Capitolo ottantanove

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Das ticken der Uhr durchdringt meine Sinne. Unruhig betrachte ich meine Hände.
Wozu das alles? Wer ist das vor mir?

„Signora, wie sind Sie heute gestimmt? Geht es Ihnen gut?", räuspert er sich und fragt mich wieder mit einer bebenden Stimme aus.

„Ich habe überlebt."

Schwer ausatmend lässt er sich in den Sessel zurück fallen und überkreuzt seine Beine.

„Haben Sie? Wieso halten sie an diesen Vorstellungen fest? Warum lassen sie nicht los?"

Loslassen? Aber was denn?

„Was soll ich los lassen? Was meinen Sie? Und wer sind Sie eigentlich? Ich kenne Sie nicht!", schimpfe ich ihn an und beiße mir in meine wunde Wange hinein.

Wund? Tu ich das öfter?

„Lassen Sie das", befiehlt er mir und deutet auf meine Wange.

„Gleich bluten Sie wieder."

Wieder?

Sicher, was denkst du denn?

„Wer sind Sie?", hauche ich fragend und starre in sein faltiges Gesicht hinein.

„Doktor Erik", stellt er sich vor.

Doktor Erik? Wieder ein neuer?

„Es wird schlimmer, oder?", fragt er und deutet auf meinen Kopf.

Was meint er?

„Was meinen Sie?"

„Werden sie lauter? Die Stimmen?", hackt er nach.

Ich weiß nicht was er meint.

Doch. Das wissen wir.

Nein, ich weiß nicht was er meint.

Ich werde ihn umbringen. Er hat mein Mädchen zu viel ausgefragt.

Nein, bring ihn nicht um. Er ist nicht böse!

DANN BRING DICH UM!

„Signora Lilli. Was sagen diese Stimmen heute?"

„Ich. Heiße. Felicia. Ricci. Ich bin 56 Jahre alt und ich weiß nicht, wer Sie sind und was sie von mir wollen. Bitte, gehen Sie", flehe ich ihn an und sinke vor ihm auf die Knie.

„Lilli, du bist in meinem Büro. Du kannst zu jeder Zeit gehen wann du willst. Aber wenn du mich fragst, glaube ich, dass jemand anderes in dir wollte, dass ich euch helfe", flüstert er und klopft mir auf die Schulter.

Ja, Hilfe! Bitte, hilf uns!

Wimmernd weine ich. Wer sind all diese Stimmen.

Stempelt er uns etwa als verrückt ab? Weiß er nicht wer ich bin? Ich könnte ihn innerhalb von 10 Milisekunden umbringen.

„Erzählen Sie. Wer sind Sie?", fordert er mich auf und richtet sich auf.

„Ich bin Felicia Ricci, 56 Jahre alt, habe 2 Kinder mit Aurelio Monti, der ein liebevoller Ehemann ist. Ich habe viel gelitten, doch es hat sich gelohnt", erkläre ich ihm selbstsicher, schaue jedoch in ein verdutztes Gesicht.

„Sie heißen Lilli Edward. Sie sind 34 Jahre alt und haben keine Kinder. Sie sind hier seit 7 Jahren. Schwanger waren Sie nie. Also, wer sind Sie? Sagen Sie es mir selbst."

„Ich habe 2 Kinder! Aurelio wird dich umbringen, wenn er herausfindet, dass du seine Kinder leugnest", brülle ich und will aufspringen, falle jedoch zurück.

Panisch schaue ich auf meine Füße und stelle Ketten fest.

„Sie sind in einer Psychiatrie. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass sie weder Felicia heißen, 56 Jahre alt sind, 2 Kinder haben, noch dass sie einen Aurelio als Mann haben."

„Aber wer ist dann mein Mann? Ian?", hauche ich verwundert.

„Sie haben keinen Mann. Sie kennen niemanden namens Aurelio oder Ian", meint dieser Lügner.

„Aber, Aurelio hat mich doch aus México hierher zurück gebracht..."

„Sie waren nie in México. Sie haben schon immer in Los Angeles gelebt, alleine. Nachdem mit 16 Jahren Ihr Verlobter gestorben ist, sind Sie daran zerbrochen. Erinnern Sie sich? Lukas war sein Name."

Lukas?

„Nein, er heißt Aurelio. Er hat mich von meiner Familie damals vor vielen vielen Jahren weggeholt. Sie haben mich verkauft", erkläre ich ihm verzweifelt.

„Ihre Familie starb bei einem Autounfall, als sie 5 Jahre alt waren. Sie lebten in einem Waisenhaus und flohen, als sie Lukas kennenlernten."

Nein.

Alles Lügen.

Nein, wir brauchen seine Hilfe.

Er hat recht.

Seid endlich leise!!

Wütend haue ich mich selbst und brülle alles aus mir heraus.

„ICH WILL ZU MEINEM MANN!", brülle ich und weine wie ein kleines Baby.

„WO IST AURELIO MONTI?!", schreie ich und kralle mich an diesem Mann fest.

„Geben sie ihr die Spritze. Es ist wieder soweit. Wir starten in 2 Wochen erneut."

Sofort kommen zwei Frauen in einer weißen Uniform angerannt und wollen mich betäuben.
Ich Kratze und beiße sie, doch sie haben mich zu schnell ruhig gelegt.

Leise sinke ich auf den Sessel zurück und höre, wie die Ruhe in meinem Kopf zurückkehrt.

Aurelio...

„Lilli, wir werden bald weiter machen. Die 7 Jahre werden nicht umsonst sein. Es kommen bessere Zeiten", spricht er mir zu und steht räuspernd auf.

Aurelio...

Aurelio Monti

„Wo ist Mama?"
Bitter schlucke ich den Schmerz in mir herunter.
Wir beobachten sie aus der Ferne, wie sie von den Krankenschwestern auf ihr Zimmer gebracht wird.

„Mama ist weg", hauche ich und nehme mein Mädchen und meinen Jungen an die Hand. Ian und Fila.

Mit einem letzten Blick auf die Frau, die ich über alles liebte, verlasse ich zum letzten Mal diese Gegend, dieses Land.
Ich werde mit meinen Kindern neu anfangen.

„Bist du dir sicher?", kommt es hinter mir von Silo.

„Sie hat sich verloren. Es wird das beste für jeden sein", hauche ich gedankenverloren und lasse die letzte Zeit Revue passieren.

„Sie wird hier drin sterben. Keiner wird ihr glauben. Sie wird, nein sie ist schon verrückt. Das wird ihr Todesurteil."

Wissend nicke ich.

„Komm, Ian, Fila. Wir gehen."

Sie wählte Hass, statt liebe.

Leb wohl, Felicia Ricci.

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