Capitolo novantasei

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Fila Monti

Gähnend reibe ich mir meine Augen und starre an die Decke. Um ehrlich zu sein habe ich das Gefühl, sie fällt mir gleich auf den Kopf. Dunkle Gefühle vermiesen mir schon jetzt am Morgen meine sonst gute Laune. Aber das darf mich jetzt nicht beeinträchtigen. Ich habe viele Dinge heute zu klären, angefangen bei meiner bald anstehenden Hochzeit, bis hin zu der Frage, wie ich Ian zu mir hole, wenn es Aurelio nicht tut.

So viele Gedanken und Sorgen, die mich quälen! Verdammt.

Stöhnend rolle ich aus dem Bett und schaue an mir herunter. Ob ich so zu Massimo gehen kann? Hm... Ich betrachte die pinken Einhörner auf meinem Pyjama und beschließe, dass es mir scheiss egal ist. Wir sind Freunde. Da sollte man so auftauchen können.

Fest entschlossen öffne ich meine Schlafzimmertür und gehe mit sicheren Schritten auf sein Büro zu. Wir haben immerhin 11 Uhr, da ist er bereits an seinem Laptop und arbeitet an irgendwas wichtigem.

Da ich dennoch nicht unhöflich sein will, klopfe ich angekommen an seiner Tür an und warte.

Nichts.

Erneut klopfe ich.

Wieder nichts.

Ohman! Ungeduldig drücke ich die Türklinke herunter, doch sie gibt nicht nach. Sie ist abgeschlossen. Wo ist er dann?

„Aiden!", rufe ich laut und hoffe, dass er mich hört.

Aiden ist Massimos Freund und Leibwächter. Und da ich an Massimo klebe, ist er auch irgendwie für mich verantwortlich. So hat es Massimo zumindest gesagt.
Gerade als ich enttäuscht zurück auf mein Zimmer wollte, höre ich schnelle Schritte auf den Mamorfliesen.
Sofort drehe ich mich um und sehe ihn.

„Aiden! Vielen Dank, dass du kommst."

Er nickt angespannt und zwingt sich ein Lächeln auf die Lippen. Seit meiner Ankunft habe ich ihn noch nie richtig lachen sehen. Ob Massimo ihn hat lachen sehen? Ach, was frage ich mich da! Natürlich, immerhin sind sie langjährig befreundet.

„Hi, was kann ich für dich tun?", fragt er trocken und schaut mich neugierig an.

„Weißt du, wo Massimo ist?"

Seine Wangen erröten und wie ein kleines Kind, vermeidet er den Blickkontakt zu mir.

„Ich- ich weiß nicht, Fila", murmelt er und wollte sich abwenden, doch ich laufe ihm sofort hinterher.

„Du, als sein Leibwächter, weißt nicht, wo er ist?"

Ungläubig schaue ich in seine schwarzen Augen und schüttele unbeeindruckt den Kopf. Meine langen Haare schaukeln dabei und legen sich um meine Hüfte.

„Ich kann dir nichts sagen... Aber ich kann dir vielleicht zeigen, wo er ist...", flüstert er und bedeutet mir mit einer Handbewegung ihm nachzukommen.

Na endlich! Ich dachte, er rückt nie mit der Sprache raus.

„Danke."

Er nickt als Antwort und nach paar Sekunden bleiben wir vor seinem Schlafzimmer stehen.

„Ach, er schläft noch? Man, das hättest du mir doch sagen kö-"

Ein erregtes Stöhnen unterbricht mich mitten im Satz. Und noch einer.
Als ich entgeistert zu Aiden sehe, errötet er wieder und haut einfach ab.

Ich bin zu sprachlos, um irgendwas zu sagen, also lasse ich ihn gehen.
Stöhnt Massimo? Nein, nein. Dafür ist die Stimme viel zu hoch!
Hat er etwa eine andere Frau bei sich?

Irgendwas in mir tobt und treibt mich dazu wild an die Tür zu hämmern.

„Massimo!"

Plötzlich erlöscht das Gestöhne und ich höre, wie die Tür aufgeschlossen wird.
Ein verschwitzter Massimo steht im Türrahmen und verdeckt sein bestes Stück mit einem weißen Handtuch.
Wortwörtlich: meine Kinnlade ist unten.

„Vögelst du gerade?!", rutscht es mir aus meinem Mund heraus und fassungslos starre ich in seine grünen Augen.

Doch sie sind nicht so wie sonst. Sie sind dunkler, voller Begierde und Lust. So habe ich ihn noch nie gesehen...
Seine Brust hebt und senkt sich schwer, bis er anfängt zu reden.

„Ist was?"

Seine raue und tiefe Stimme jagt mir Gänsehaut ein, sodass ich mir automatisch  über meine Arme reibe.

„Ich- Ich...", stottere ich, doch auf einmal ist mein Wille und Mut wie weggeblasen.

Genervt und erwartungsvoll zugleich, hebt er seine Augenbrauen an und starrt mich an.

„Nein, alles gut. Ich bin jetzt unterwegs."

Trocken, wie eh und je, nickt er daraufhin und bevor er mir seinen muskulösen, ebenfalls Schweiß überdeckten, Rücken zuwendet, ruft er mir zu, dass ich Aiden mitnehmen soll.

Rums. Sofort hat er die Türe ins Schloss geworfen und ein hysterisches Kichern auf der anderen Seite ertönt.

Sofort beginnt das heisere Stöhnen wieder.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch drehe ich mich um und gehe. Wieso stört mich das gerade so? Obwohl, stört es mich, oder ekelt es mich einfach nur an? Vielleicht beides? Immerhin heirate ich ihn doch. Klar, nur wegen der Macht Willen, aber sowas macht doch total die Runde! „Fila Rodriguez muss mit einer Bett-Affäre ihres Ehemannes leben. Tragisches Leben einer so jungen Frau". Ich seh es schon auf dem Titelblatt sehen. Denn die Mafia-Familien sind ganz schön interessant für die Newsletter. Wie oft mein Vater schon in der Zeitung war... und das schlimme war, sie haben ihn so oft als Gentleman dargestellt... dabei war und ist er ein Monster. Naja, wie hätten sie das wissen oder beweisen können? Er lässt jeglichen Beweis gegen ihn verschwinden. Sei der Beweis lebendig oder materiell. Es wird nie welche geben, um ihn hinter Gitter zu bekommen, aber ehrlich gesagt wäre das Gefängnis auch viel zu human für ihn. So ein Mensch verdient einen grausamen Tod!

Und da trifft mich der Blitz. Ich habe nie, wirklich nie, an sie gedacht. An Mama.
Sie erlitt einen grausamen Tod. Sie starb alleine. Ohne ihre Kinder. Aurelio erzählte uns zwar nie etwas über sie, aber ich und Ian hörten genug als Kinder. Silo, der Leibwächter meines Vaters, erzählte uns Geschichten. Die tapfere Felicia Ricci. Felicia, die von ihren eigenen Kindern vergessen wurde.

Nachdenklich zücke ich mein Handy aus meiner Pyjama-Tasche und google sofort, was ich wissen muss.
Vielleicht kann ich etwas gut machen.
Ich schaue mir die Adresse auf dem Bildschirm genau an und weiß, was zu tun ist.

Erneut suche ich Aiden auf und werde sofort in der Köche fündig.
Er steht angelehnt an der Kücheninsel mit einem Stück Käse in der Hand und... und einem Nutellaglas? Ist das sein Ernst? Ich vergesse ganz mein Vorhaben und schaue ihn völlig entgeistert an.

„Ist das dein Ernst, Aiden? Käse mit Nutella?"

Er schreckt zusammen und schaut mich ertappt an.
Er öffnet den Mund, um diese Grausamkeit wahrscheinlich zu erklären, doch ich unterbreche ihn.

„Vergessen wir das! Fahr mich bitte hierhin!", befehle ich ihm und zeige ihm mein Handy.

Als er sieht, was ich vorhabe, schaut er mich verblüfft an und räuspert sich.

„Bist du dir sicher? Weiß Massimo davon?"

„Ja, ich bin mir sicher."

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