Capitolo quarantadue

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Felicia Ricci

„Nimm sofort die Finger von ihr!"

Wütend springt Aurelio auf und pirscht zu ihm hervor, um ihn am Kragen zu packen.
„Wie war das?", knurrt er.
Und als würde Ian sich fangen, rafft und räuspert er sich sofort.
„Die Botegas sind jeden Moment da", spricht er ruhig und atmet gefangen aus.

„Was?!", brüllt Aurelio und rennt aus dem Zimmer, wobei er vorher, woher auch immer, eine Pistole heraus gezogen hat.
Hat der Typ immer Waffen mit sich?
Ich sollte aufpassen.

„Felicia! Komm!", keift er von unten und sofort setze ich mich in Bewegung. Ian starrt mich beinahe schon gruselig an, als ich an ihm vorbei flitze.
Während ich zu Aurelio eile, höre ich schwere Schritte hinter mir.
Ian.
„Was sollte das vorhin?", kommt es plötzlich von mir.
„Ich weiß nicht, was du meinst"
„Oh doch, das weißt du! Wieso warst du so wütend, als du uns gesehen hast. Und sowas wichtiges mit den Botegas, das sagt man nicht irgendwann ganz ruhig. Sowas sagt man SOFORT", mecker ich ihn an und schüttele den Kopf genervt.
„Er hat dich nicht verdient", kommt es dumpf von ihm.
Ich bleibe geschockt stehen, doch er läuft einfach weiter. Ich hüpfe ihm schnell hinterher und frage sofort weiter. Mich überkommt nämlich ein unangenehmes Gefühl.
„Was meinst du damit?"
„Felicia! Frag mich nicht so viel und verpiss dich von mir, Pronto! Du wirst es bald eh raus finden und wenn das passiert, dann hoff nicht auf meine Schulter zum ausweinen", patzt er mich an und verschwindet einfach in einem Zimmer im Erdgeschoss. Ich tippe auf sein Arbeitszimmer.
Ach aber scheiss doch jetzt mal darauf, wo der Penner reingegangen ist! Wieso benimmt er sich so launisch mir gegenüber. Wut schäumt in mir, dass ich es gar nicht richtig verarbeiten kann. Wieso soll ich noch rausfinden, weshalb Aurelio nicht gut für mich ist? Hätte der Sack mir das nicht sagen können?- Natürlich nicht. Irgendwie müssen solche Kerle sich ja interessant machen, wenn's anders nicht geht.
Grimmig schlendere ich ins Wohnzimmer auf Aurelio zu, der da mit Japser alle Monitore abscannt.
„Was guckt ihr da?", frage ich neugierig und lasse mich auf der weißen Couch nieder.
„Das sind Überwachungskameras"
Verstehend nicke ich Aurelio zu und betrachte ihn von hinten. Das was Ian gerade eben zu mir gesagt hat, lässt mich einfach nicht los.
Hat Aurelio Geheimnisse vor mir? Ein dumpfes Gefühl breitet sich in mir aus und ich beschließe mich dazu, sein Handy mal zu überprüfen.
Vertrauen ist gut- Kontrolle ist besser.
Und da ich nun mal Vertrauensprobleme habe, kann ich mit diesem Gefühl nicht leben.
Schleichend flitze ich die Treppen wieder hoch in sein Schlafzimmer, wo er hoffentlich sein Handy hat liegen lassen.
Und Bingo!
Es liegt auf dem Bett.
Voller Elan springe ich aufs Bett und schnappe mir sein Handy.
Da er immer in gefährlichen Situationen ans Handy muss, hat der Gute kein Passwort drinnen. Total dämlich, aber gut für mich.
Als ich es entsperre, schießen mir gefühlt Millionen von Nachrichten um die Ohren.
Alles unnötige und langweilige Leute, die ihm Informationen über unser altes Zuhause in Italien berichten... bis auf..
sofort starre ich wie gebannt auf den leuchtenden Bildschirm und mir wird heiß und kalt.
Das Handy vibriert in meiner Hand und ein Bild bildet sich ab. Es fordert mich dazu auf, den Anruf abzuheben, doch ich kann nicht. Ich starre auf die Frau und darauf, wie sie eingespeichert ist.
Mi Amor 💘
Plötzlich erscheint Aurelio im Türrahmen und starrt mich schockiert an.
„Gib mir das Telefon", flüstert er aus der Puste und stützt sich an der Türklinke ab.
Zögernd betrachte ich ihn, und dann wieder das vibrierende Handy.
„Wer ist das, Aurelio?"
Verzweifelt fährt er sich mit der Hand durch seine ekelhaften Haare. Ja, ich finde gerade alles an ihm ekelhaft.
„Gib es mir, und alles ist gut", knurrt er und ich merke ihm an, wie sehr er sich versucht zu kontrollieren.
Ich schüttele den Kopf und gehe um das Bett herum.
Ohne nachzudenken hebe ich ab und vernehme eine liebliche Stimme.
„Lio, ich habe mir Sorgen gemacht!", kommt es aufgebracht von der anderen Leitung und ich bekomme kein einzigen Ton raus. Mein Herz pocht und mir wird warm. Viel zu warm. Denn sofort schaltet sich die berühmte Übelkeit ein und ich verspüre den Drang, mich irgendwohin zu verkriechen, ohne irgendwen als Zuschauer, der meine Qual mit ansehen kann.
Sofort wird mir gewaltsam das Handy aus der Hand gezogen und Aurelio beendet den Anruf.
Aggressiv pfeffert er es gegen die Wand und stampft wütend auf mich zu.
„Mach das nie wieder!", faucht er und drückt mir mehrmals feste seinen Zeigefinger gegen meine Stirn, sodass ich zurück taumel.
„Du spinnst ja wohl", murmelt er und will sich abwenden, doch aus irgendeinem Grund überkommt mich Mut und ich kralle mich an seinem Hemd fest.
Warte ab, Aurelio.
„DU BETRÜGER!", schreie ich laut und haue ihm mehrmals gegen seinen muskulösen Rücken.
Fuck! Muss er denn auch so schön sein?!
„FELICIA!", brüllt er völlig außer sich, stößt mit seinem Ellbogen kräftig in meine Rippen und sofort sacke ich zusammen. Panisch japse ich nach Luft und verdränge den aufkeimenden Schmerz. Diese Genugtuung gönne ich ihm nicht.
Schwer atmend sitze ich auf den Fliesen und halte mir meine Rippen. Ob sie gebrochen sind? Hoffentlich nicht, sonst könnte ich nicht mehr so schnell verreisen. Verreisen? Abhauen! Bei diesen verkorksten Menschen, die mit den Leben anderer nur so rumspielen, würde ich keine Sekunde länger bleiben! Lieber sterbe ich und falle tot von der Klippe runter!
„Wie lange schon?", würge ich hervor, als er sich etwas beruhigt hat und mich von oben herab mustert.
„Schon immer. Aber das geht dich ein Scheiß an. Sei froh, dass ich dich überhaupt in meine Nähe lasse. Das sollte ein Geschenk sein, für sowas wie dich", spuckt er angewidert hervor und schüttelt den Kopf.
Verletzt über seine Worte verziehe ich meine Mundwinkel und kämpfe gegen die Tränen. Keine Schwäche zeigen.
„Wieso hast du mich dann in die Mafia geholt? Dieses Ritual... alles eine Lüge?"
Plötzlich fängt er laut an zu lachen und schaut mich mitleidig an.
„du dummes Ding. Das war eine Lüge. Der Vertrag besagt, dass du mir gehörst. Dein Körper ist mein, deine Seele ist mein, sowie alles was dir gehört, was nicht viel ist, aber sowas könnte sich ja ändern"
Schockiert fällt mir die Kinnlade runter und ich lasse den Tränen freien Lauf.
„Wie kannst du nur? Ich werde dir niemals gehören! Ich werde sofort abhauen!", schreie ich und versuche mich aufzurichten, doch ein stechender Schmerz schießt durch meinen Körper.
Betend schließe ich die Augen, und hoffe, dass das nicht durch meine Rippen ausgelöst wurde.
Lachend kniet er sich vor mich hin und zwingt mich somit ihn anzugucken.
„Du gehst wohl nirgendwohin. Fliehst du, stirbt Jasper. Kriege ich raus, dass du was vorhast, stecke ich dich in einen meiner dreckigen Bordells hier. Also provozier mich nicht", knurrt er, bevor er aufsteht und einfach gelassen durch die Tür spaziert und verschwindet.
Zurück lässt er eine gebrochene Seele, welche den Glauben an die Menschheit verloren hat.
Mich.

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