Capitolo ventitre

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Felicia Ricci

Wir starren uns seit genau 17 Minuten einfach still an und keiner bringt einen Ton raus. Ohh, nicht dass ich nicht könnte! Ich würde ihm jetzt so einiges um die Ohren hauen, aber würde ihm das helfen?
Jasper Geloso. 17 Jahre alt und ein Junkie, auf deutsch gesagt.
Da mein Mann immer arbeitet, soll ich, wie er so schön immer sagt, zuhause bleiben und mein Leben genießen. Eine Zeit lang habe ich mich aber schlecht und depressiv gefühlt. Ein danke geht an Aurelio.
Naja, auf jeden Fall ging es mir nicht gut, und da hatte ich auch Lula noch nicht, weshalb ich mich dann für soziale Hilfe gemeldet habe. Ich wollte unbedingt gutes tun und Leuten helfen, welche mental am Ende waren.
Nun ja... da lernte ich Jasper Geloso kennen. Er hat mit seinem Blick nach Hilfe geschrien, wollte es aber nicht aussprechen. Immer wenn ich da war, und er zufällig auch, hat zuvor Drogen genommen. Hartes Zeug. Meth, Heroin und Crack. Ich habe ihn daraufhin eine Weile bei mir zuhause wohnen lassen, bis er abgehauen ist.
Und jetzt bricht er bei mir ein, ist drauf und will nicht reden. Verdammt ich bin beinahe 10 Jahre älter als er! Er soll gefälligst vor mir Respekt haben und mit mir sprechen. Ich würde ihn doch niemals verurteilen.
Aber egal, ich werde ihn zu nichts drängen. Wenn er soweit ist, dann wird er schon reden.
Also stehe ich einfach auf und strebe den Weg zu meinem Schlafzimmer an. Lula rennt mir hinterher und plötzlich erhebt Jasper sich.
„Wohin gehst du?", fragt er mich ernüchtert und blickt mich mit seinen Augen fragend an.
„Schlafen, Jasper. Es gibt Menschen, die brauchen ihren Schlaf und werden ungern von einem Einbruch geweckt".

-

Fertig gemacht, mit meiner Schlafmaske und meinem Pyjama, liege ich in meinem seidenen Boxspringbett und Lula neben mir auf ihrem eigenen Kissen.
„Gute Nacht, Maus", grunze ich zu Lula und drücke aggressiv mein Gesicht in ihren zierlichen Körper. Sie ist so süss, dass ich manchmal einfach schreien will!
Als ich mich gerade umdrehen wollte, geht die Schlafzimmer Tür auf.
Schnell blicke ich dahin und sehe ihn da kraftlos stehen.
„Na komm", sage ich lieb und klopfe auf die freie Bettseite. Sofort rennt er aufs Bett zu und lässt sich fallen. Lula schreckt hoch und knurrt ihn an.

„Ich möchte dich als Mama haben, Felicia. Ich bin so jung und schon so abgefuckt. Nichtmal eine Mutter habe ich, die auf mich acht gibt", murmelt er ins Kissen rein und rollt sich ein.
„Wo ist sie?", frage ich ihn und brauche auch keine Namen zu nennen. Er weiß wen ich meine.
„Meine Ma ist irgendwo und vögelt mit halb México. Das letzte Mal habe ich sie vor 2 Monaten gesehen", gibt er schlaff zu und fängt an zu lachen.
„Das ist nicht lustig, Jasper", ermahne ich ihn.
Sofort verstummt sein Lachen und er richtet sich auf.
„Ich weiß", gibt er zu und beginnt zu weinen. Schnell ziehe ich ihn in meine Arme und streichel seinen bebenden Rücken.
Manche Leute dürfen einfach keine Eltern werden! Was diese Frau nur für ein Unglück anrichtet. Sie müsste so sehr bestraft werden dafür. Und ich würde mich gerne als Racheengel anbieten.
Oh, und wie ich den Job machen würde. Ich wüsste sofort, wen ich als erstes besuchen würde. Dieser Penner!
„Ich weiß einfach manchmal nicht, wie ich damit fertig werden soll. Ich bin ein Nichts!", schreit er und will mich von sich weg drücken, doch ich lasse ihn nicht los.
„Du bist kein Nichts! Du bist ein wunderschöner Junge, der nur vom Weg abgekommen ist. Das passiert jedem mal. Jeder trägt Schmerz mit sich, und es ist unsere Aufgabe, einen Weg zu finden, wie man-"
„Ihn los wird?", unterbricht er mich.
„Nein, wie man mit ihm leben kann", korrigiere ich ihn.
„Was ist das nur für ein scheiß Leben? Wieso sollte ich ihn behalten wollen?", fragt er mich wütend.
„Weil er uns daran erinnert, was die anderen aus uns gemacht haben. Weil er uns daran erinnert, dass das Leben nie fair ist".
Er richtet sich plötzlich auf und schaut mir tief in meine glänzenden Augen.
„Wer hat dir weh getan?", fragt er mich flüsternd und zieht seine Augenbrauen zusammen. Ich schüttele den Kopf und will vom Thema weg, doch er fängt wieder an.
„Ich erzähle dir immer alles von mir, aber von dir habe ich noch nie was gehört. Das einzige was ich weiß, ist wie du heißt, wo du wohnst, wie alt du bist und dass du verheira- verlobt bist. Erzähl mir bitte, was bei dir passiert ist", bettelt er mich förmlich an und seine Augen glitzern nach langem das erste mal. Er sieht wie ein kleiner Junge aus. Neugierig und lebendig.
Gib einfach nach, Felicia. Was hast du zu verlieren?
Deinen Stolz.
„Na gut du Nervensäge", Jammer ich und boxe ihm leicht gegen seine Schulter. Er grinst, und macht es sich bequem in meinem Bett.
Mittlerweile hat sich Lula auch an ihn gewöhnt und liegt auf seinem Arm.

„Ich wurde entführt un-"
„WAS!!", schreit er schockiert und hält sich die Hand vor dem Mund.
Genervt verdrehe ich die Augen und massiere meine Schläfen.
„Ok sorry , sorry, ich halte meinen Mund bis du fertig bist!", versichert er mir und schließt sofort den Mund.
„Ich wurde entführt und bei diesem gewissen Jemand festgehalten. Es war kompliziert und unlogisch alles. Leute aus meiner Vergangenheit sind aufgetaucht, haben mich gequält aufs Neue... Freunde sind mir in den Rücken gefallen und wollten mich für wen anders umbringen, als Rachezug. Ich wurde abgeschossen und als Entschuldigung vom Gewissen Jemand, wurde ich auf die Straße gesetzt, wo ich dann meinen jetzigen Mann kennengelernt habe. Er fuhr mir direkt entgegen und hat angeboten mich Nachhause zu fahren. Naja und da ich niemanden hatte, und auch kein Zuhause, hat er mich zu sich mitgenommen und ein Gästezimmer frei gemacht. Das war's", erkläre ich ihm schnell und lasse dabei einige Aspekte aus.
Nur allerdings, merkt er das sofort denn er funkelt mich wissend an.
„Wer war denn dieser gewisse Jemand? Und hast du ihn geliebt? Oder er dich?", fragt er neugierig. Sofort versetzt es meinem Herz einen Stich und erinnert mich daran, warum ich darüber nie reden wollte.
„Das reicht", flüstere ich und will mich hinlegen, doch er versperrt es mir.
„Du hast ihn geliebt oder? Und er wollte dich nicht mehr bei sich haben...", reimt er sich zusammen und sieht mich traurig an.
„Weißt du was er zu mir sagte?", schluchze ich auf einmal und erinnere mich an seine eiskalten Worte, als wäre es gestern gewesen. Dabei war es 7 Jahre her. 7. Sie haben sich einfach eingebrannt in meine gebrochene Seele.
Zögernd schüttelt er den Kopf und grault sich wahrscheinlich selbst vor einer Antwort.
„Er sagte mir, dass ich nur eine Last bin. Ich sei ihm nichts wert. Ich soll einfach gehen, wohin, sei ihm egal", zitiere ich seine Worte und merke, dass sie einfach zu tief sitzen, um sie jemals los zu werden. Ich seufze und starre in Jaspers geweitete Augen.
Fühlt er etwa diesen Schmerz?
„Du kannst ruhig deine Augen etwas lockern", versuche ich witzig zu sein, doch er schüttelt langsam den Kopf und wirkt, wie erstarrt.
Fragend sehe ich ihn an und dann passiert es. Die Stimme.
Nach 7 Jahren höre ich sie und sie reißt mir den Boden unter den Füßen weg.
„Hast du mich genau so gut eingeprägt, wie meine letzten Worte?", ertönt es hinter mir.
Geschockt drehe ich mich um und blicke in seine eisgrauen Augen, welche eine eisige Kälte und Distanz ausstrahlen.
Ich schließe meine Augen und verbanne den Schmerz, der sich in mir ansammelt und droht auszubrechen.
Ich lache gekünstelt auf und öffne meine Augen.
„Bei 3, rufe ich die Polizei. Also verschwinde sofort", knurre ich und spüre sofort, wie sich jemand neben mich stellt. Als ich nachschaue, wer das ist, sehe ich Jaspers Gestalt.
Ich lächele, als ich bemerke, dass er mich versucht zu beschützen.
„Nichts lieber als das. Aber wir haben etwas zu besprechen", zischt er und erdolcht mich mit seinen Blicken.
„Ein wir gibt es nicht mehr. Verzieh dich", flüstere ich bevor ich mich abwende. Urplötzlich werde ich nach hinten gerissen und Jasper schreit laut auf.
„Lass sie sofort los!", schreit er mit seiner zerbrechlichen Stimme. Naja, er ist nun mal in der Pubertät. Wie soll sich seine Stimme sonst anhören?
„Lass meine Mama sofort in Ruhe!", fleht er weinend und mein Herz bricht in tausend Stücke.
Geschockt lässt Aurelio mich los und Jasper rennt auf mich zu. Er krallt sich in meine Brust und weint laut. Dass er ein verlassener und gebrochener Junge ist, wusste ich, aber dass er so sehr jemanden gebraucht hat... und mich seine Mama nennt... das macht mich total fertig.
Zumal er wie ein 8 jähriger Junge aussieht.
„Ich werde sofort nach kommen, Jasper, nur geh kurz schonmal vor, danach gehen wir sofort schlafen", versichere ich ihm und streiche ihm durch sein nasses Gesicht. Ich bin mir nicht so sicher, ob es sein Entzugsschweiß ist, oder seine Tränen, aber ich bin mir sicher, dass es eine Mischung von beidem ist.
Er nickt zögernd und verlässt den Raum nicht, ohne Aurelio noch mal wütend anzufunkeln.
Als wir alleine sind, drehe ich mich angewidert zu ihm um und stemme meine Hände in die Hüfte.
„Was willst du, verdammt?", zische ich.
„Ist das dein Sohn?", bringt er grimmig hervor und sucht beinahe verzweifelt nach einer Antwort in meinen Augen.
Was sollte ich ihm jetzt sagen? Die Wahrheit? Nein.
„Ja ist er. Und mein Mann kommt bald Nachhause, also bringen wir es hinter uns"

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