Capitolo novantotto

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Fila Monti

„Sag mal, spinnst du?!", werde ich von einer brüllendem Stimme empfangen.

Das kann ich mir jetzt wirklich nicht geben. Soll er doch seine Olle weiter poppen.
Abweisend halte ich ihm meine Hand vors Gesicht und stolziere an ihm vorbei.

„Fila!"

„Was, verdammt?! Was?!", keife ich ihn an und stemme meine Hände wütend in die Hüfte.

Sauer und zugleich nachdenklich starrt er mich an.

„Wo zum Fick warst du? Und lüg mich ja nicht an!"

Sollte ich es ihm sagen? Wahrscheinlich nicht. Und irgendwas in mir will auch gar nicht mit ihm sprechen und lieber trotzig und beleidigt sein.

Also drehe ich mich um und will die Treppen hoch tapsen, doch grob werde ich die erste Stufe zurück gerissen und gegen die Wand geschubst.

„Antworte mir", knurrt er und kommt mir bedrohlich nahe.

„Verschwinde sofort!", zische ich und betone jedes Wort.

Ich lasse mich doch nicht einschüchtern!

„Geh doch zu der Alten, die so laut deinen Namen gestöhnt hat. Vielleicht kann sie dir sagen, wo ich war?", provoziere ich ihn und schubse ihn entschlossen von mir weg.

Verblüfft schaut er mich an und denkt nach.

„Bist du eifersüchtig?"

Was?!

„Nein!", protestiere ich sofort und merke, wie mir die Röte ins Gesicht schießt.

Nein! Wieso sollte ich eifersüchtig sein?

„Ach du scheiße...", murmelt er und starrt abwesend nach oben an die Decke und klatscht sich seine Hände ins Gesicht.

Autsch.

„Hör mir gut zu, Fila. Verlieb dich nicht in mich. Wir beide- das ist rein geschäftlich! Ich wurde erzogen keine Gefühle zu entwickeln und erst recht nicht, mich um ein verzogenes Weib zu kümmern. Kapiert?"

Mit jedem weiteren Wort trifft er mich immer mehr. Ich und verzogen?

„Bilde dir ja nichts ein, du arroganter Fatzke", murmele ich, doch selbst ich höre aus meiner Stimme die Enttäuschung heraus.

Aber worüber sollte ich denn enttäuscht sein? Ich habe ihn doch nur platonisch betrachtet. Nie mehr.

„Ich weiß, dass deine Pussy wahrscheinlich Feuer fängt, wenn du mich siehst. Sowas verursache ich ziemlich oft bei Frauen. Du bist noch jung. Tob dich mit wem anders aus. Aber lass mich daraus."

Entsetzt über seine primitive Äußerung schnaufe ich und werfe ihm absichtlich meine Haare beim Vorbeilaufen ins Gesicht.

„Deinen Schwanz würd ich nichtmal begehren, wenn er der letzte auf der Welt wäre", brumme ich und verschwinde auf meinem Zimmer.

Dieser Wichser. Ich höre ihn unten mit Aiden zusammen lachen und das macht mich wütend. Lachen sie mich aus?! Wut brodelt in mir. Warum sind Männer nur so verkorkst?

Verdammt!

Plötzlich beginnt mein Hintern zu brummen. Sofort greife ich in meine Hosentasche und ziehe mein Handy heraus.

Unbekannt.

„Hallo?"

Ein zittriger Atem ist auf der anderen Leitung zu hören. Sofort stellen sich mir meine Nackenhaare auf.

„Aurelio?", flüstere ich, doch keine Antwort kommt.

„Bitte, wer ist da?"

„Fila...", ertönt plötzlich seine sonst so starke Stimme.

Mein Herz beginnt zu rasen. Wieso klingt er so zerbrechlich?!

„Ian! Was ist los, geht es dir gut?!"

Er hustet bitterlich und atmet schwer ein und aus.

„Er hat mich angegriffen. Er hat mich einfach angegriffen, Fila."

„Wer, Ian?!"

„Unser Vater."

Meine Spucke bleibt weg. Mein Schweiß wird bereits an allen Stellen produziert.

„Wo bist du?", flüstere ich und schnappe mir sofort meine Jacke und eile zur Tür.

„In seiner kleinen abgelegenen Firma im Süden. Bitte hilf mir. Ich habe so Angst."

Und schon war er weg. Nur noch das Tuten in der Leitung zu hören.

Von der Panik getrieben renne ich die Treppen herunter und stürme auf die Haustüre zu. Er darf nicht sterben! Und leiden erst recht nicht! Ich werde Aurelio heute sein Ende bereiten.

Hastig springe ich in meine Schuhe rein, schnappe mir einen Schlüssel von Massimos Autos und renne raus in die stürmische Nacht.

Mit aller Kraft renne ich gegen den Regen an und komme am grauen Porsche an. Sofort reiße ich die Türe auf, doch als ich mich ins Auto setze, bemerke ich, dass ich nicht allein bin.

Ein Klicken ertönt.

„Langsam umdrehen."

Diese Stimme kommt mir nur zu bekannt vor. Ein stechender Schmerz macht sich in meiner Brust breit. Bitte nicht du...

„Na los!", höre ich ihn verzweifelt sagen.

Langsam drehe ich mich um und starre in seine Augen. Sie schreien verzweifelt nach Hilfe, doch ihm kann man nicht mehr helfen. Er hält seine Waffe auf mich gerichtet und kann seine Hand kaum still halten. Sie zittert unaufhörlich und Schweißperlen tropfen bereits am Griff hinab.

„Wieso?", wispere ich und schaue ihn enttäuscht an.

Damit hätte ich nie gerechnet. Nicht mit ihm. Das ist so ein schmerzender Verrat. Das habe ich nicht erwartet.

„Fila... starte den Wagen und fahre zur Firma deines Vaters."

Immer wieder wischt er sich mit seiner freien Hand die Schweißperlen von seiner Stirn weg. Er wird gezwungen. Doch sowas wie „Tut mir leid, das will ich eigentlich gar nicht" gibts bei uns nicht. Entweder man ist loyal, oder nicht. Und er hat sich gegen mich entschieden. Und das, obwohl er mich hat aufgezogen.

„Bist du dir sicher, Silo?"

„Ich habe keine Wahl", haucht er und verliert die ersten Tränen.

„Man hat immer eine Wahl", erwidere ich ganz ruhig und drehe mich nach vorne, um den Motor zu starten.

Wenn ich sterben würde, dann mit Stolz.

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