mir meine Unterhose vom Leib gezogen. Die nächsten Augenblicke nehme ich nur noch gedämpft wahr. Einer taucht mit seinen Fingern in meine brennende Mitte ein. Der andere saugt an meiner Brust.
Plötzlich zieht sich einer bereits aus und stellt sich grinsend zwischen meine Beine hin. Brüllend kreische ich die Männer an, sie sollen ihre Pfoten von mir nehmen, doch sie sind alle wie berauscht.
Mein Unterleib zieht sich schmerzerfüllt zusammen und bringt mich panisch dazu, nach Luft zu schnappen. Ich atme und atme, doch meine Lunge will sich nicht mit Luft befüllen.

Meine Sicht verschwimmt und wird von einer Dunkelheit angezogen. Die Schmerzen blende ich aus.
Als ich gerade in ein schwarzes Loch sinken will, ertönen laute Schüsse.
Mein Körper fällt krachend zu Boden, und die vielen Hände lassen von mir ab.

Völlig fertig mit den Nerven, öffne ich meine Augen und schaue angestrengt nach, was für die Unterbrechung, oder eher für die Erlösung, gesorgt hat.

Und da steht sie.
Die Frau vom Friedhof.
Sie steht vor mir mit einer Pistole und zielt auf Aurelio Monti.

„Ciao, mi amor", begrüßt sie Vater und lächelt ihn gnadenlos an.

Aurelios Fassade ist in tausend kleine Stückchen zerbröselt. Er ist kreidebleich im Gesicht und seine Augen stehen weit offen, als würde er ein Gespenst sehen.

Verdammt, wer ist das? War das auf dem Friedhof doch kein Zufall, dass sie mich beobachtet hat?

„F-Felicia", haucht er und fällt auf die Knie.

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