TW (wie ich sie eigentlich schon die ganze Zeit hätte schreiben sollen aber heute hab ich endlich mal dran gedacht)
POV: Annalena
Schweren Herzens hatte ich zugesehen wie Emma in den OP gebracht wurde. Auf der einen Seite war ich unendlich dankbar darüber, dass sie ein Spenderorgan bekommen würde, auf der anderen Seite war die Angst einfach überwältigend. Was wenn sie wirklich schon zu schwach war? Wenn sie es nicht schaffen würde und ich dann nicht bei ihr sein könnte? Nicht ihre Hand halten und über ihre Stirn streicheln könnte.
„Annalena, Mäuschen, bitte geh wenigstens ein paar Stunden nach Hause. Dein Vater und ich begleiten dich wenn du nicht allein sein willst. Aber du musst etwas zu Kräften kommen."
Die Hände meiner Mutter streichelten meine Arme auf und ab, bevor sie mich Richtung Ausgang schieben wollte.
„Nein! Auf gar keinen Fall! Ich geh nicht nachhause. Emma kämpft hinter diesen Türen um ihr Leben. Ich hab einmal den Fehler gemacht sie alleine zu lassen, ein zweites Mal wird das nicht passieren. Außerdem hab ich ihr versprochen dass ich da sein werde."
„Die Ärzte meinten dass die OP mindestens 4 Stunden dauern wird, eher 6. Wenn du wenigstens 2 Stunden schläfst bist du wieder hier ehe Emma aufwacht."
Ich atmete tief durch, hatte keine Lust weiter zu diskutieren. Auch wenn sie es nur gut mit mir meinte aber ich würde nicht nachhause gehen. Niemals.
„Mama, ihr könnt gehen wenn ihr möchtet aber ich gehe hier nicht weg."
Bevor meine Mutter einen erneuten Versuch starten konnte hatte ich mich bereits hingesetzt, umklammerte meine Beine und spielte an meinem und Emmas Ehering herum. Ich trug sie für uns beide, denn Emma durfte natürlich keinen Schmuck in den OP mitnehmen und irgendwie gab mir dieses Symbol unserer Liebe Kraft.
Für eine ganze Weile schwiegen wir alle, die Situation war auch für die anderen nicht einfach zu ertragen, schließlich hatte jeder von ihnen eine enge Verbindung zu Emma. Aber mich brachte dieses warten mit jedem Ticken der Wanduhr mehr um den Verstand. Es zerriss mich innerlich nicht zu wissen, was aktuell passierte und nichts tun zu können, was Emma helfen würde. Stattdessen musste ich darauf warten, dass irgendwann jemand durch diese Türen kam und mir endlich sagen würde wie es ihr geht. Inzwischen hatte ich selbst komplett den Bezug zur Zeit verloren, Emma hätte seit zehn Minuten aber auch seit 3 Stunden im OP sein können, ich hätte alles geglaubt. Ich wusste ja nicht mal mehr ob es Tag oder Nacht war, war einfach nur erschöpft und am Ende meiner Kräfte.
Irgendwann war es Robert, der sich neben mich setzte, mich in seinen Arm zog und seinen Kopf auf meinen legte. In seiner freien Hand hielt er eine Tasse heißen Kakao, gab mir diese schließlich mit einem aufmunternden Lächeln. Eigentlich wollte ich nichts aber seine Worte lösten etwas in mir aus.
„Hier trink das, ich hab in der Cafeteria extra gesagt nicht zu viel Kakaopulver. Mir hat da vorhin jemand verraten, dass du den nicht so süß magst."
Ohne den Blick von ihm zu lösen nahm ich einen Schluck, spürte dass die warme Flüssigkeit mir gut tat.
„Mh Emma macht ihn besser, aber danke trotzdem. Wieso weißt du das?"
Die letzten Worte konnte ich nur flüstern. Meine Stimme war weggebrochen weil ich mir schon denken konnte, wieso er das wusste.
„Weil...", er schluckte schwer, fuhr mir kurz über den Kopf ehe er weiter sprach, „weil ich Emma versprechen musste, dass ich mich um dich kümmer falls sie...also in der Zeit, in der sie es gerade nicht selbst kann. Sie hat mir genaue Anweisungen für alles gegeben."
Sofort schossen mir die Tränen in die Augen. Obwohl Emma die ganze Zeit schon um ihr Leben kämpfen musste hatte sie sich trotzdem um mich gesorgt. Obwohl ich sie in dieser schlimmen Zeit viel zu lange allein gelassen hatte.