POV: Emma
Inzwischen waren 3 Monate vergangen seit wir zu dritt durchs Leben gingen und in unserem neuen Familienalltag hatte sich mittlerweile so etwas wie unsere eigene Routine entwickelt. Annalena musste zwar leider nach 4 Wochen schweren Herzens wieder komplett in ihrem Amt als Außenministerin arbeiten, trotzdem war ich froh, sie in der Anfangszeit überhaupt so lange als Unterstützung an meiner Seite gehabt zu haben. Denn auch wenn Mia ein so zufriedenes und liebes Baby war, so kam ich doch das ein oder andere Mal an meine Grenzen. Ihr Schlafrhythmus war während ihres ersten Schubs einfach katastrophal gewesen, hatte sich nach kurzer Zeit aber zum Glück wieder eingependelt, so dass wir uns eigentlich nicht beschweren durften. Seit einer Woche schlief sie sogar fast durch, meldete sich erstaunlicherweise nur einmal in der Nacht und schlief nach ihrem Fläschchen jedes Mal sofort wieder ein. Daran dass ich nicht mehr stillen durfte hatten wir uns beide gewohnt und inzwischen sah ich auch die Vorteile davon, meinen Körper wieder ganz für mich zu haben. Die anfängliche Angst, dass mir die Momente des Stillens mit Mia fehlen würde hatte sich zum Glück auch nicht bestätigt, denn wir beide kompensierten das einfach mit ganz viel kuscheln. Mia war anfangs sehr anhänglich, wollte ständig auf meinem Arm sein und auch wenn es mir für Annalena leid tat weil sie sowieso weniger Zeit mit ihr hatte, so genoss ich es auch, spüren zu dürfen, wie sehr mich die kleine Maus brauchte.
Insgesamt konnten wir uns wirklich nicht beklagen, wir waren glücklicher denn je, schätzten jede Sekunde, die wir mit Mia verbrachten aber vermissten auch die Zweisamkeit, die wir früher so sehr liebten. Wir durften ja schon Wochen vor Mias Geburt nicht mehr miteinander schlafen und hatten es auch in den letzten 3 Monaten nicht getan. Die erste Zeit drehte sich einfach alles um unser Baby, zudem fühlte ich mich nicht wirklich wohl in meinem Körper und dann war Annalena zu unserer beider Unmut viel unterwegs gewesen weil sich in den ersten Wochen nach der Geburt so viel angestaut hatte. Seit gestern Abend war sie nun wieder zurück in Deutschland, Mia und ich hatten sie am Flughafen abgeholt und auf der Fahrt zu unserer Wohnung hatte sie ganz sehnsüchtig in Richtung Weihnachtsmarkt geschaut. Annalena war ein absoluter Weihnachtsmensch und ich wusste, dass es für sie schwer war, dass sie nicht einfach so abends mit mir und Mia von Büdchen zu Büdchen schlendern, sich hier mal einen Crêpe und einen Glühwein schmecken lassen konnte, ohne erkannt zu werden.
Wenn nichts außergewöhnliches mehr dazwischen kommen würde, dann würde sie bereits heute Nachmittag Feierabend machen und wir dann morgen, einen Tag vor Heiligabend, zu Annalenas Eltern aufbrechen. Ich freute mich auf die Zeit mit der ganzen Familie, war gespannt, wie besonders das erste Weihnachten mit Mia werden würde, freute mich aber genauso sehr auf das, was ich heute noch vorhatte.
Claudia hatte begeistert zugestimmt an diesem Nachmittag auf Mia aufzupassen. Die beiden hatten schon öfters kürzere Spazier-Dates gehabt, heute wollten wir die Zeitspanne aber noch etwas ausreizen. Da ich Annalena leider nicht den Wunsch erfüllen konnte mit ihr auf den Berliner Weihnachtsmarkt zu gehen dekorierte ich die ganze Wohnung noch etwas weihnachtlicher als eh schon, bereitete Punsch und Waffeln vor und schmückte auch unseren Balkon, sodass wir uns später nach außen stellen und dort wenigstens etwas Weihnachtsmarkt-Feeling bekommen konnten. Seit gestern Nacht schneite es auch noch unaufhörlich und die großen Flocken hatten Berlin inzwischen in ein kräftiges weiß gehüllt. Der Blick von unserer Wohnung war sowieso schon schön aber jetzt auch noch die verschneiten Dächer und Straßen zu sehen machte es noch etwas besonderer.
Ich hatte bereits alles vorbereitet, hatte den Punsch in einer Thermoskanne auf den Balkon gebracht, Plätzchen und Waffeln bereit gestellt und die Lichterketten angeschaltet weil es bereits etwas dämmerte. Sogar einen Pullover und eine dickere Jacke hatte ich für Annalena schon bereit gelegt weil ich wusste, dass ihr heutiges Outfit viel zu kalt für längere Aufenthalte außen war. Auch für die richtige Musik hatte ich gesorgt, denn die Weihnachtsplaylist lief ohnehin schon seit ich heute Mittag mit Mia auf dem Arm durch die Wohnung getanzt bin, welche scheinbar genauso ein Weihnachtsfan werden würde wie Annalena, weil sie so gestrahlt und immer wieder vor sich hin gequietscht hatte. Um dem ganzen noch den letzten Touch zu geben, hing ich gerade 3 Strümpfe, auf denen jeweils unsere Namen gestickt waren, über den Kamin auf. Ich hatte sie neulich in der Stadt gekauft und dann noch verzieren lassen, fand einfach dass ich diese kleine Tradition an Mia weitergeben musste, auch wenn ich ansonsten nicht wirklich tief mit meiner Heimat verwurzelt war und mich auch an sonst nichts aus meiner Kindheit erinnerte, was es wert gewesen wäre mit Mia fortzuführen. Kurz ließ ich das alles einfach auf mich wirken, war stolz auf das, was ich ich vorbereitet hatte und als ich dann endlich Annalenas Schlüssel im Schloss hörte, da hämmerte mein Herz plötzlich wie verrückt gegen meinen Brustkorb. Es war schließlich das erste Mal, dass wir wieder ein paar Stunden für uns hatten und wenn nicht alles komplett schief ging, wusste ich ganz genau, wo das enden sollte.