little wonder

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POV: Emma

Die nächsten Minuten fühlten sich an wie eine Ewigkeit. Während ich bei jeder weiteren Wehe Annalenas Hände so fest ich konnte drückte, wuchs die Sorge um Mia immer weiter an. Ihre Herztöne hatten sich auf einem niedrigen Niveau eingependelt, man versuchte uns zwar zu beruhigen aber mich erreichten diese Worte nicht mehr. Die einzige, die noch einen Zugang zu mir hatte war Annalena, aber auch sie hatte inzwischen einfach nur noch Angst und konnte das Zittern in ihrer Stimme nicht verstecken. Mir tat es trotzdem gut dass sie so unaufhörlich beruhigende Wörter an mein Ohr flüsterte weil ich sonst komplett durchgedreht wäre. Meine Herzfrequenz war dennoch im Gegensatz zu Mias viel zu hoch, was meine Hebamme immer wieder in einer mehr als angespannten Stimmlage an die Ärztin weitergab.

„Frau Baerbock, ich weiß, dass das wirklich eine sehr belastende Situation ist aber Sie müssen versuchen sich etwas zu beruhigen, Sie geben den Stress gerade eins zu eins an ihr Baby weiter. Wir müssen Sie sonst in Vollnarkose legen."

Ich weiß, dass es hier im Grunde alle nur gut mit mir und dem Baby meinten, aber solche Aussagen führten nicht gerade dazu, dass ich ruhiger wurde, eher im Gegenteil. Nun auch noch vor Augen zu haben, dass ich die Geburt eventuell gar nicht mitbekommen würde ließ mich noch unruhiger werden, ich wollte doch unbedingt wach sein, wenn sie zur Welt kam.

„Emmi?", Annalena strich mir eine verschwitzte Strähne aus meiner Stirn, platzierte einen Kuss an meiner Schläfe während sie immer noch hinter mir saß und mich festhielt, „ich musste gerade daran denken, wie Mia in einem Jahr wohl durch die langen Gänge des Auswärtigen Amtes rennen wird wenn ihr beide mich besucht. Und glaub mir, ich werd dir dauernd schreiben, dass ihr mich besuchen müsst weil ich es ohne euch gar nicht aushalten kann. Und mit Sicherheit wird Mia von allen geliebt werden, sie wird jeden dort verzaubern weil sie unfassbar süß sein wird. Das weiß ich jetzt schon."

Mir wurde sofort warm ums Herz während ich Annalenas Worten lauschte. Sie half mir nicht nur durch jede einzelne Wehe, sie wusste auch ganz genau, was sie sagen musste, um mich wieder einigermaßen zu beruhigen. Wir lagen so oft wach im Bett und hatten darüber philosophiert, wie Mia wohl aussehen würde und was sie einmal machen würde, hatten uns sämtliche Situationen mit ihr vorgestellt. Dass Annalena mich jetzt damit ablenkte, war das einzige, was mir jetzt half. Als die nächste Wehe abgeklungen war, drehte ich mich so gut ich konnte zu ihr, flüsterte ein leises Danke und ließ meinen Kopf an ihre Schulter fallen.

„Meinst du, sie wickelt dann sogar die mürrische Team-Assistentin aus dem ersten Stock um ihren Finger und kann sich von ihr Schokolade klauen obwohl sie die mit niemanden teilt?"

„Ganz bestimmt, wenn sie nur annähernd so süß ist wie du, wird ihr niemand widerstehen können", bestätigte sie mir grinsend weil sie wusste, dass diese Dame ein harter Brocken werden würde.

Mittlerweile waren wir vor der OP-Tür angekommen und den Blicken zufolge sollte Annalena hier außen warten. Ich allerdings war nicht bereit sie gehen zu lassen, wollte dass mit ihr gar zu Ende durchstehen und wusste, dass auch sie es nicht aushalten würde jetzt hier außen alleine zu warten.

„Bitte, ich brauch sie", presste ich hervor während die nächste Wehe sich ankündigte.

Kurz herrschte Schweigen, bis das Bett schließlich weiter geschoben wurde.

„Das ist eine absolute Ausnahme weil Ihre Frau scheinbar die Einzige ist, die Sie beruhigen kann und wir keine Zeit mehr für große Diskussionen haben. Aber Frau Baerbock, Sie bleiben brav bei Ihrer Frau und stehen dem Ärzte-Team nicht im Weg rum. Und bitte nicht umfallen."

Von hier an ging alles relativ schnell, mir wurde die Anästhesie gelegt und vor mir ein Sichtschutz aufgespannt, sodass ich nicht sehen konnte, wie der Kaiserschnitt durchgeführt wurde. Auch Annalena konnte über diese Trennwand nicht drüber schauen. Stattdessen saß sie dicht neben mir, hielt meine Hand in ihrer und strich immer wieder über meine Stirn.

I see forever in your eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt