Capitolo settantatre

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Felicia Ricci

Ich laufe schweigend aus dem Höllenzimmer hinaus. Alles brennt in mir. Will weinen. Schreien. Brüllen. Weinen.

Nicht jetzt. Ich darf keine Schwäche mehr zu lassen. Nachdem er mir gestern Nacht danke für den Sex gesagt hat, wusste ich, dass mich am morgigen Tage etwas schlimmes erwarten wird.
Und siehe da, er sagt mir, dass er mich nicht mehr heiraten möchte.
Was habe ich getan? Liegt auf mir ein Fluch?
Während ich wieder wie hypnotisiert ins Schlafzimmer schlendere, um meine 2 einzigen Sachen zu nehmen, höre ich seine Worte auf Dauerschleife in meinem Kopf hallen.
Ich will dich nicht heiraten.

Sagst du ihm, wie verletzt du bist? Wirst du ihm beichten, dass alles was du brauchst, er ist?
Nein.
Das werde ich nicht. Ich habe diesem Mann zu oft vertraut. Zu oft geglaubt.
Ich werde es wohl nie lernen.
Vielleicht hätte ich Ian schützen sollen! Nicht ihn...
Vielleicht wollte Ian wirklich nur das Beste für mich.
Ich hasse mich dafür. Ich hasse mich und meine unüberlegten Entscheidungen.
Ian wollte mir doch nur ein liebevolles Leben bescheren... und ich? Ich habe ihm den Tod geschenkt.
Obwohl...
Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
Ich drehe mich um, da ich weiß, dass er mir wieder hinterher geirrt ist.
Wie vermutet, steht er im Türrahmen und schaut mich neugierig an.
Das Spiel kann beginnen.
Du wirst dir wünschen, mich niemals ein drittes Mal verarscht zu haben.

„Ich bleibe noch bis heute Abend, um deinem Vater gegenüber zutreten. Wenn du das natürlich erlaubst", sage ich gespielt lieb und unschuldig.
Ich bewundere mich selbst und meine Beherrschung. Obwohl in mir ein stürmischer Wind tobt, bewahre ich die Ruhe und verschließe den Zugang zu meinen Emotionen von außen.
Er darf nicht sehen, wie viel Macht er über mich hat. Er darf nicht sehen, was er in mir angerichtet und ausgelöst hat.
Er soll denken, dass ich Sex wollte und erleichtert bin, über seine Absage.
Auch wenn es das komplette Gegenteil ist. Ich brenne von Innen. Die Trauer zerfrisst meine Seele und zeigt auf die Einsamkeit in mir.

Aber für diese Dunkelheit habe ich später genügend Zeit.
Später, wenn ich diesen Höllenort hinter mir lasse.
Wenn ich Aurelio Monti hinter mir lasse. Einen Mann, der es drauf hat, mich immer und immer wieder zu brechen. Er sollte nominiert werden, für den Preis, ein manipulativer Narzisst zu sein.

Ich schenke ihm noch ein Lächeln. Verwundert blinzelt er mehrere Male und zögernd nickt er.

„Wenn du das möchtest...", summt er und nickt dann überzeugter.

Oh wenn du wüsstest, Monti. Dein Vater wird mich niemals sehen.
Niemals.
Mich wird jedoch wer anderes sehen.
Ich hoffe inständig, dass diese Person mich auch noch sehen möchte.
Ich hoffe es. Denn, wenn er mit mir durch ist, zweifle ich daran, ob es Sinn macht noch weiter zu leben. Ich lege Ian Cabello, Mister Grünauge, mein Leben in die Hand.
So wie er es mit seinem Herzen tat.
Und ich es einfach an die Wand geworfen habe. Metaphorisch gesehen.

„Ok, na dann. Ich werde draußen mit meinen Männern sprechen. Sie werden, während mein Padre da ist, nicht das Haus betreten dürfen, aus Respekt", erzählt er mir und schaut mich erwartungsvoll an.
Du Bastard. Das interessiert mich einen Schei-.
Perfekt!
Innerlich springe und jubiliere ich!
Das ist ideal! Keiner wird mich im Keller bemerken. Niemand. Wenn keiner im Hause Monti ist, kann mich auch keiner erwischen.
Eine Sorge weniger.

Ich nicke wissend und warte, bis er endlich geht.
Doch, ehe er geht, bleibt er erneut im Türrahmen stehen.

„Wir werden doch weiterhin Sex haben, oder?"

Innerlich massakriere ich sein Gesicht mit meinen Nägeln. Kratze ihm seine widerlichen Augen aus.
Haue ihn bewusstlos und...

„Ja klar", spreche ich gelassen aus und zwinkerte ihm zu.
Wie leicht er doch zu täuschen ist, wenn man vorgibt, nach seiner Pfeife zu tanzen.

Glücklich lächelt er und verschwindet endlich.
Ich horche ihm nach und vernehme noch, wie er die Haustüre hinter sich zuzieht.

Auf gehts.

Mit vollster Geschwindigkeit renne ich die gesamten Treppen hinunter, stolpere sogar fast über meine Beine, weil ich es kaum erwarten kann, gleich vor ihm zu stehen.
Unten angekommen, stehe ich vor einer schweren Eisentür.
Zögernd öffne ich sie und sofort umhüllt mich ein stickiger Eisengeruch.
Ekelhaft.
Trotz des Geruches, laufe ich weiter in den Tunnel hinein und vernehme auch schon ein schwaches Licht.
Ein schweres Atmen ist zu hören.
Das muss er sein!
Den letzten Rest renne ich und mache Stopp, als ich vor ihm stehe.
Sein Kopf zieht sich schwer hoch und mit blauen und blutunterlaufenen Augen sieht er mich träge an.

„Halluziniere ich jetzt? Ist es so weit?", witzelt er mit brüchiger Stimme.

Es versetzt mir einen Stich. Ich bin daran schuld. Und das ist nicht zu leugnen. Hätte ich bloß ihm geholfen... statt diesem Monster.
Apropos Monster! Ich muss mich beeilen, ehe er wieder da ist und mich sucht.

„Ich bin es wirklich! Du musst mit mir kommen. Wir verschwinden von hier", flüstere ich zu ihm und hoffe, dass es auch wirklich bei ihm ankommt. Er sieht schwach und müde aus.

„Geh weg. Du hast mich verraten", knurrt er und hustet, als sogar das Knurren ihn überanstrengt hat.

Ich werde ihn nicht hier lassen.

„Ich weiß. Das war ein Fehler. Verzeih mir! Aber bitte, komm mit mir mit", flehe ich ihn verzweifelt an.

Langsam schauen seine glasigen und leeren Augen mich an und seine Augenbrauen heben sich leicht.

„Mach mich los", fordert er mich genervt auf.

Sofort renne ich um den eisenstuhl herum, auf dem er gefesselt ist, und suche den Knoten.

Innerhalb von 10 Sekunden , ist dieser gelöst und zischend reibt Ian sich seine Handgelenke.

„Hast du mir was zu Essen mitgebracht?", fragt er mich nun hastig und starrt mich erwartungsvoll an.

Essen?

„Wieso sollte ich-"

„Verdammt, weil ich hier vielleicht nichts zu futtern bekommen habe?", zickt er mich an und da meldet sich schon sein Magen zu Wort. Ein lautes Knurren hallt durch den Tunnel.

„Wir müssen von der Terrasse aus fliehen. Da sind überhaupt keine Wachen", krächzt er etwas beruhigt und schaut mich intensiv an.

Bereit nicke ich ihm zu und setze zum Gehen an.

„Wenn das eine Falle ist, suche ich dich als Poltergeist heim", meint er ernst und starrt auf die Tür, die uns von Aurelio trennt.

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