Capitolo sessantacinque

2.5K 69 1
                                    

Felicia Ricci

Es ist 1 Stunde her.
Sein Antrag ist eine Stunde her und mir gefriert immer noch das Blut in den Adern.
Er sagte mir, als ich ihn benommen anstarrte, dass ich mir Zeit lassen könne.
Seine Betonung lag dann im weiteren auf : aber nicht allzu lange!
Ja, Aurelio. Dich werde ich heiraten. Das war doch schon immer mein Traum!
Wer will nicht seinen Vergewaltiger und Peiniger heiraten?

Wir sitzen zu dritt im Auto.
Aurelio fährt, Silo sitzt hinten und ich neben Aurelio auf dem Beifahrersitz.
Er hat mich in den letzten Minuten bestimmt 10 mal gefragt, ob mir kalt ist.
Ich verneinte jedesmal. Mir ist unglaublich heiß. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich so dermaßen nervös und aufgebracht bin.
Er konnte den Antrag doch nicht ernst meinen!
„Mein Vater wird morgen kommen", spricht er und schaut starr auf die Straße nach vorne.
Ich schaue zu ihm rüber und zucke mit den Schultern.
Sollte mich das jetzt betreffen?
„Ok", erwider ich einfach.
„Felicia", brummt er und schaut mich nun an.
„Du sollst dich entscheiden, bis er ankommt morgen", grummelt er und fasst sich in seinen Bart, der schon strubbelig auseinander steht.
„Man Aurelio! Was habe ich denn für eine Wahl?!", fauche ich und rümpfe meine Nase. Als ob ich selber entscheiden dürfte!
„Du hast recht", meint er nur stumpf und umfasst das Lenkrad fester.
„Aber es muss so sein. Entweder du heiratest mich, oder-", er stoppt und schließt seine Augen.
„Oder was?!", frage ich schon panisch. Will er mich jetzt töten?
„Felicia. Sag einfach ja. Ich bin kein Monster!", zischt er nun und kaut auf seiner Lippe herum.
Kein Monster? Er soll kein Monster sein?
„Sag mal, hast du eine verzogene Wahrnehmung?! Welcher gute Mensch vergewaltigt bitte?!", schreie ich nun und haue auf den Ledersitz drauf.
Ich höre von hinten ein geschocktes Zischen.
„Du hast was?!", kommt es sichtlich schockiert und irritiert von Silo.
Was ein Schnellchecker.
„Felicia, ich habe das doch nicht so gemeint verdammt!"
„Aurelio, wir brauchen darüber nicht zu reden. Ihr- Ihr beiden seid verkorkste Penner und wenn du mich töten willst, dann tu das. Ich heirate niemanden".
Gespräch beendet.
Er atmet laut aus und lehnt seinen Kopf an die Fensterscheibe.
Ich betrachte ihn unauffällig von der Seite. So ein schöner Mann und doch so verdorben. Ich mein, jede Rose hat Dornen. Aber könnte ich mit so einer Rose leben? Mich jedes Mal an ihr verletzen, bis es Narben gibt?
Ich kann das nicht. Zumal wüsste ich nicht, was mir das bringen würde. Ich habe nichts davon, wenn ich diesen Dreckssack heirate.
Klar, er ist sehr einflussreich und wohlhabend- aber ich bin Felicia Ricci. Ich würde schon selbst an Geld kommen, da brauche ich keinen Mann, auch noch einen kriminellen, der mir den Hintern pudert.
Ich habe wirklich geglaubt, es würde ein Mann kommen, der mich abgöttisch liebt und ehrt. Der meine Meinung und Ansicht respektiert und beachtet.
Der nicht gegen meinen Willen handelt und mich verletzt.
Ich habe in den letzten Jahren nur Unglück erfahren.
Ich würde gerne alles auf Aurelio schieben, jedoch war er nur ein „Käufer" meines Vaters. Was jetzt Sinn macht!
Ich war nicht das erste Mädchen, was er gekauft hat!
Deswegen die Veranstaltung gestern...
Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
„Du betreibst Menschenhandel?!", fiepe ich entsetzt und schaue ihm direkt in sein männliches Gesicht.
Er zögert. Ich sehe es.
Seine Augen werden größer, wollen sprechen, jedoch bleibt sein Mund verschlossen.
Ich bin sprachlos.
„Und du verlangst von mir, dass ich dich heirate? Einen Mann, der Frauen verkauft und kauft?".
„Reiz mich nicht!", knurrt er und drückt immer schneller aufs Gaspedal.
„Na klar, sag dem Boss niemals, was für ein Loser er ist. Könnte ihn ja verletzen!", zische ich und zeige ihm meinen Mittelfinger.
„FELICIA", brüllt er durch das ganze Auto und haut mit voller Wucht auf das Lenkrad ein. Einige Male hupt er dabei und vertreibt somit einige Autofahrer um ihn herum.
Mir macht es nichts mehr aus.
Diese Aggressivität.
Ich bin es gewöhnt. Eigentlich ist das traurig, aber in einer Situation, wie jetzt, macht es mir nichts aus.
Was mich jedoch interessiert, ist, warum er so wütend wird. Ist es sein geknickter Männerstolz? Will er nicht hören, wie ekelerregend er ist?
Ist er etwa stolz auf diese Geschäfte? Ich habe ihn nie gefragt, um ehrlich zu sein. Ich meine, was er so macht. Ja, ich wusste, er ist ein Mafioso. Gefragt, was so ein Mafioso macht, habe ich nie. Vielleicht hätte ich dies tun sollen? Wer weiß, vielleicht hätte ich viele Dinge ändern können, wenn ich nur etwas aufmerksamer gewesen wäre.
Diese Überlegung betrifft auch Gino. Hätte ich früher gemerkt, dass etwas nicht mit ihm stimmt, wäre er vielleicht heute noch am Leben... vielleicht brauchte er Hilfe? Tat es aus Verzweiflung?
Nein.
Ich kann es mir schön reden, wie ich will. Ich sah seinen Gesichtsausdruck während der ganzen Zeit. Ihm gefiel das Leid.
Die Frauen die zum Kauf gestellt wurden.
Er sah glücklich aus.
Glücklich darüber, seinen Platz gefunden zu haben.
Und das werde ich niemals verstehen, wieso man glücklich ist, in der Mafia zu sein.
Mafia zeigt mir nur den Tod, Hass, Angst und Verrat.
Der eigene Bruder könnte dich jeden Moment umbringen.
Gino hat seinem Bruder vertraut.
Lorenzo hat es ausgenutzt und ihn einfach erschossen.
Aurelio könnte das gleiche mit mir machen. Zu jeder Zeit.
Und das schlimme ist, mich würde niemand vermissen. Die Polizei würde nicht handeln.
Niemand.
Aurelio ist zu mächtig, als dass sich jemand trauen würde, gegen ihn zu arbeiten.

„Wir sind da", murrt er plötzlich und stößt grob die Autotür auf und eilt zu meiner Seite hinüber.
„Beeil dich"
Genervt verdrehe ich die Augen.
„Du willst, dass ich dich heirate, aber bist nicht einmal in deinem ganzen Leben liebevoll zu mir gewesen", murmel ich eher an mich gerichtet, als an ihn, jedoch hört er das und knallt voller Wucht die Türe ins Schloss.

Die ist zu.

ObsessionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt